Ideenwettbewerb

Bensheimer kommen dem neuen Marktplatz einen Schritt näher

Die drei prämierten Entwürfe wurden noch einmal überarbeitet und von den jeweiligen Planerinnen und Planern im Bürgerhaus vorgestellt.

Von 
Anna Meister
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Bensheim. Am 2. März hatten interessierte Bürgerinnen und Bürger die Chance, aktiv bei der Gestaltung des „Marktplatzes der Zukunft“ mitzuwirken, sich bei den Planungsbüros der drei prämierten Entwürfe zu informieren und sich mit ihnen über diese auszutauschen.

Im Anschluss an diesen Werkstatttag waren alle drei Büros aufgefordert, die Empfehlungen des Preisgerichts sowie die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger zu reflektieren und ihre Entwürfe auf dieser Grundlage weiterzuentwickeln. Diese Ausarbeitungen wurden am Mittwoch (24.) im Bürgerhaus vorgestellt. Anschließend konnten alle Interessierten ihre Fragen stellen.

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Schon vor Beginn der Veranstaltung versammelten sich einige Menschentrauben vor den aufgestellten Plakaten und begannen rege zu diskutieren. Es gab viel zustimmendes Nicken – auch, wenn die Büros an den Grundfesten ihres Konzeptes nichts mehr ändern durften, haben sie doch vieles weiter ausgearbeitet und konkretisiert.

Im Publikum waren viele Gesichter der Lokalpolitik zu sehen, aber auch die „normalen“ Bürger hatten großes Interesse. Martin Fladt von „UmbauStadt“ moderierte die Veranstaltung, jedes Büro bekam 20 Minuten Zeit für seine Präsentation.

Entwurf 1: Als Herzstück ein Baumdach

Den Anfang machten Sabrina Preis und Tobias Mann von Mann Landschaftsarchitektur mit ihrem rein landschaftsarchitektonischen Beitrag. Das Büro habe sich ein Stück weit auf die Gestaltung von Marktplätzen spezialisiert. „Der Entwurf für Bensheim ist aus dem Ort und seiner historischen Bedeutung heraus gewachsen“, sagte Preis. Deswegen habe man sich bewusst gegen eine Bebauung entschieden.

Durch eine geschickte Bepflanzung und mit einem „Baumdach“ auf dem Glatzer Platz soll der vielen so wichtige Schorschblick erhalten, aber in seiner Dominanz ein wenig abgemildert werden. „Der Marktplatz stellt sich diffus und verschachtelt dar, wir möchten wohlproportionierte Räume bis zum Kirchenvorplatz schaffen“, so Mann. Am unteren Teil des Marktplatzes soll sich nicht viel ändern, dort und auf dem Glatzer Platz sollen sich Veranstaltungen – etwa das Winzerfest – abspielen. Von St. Georg aus bietet sich der Ausblick auf die Szenerie.

Besonders herausfordernd war für alle drei Büros das steile Gelände und hieraus ein Modell zu entwickeln, das sich ruhig „in den Marktplatz hineinschmiegt“. Gelingen soll das in diesem Entwurf durch eine geschickte Treppenführung. Der Glatzer Platz soll auf einer Höhe mit der links angrenzenden Gastronomie liegen und könnte von ihr bespielt werden. Auch Rollstuhlfahrer können die Höhenunterschiede besser überwinden.

Das Herzstück des Entwurfes ist das Baumdach, das den Marktplatz zum Treffpunkt für alle machen soll. Theaterinszenierungen, Konzerte, Ausstellungen, aber auch Floh-, Weihnachts- oder Wochenmarkt könnten sich dort abspielen. Dafür müssen – und das hatten viele Bensheimer angemerkt – die Bäume aber wohl gewählt sein. Ein Mix aus Mandelbäumen, Zierkirsche, Apfeldorn und Felsbirne würde sich laut Mann anbieten. Diese Arten haben unterschiedliche Blühzeiten, so dass immer Leben zwischen den Zweigen herrsche. Wichtig ist dem Büro, den Naturbezug der Stadt Bensheim – umgeben von malerischen Weinbergen – auch in der Innenstadt aufzugreifen.

Nicht zu verachten sei außerdem der Einfluss von Bäumen auf das Stadtklima: Sie sind Lebensraum für Tiere, Wasserspeicher, Regen- und Sonnenschutz, kühlen die Umgebung herunter und können die Luftqualität nachweislich verbessern.

Entwurf 2: Ein neues Stadthaus als Kulturbaustein

Das Bearbeitungsteam um Gunter Jedamzik (Freiraumplanung) und Marcus Teske (Architektur) hat in seinem Entwurf ein Stadthaus in das historische Ensemble eingefügt. Die Ansicht von St. Georg soll etwas abgemildert werden, verdeckt wird die Kirche aber nicht. Es soll eine gute Mischung aus Bebauung und Begrünung entstehen. Der untere Bereich des Marktplatzes könnte im Wesentlichen so belassen werden, wie er ist.

Auch dieses Büro hat die Anregungen aus der Bevölkerung dankbar aufgenommen: So wurde der Durchgang, der durch den Bau des Stadthauses entsteht, deutlich breiter, grüner und heller geplant. Die Geometrie des Hauses wurde leicht angepasst und orientiert sich an den für die Bensheimer Altstadt charaktertypischen Gässchen.

Die Nutzungsmöglichkeiten des Stadthauses sind vielfältig. Die beiden Planer stellen drei Varianten vor, die der Stadt als Grundlage für eigene Konzepte dienen könnten. Für zustimmendes Murmeln sorgte die Anmerkung, dass die Stadtbibliothek auf dem Marktplatz ihr neues Zuhause finden könnte. Denkbar wäre aber auch eine Markthalle mit gastronomischem Angebot oder Räumlichkeiten für Ausstellungen. „Das sind nur Impulse, es war nicht unsere Aufgabe, eine konkrete Nutzung auszuarbeiten.“

Eine Bebauung erscheint den Planern sinnvoll: Ohne sie entstünde ein sehr langer Platz, der den Fokus nur auf die Kirche legt. „Das Stadthaus soll kein Fremdkörper sein, sondern die Platzkante fassen und dem Marktplatz so seine historischen Proportionen wiederbringen“, erklärte Marcus Teske. Im Zusammenspiel mit der Kirche könnte so ein unverwechselbares Bild entstehen.

Gerade in den Wintermonaten sei eine rein landschaftliche Gestaltung nicht ausreichend, um den Platz zu beleben. Die Fassaden des dreigiebligen Gebäudes in Holzbauweise passen sich an die Größe und Form der umliegenden Bebauung an. Die Architektur ist angelehnt an die drei Fachwerkhäuser von Marktplatz 16, 17 und 18. Das Stadthaus sei ein weiterer Baustein zur barrierefreien Erschließung des Areals. So haben die Planer etwa einen von außen zugänglichen Aufzug eingeplant. Das Gebäude nimmt die Geländeterrassierung auf und bildet dadurch eine Einheit mit dem Platz.

Entwurf 3: „Mittelweg“ mit Bürgerforum, Grün und Gebäude

Philipp Rösner (Bauforum Berlin, Freiraumplanung) und Philipp Quack (Architekten Rintz und Quack) arbeiten seit rund zehn Jahren als Team zusammen. „Wir schlagen für den Bensheimer Marktplatz einen Mittelweg vor: Ein Gebäude, das sich aus der Topographie entwickelt.“ Die Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger seien sehr wertvoll für die Überarbeitung des Entwurfes gewesen.

Das Gebäude ist flankiert von einer Treppenanlage und in den Glatzer Platz eingelassen. Auf dem Plateau unterhalb des Kirchenvorplatzes ist eine „Laube“ für Kulturveranstaltungen, als Begegnungsort und Bürgerforum geplant. „Es ist toll zu sehen, wie viel auf dem Marktplatz passiert, das passt mit unseren Vorstellungen gut zusammen.“ Mit kleinen Anpassungen haben die Planer ein stimmiges Konzept erarbeitet. Kritisiert wurde an manchen Punkten die Stufenführung, die angepasst wurde. Auch dem Wunsch nach mehr Grün wurde entsprochen und die Anzahl der Bäume erhöht.

Der Marktplatz könne nicht als „unbeschriebenes Blatt“ betrachtet werden, schlossen sich die beiden ihren Vorrednern an. Konkret befasst sich dieser Entwurf mit dem ehemaligen Standort des Rathauses und der Frage, was dieser Raum künftig sein kann.

Die Bürger begrüßten die hohe Nutzungsvielfalt des Geländes. Durch die Neuplanung der Treppen erhält das Museum einen größeren Vorplatz, eine Liegewiese – Stichwort Flächenentsiegelung – bietet Platz zur Entspannung, natürlich mit Blick auf den Schorsch. Für Feste könnte sie ebenso zur Tanzfläche oder als ruhigerer Bereich für Familien umfunktioniert werden. Im unteren Drittel des Marktplatzes geben zwei Baumreihen eine klare Struktur, oben wird es dann verspielter. Die Planer haben sich das Gefälle zunutze gemacht: Eine Rutsche und eine Kletterstrecke wären gut integrierbar. Für noch mehr Grün sollen Staudenbepflanzungen sorgen.

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„Wir bekommen das Gebäude in die Wiege gelegt“, finden die Berliner. Eingeplant wurde darin auch eine öffentliche Toilettenanlage, die ganzjährig genutzt werden könnte. Für die Laube wünschen sich die Bensheimer ein Angebot mit Fokus auf Kultur und Wissen.

Nach den Präsentationen gab es noch einige Fragen aus der Bürgerschaft: So interessierte sich der Stadtverordnete Rolf Kahnt dafür, ob das Winzerfest im ersten Entwurf genügend berücksichtigt wurde, was die Planer bejahten. Unter dem Blätterdach könnten viele Sitzmöglichkeiten geschaffen werden, außerdem sei eine Toilettenanlage, eingelassen in die Mauer unterhalb des Kirchenvorplatzes, geplant. Auch der zweite Entwurf sieht öffentliche Toiletten im Stadthaus vor.

Ein weiteres Thema war die Barrierefreiheit: In allen drei Entwürfen ist der Marktplatz zumindest barriereärmer zugänglich. Der Raum kommt mit weniger Stufen aus, die Kirche ist von oben wie bisher erreichbar. Auch eine Eigentümerin eines der drei schmalen Fachwerkhäuser am Marktplatz war gekommen und wollte wissen, ob durch die Neugestaltung der Wasserabfluss verändert werde. Grundsätzlich soll sich am Gefälle wenig ändern, die gesamte Planung solcher Projekte ist zudem an Sicherungsverfahren geknüpft.

Baudezernentin Nicole Rauber-Jung betonte: „An dieser Stelle befinden wir uns immer noch im Ideenwettbewerb, weshalb wir noch keine konkreten Antworten bezüglich des Bodenbelags oder der Bauzeit geben können. Hierfür brauchen wir erst eine politische Entscheidung darüber, wie es weitergehen soll.“ Die soll in der Stadtverordnetenversammlung im Juli fallen.

Entscheidungsträger optimal vorbereiten

Damit die Mitglieder optimal auf diese wichtige Entscheidung vorbereitet sind, steht am kommenden Samstag, 27. April, ein interner, ganztägiger Workshop der Verwaltung gemeinsam mit den Stadtverordneten, den Magistratsmitgliedern und den Mitgliedern des Ortsbeirates Mitte an. Teilnehmen werden auch Diplom-Architektin Gertrudis Peters, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Architektenkammer Hessen, der Preisgerichts-Vorsitzende Landschaftsarchitekt Till Rehwaldt und das wettbewerbsbetreuende Büro.

Im Grundsatz geht es bei diesem Workshop um die Frage, welcher der drei Entwürfe weiterverfolgt wird – und in welchem Verfahren dies geschieht. Ein weiterer Verfahrensschritt ist notwendig, weil aus dem Ideenwettbewerb heraus bekanntlich keine direkte Beauftragung erfolgen kann.

„Das wird sicher noch einmal ein anstrengender Tag für uns alle“, bemerkte Rauber-Jung. Sie und Bürgermeisterin Christine Klein hoffen an diesem Tag auf einen konstruktiven Austausch – so, wie er bisher schon zwischen Bürgerschaft und der Stadt erfolgt sei. Das betonten beide Frauen noch einmal nachdrücklich und bedankten sich bei den Gästen im Bürgerhaus.

Info: Auf der Webseite der Stadt Bensheim sind unter dem Reiter „Marktplatz der Zukunft“ die Präsentationen zu den überarbeiteten Entwürfen abrufbar.

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