Bensheim. Über den Hostinné-Platz und seine Aufwertung wird ja derzeit viel geredet. In akustischer Hinsicht ist zumindest der Bereich am Wambolter Hof kaum noch zu optimieren. Bei der zweiten Auflage der Reihe Sommerbühne, die am Donnerstagabend gestartet ist, hat sich die schmale innerstädtische Passage nördlich des PiPaPo-Theaters erneut als ideale Bühne für Freiluft-Konzerte empfohlen.
Mit dem südamerikanischen Trio Magdalena Matthey, Zelia Fonseca und Angela Frontera gastierte eine Formation, die dem besonderen Flair des Ortes zusätzlich Atmosphäre geschenkt hat. Rund 50 Gäste erlebten zwei eindrucksvolle Stimmen mit gefühlvollen und sehr persönlichen Eigenkompositionen, die zwischen Melancholie und Lebensfreude changieren und immer wieder in verspielte Klangwelten eintauchen. Einflüsse aus Jazz und der gesamten Bandbreite südamerikanischer Musik kennzeichnen den lyrischen, sehr rhythmischen und warmen Sound des Ensembles, das in Bensheim mit viel Applaus belohnt wurde.
Mit Magdalena Matthey arbeitet die Brasilianerin Zelia Fonseca (Gesang und Gitarre), die auch im Duo Rosanna & Zélia bekannt geworden ist und seit 1989 in Europa lebt, schon seit über sechs Jahren zusammen. Die Sängerin aus Santiago de Chile gilt als eine der wichtigsten Stimmen ihres Genres.
Traditionelle Folklore
Ihre Kompositionen sind beeinflusst von den ursprünglichen Liedern, Geschichten und Legenden ihres Landes. Traditionelle Folklore erklingt in unterschiedlichen Klangfarben Lateinamerikas. Ihr Album „Lo más cerca posible” wurde 2017 als bestes Album des Jahres in Chile ausgezeichnet. Und mit Angela Frontera stand in Bensheim gleichsam die personifizierte Vielfalt Brasiliens auf der Bühne. Die Perkussionistin hat es von den großen Clubs von São Paulo in die ganze Welt geschafft. 1993 zog sie nach Deutschland, wo sie als zentrale Musikerin Figur die brasilianische Musikszene repräsentiert.
Neben großen Namen wie Nina Hagen, Grace Jones und Edo Zanki begleitet Frontera seit 2006 auch das Trio Witchcraft, das von der Bassistin Lindy Huppertsberg vor 20 Jahren gegründet wurde. Erst im März war sie mit ihr in der Jazzkeller-Reihe im PiPaPo-Theater zu erleben.
Ihre energiegeladene und doch filigrane, überaus feinfühlige und bisweilen recht ätherische Klangsprache harmonierte sehr fein mit dem sehr plastischen und transparenten Sound ihrer Kolleginnen, die in Bensheim etliche Stücke ihres gemeinsamen Albums präsentierten.
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Die Aufnahmen entstanden aus dem Wunsch heraus, ihre musikalischen und kulturellen Welten miteinander zu verbinden. „Universos“ titelt dann auch das Album aus dem Jahr 2019, das immer wieder die Sehnsucht nach Freiheit und nach der Intensität des Lebens thematisiert. Kennengelernt haben sich beide beim Weltklang-Festival 2016, 2018 spielten sie ihre ersten gemeinsamen Konzerte.
Das Publikum am Wambolter Hof erlebte Songs mit polyrhythmischen Elementen, Zitaten aus afrikanischem und indischem Folk sowie stilistische Ausflüge in Richtung Klassik, Jazz oder Pop. Bildstarke Arrangements, die vom Leben inspiriert sind und persönliche Geschichten erzählen, aber auch auf gesellschaftliche Missstände, soziale Schieflagen und politischen Missbrauch hinweisen.
Ein kreatives Spannungsfeld
Mit Songs wie „Llamado“ und „Versos D’água“ sowie dem wunderbar narrativen „Na Trilha de Quixote“ im 5/4-Takt erlebte das Publikum einen entspannten und milden Sommerabend in der City mit zwei Solokünstlerinnen, die in ihrer musikalischen Haltung sehr gut zueinander passen, wenngleich sie sich in ihren Stimmfarben und kompositorischen Technik deutlich unterscheiden.
Es ist diese kontrastreiche Harmonie, die ein kreatives Spannungsfeld erzeugt, das vor allem live spürbar wird. Die schlanke Instrumentierung mit akustischer Gitarre unterstreicht die Qualität und Tiefe der beiden Stimmen: hier die weiche, jazzig-verhauchte Intonation von Zelia Fonseca, daneben der klare und kraftvolle Klang von Magdalena Matthey.
Alles ausgarniert von einer pointierten und sensiblen Perkussion, die zwischen lautmalerischer Vitalität und rhythmischer Energie pendelt.
Das Wochenend-Programm der Sommerbühne läuft noch bis 23. Juli. Das Format ist eine Koproduktion des Bensheimer Stadtmarketings mit dem PiPaPo-Kellertheater und dem Förderkreis Kleinkunst und Kultur.
Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung begrüßte die Gäste des Eröffnungsabends.
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