Bauausschuss

Auf eine öffentliche Grünfläche „kann“ in Bensheim verzichtet werden

Ein Änderungsantrag der Koalition zum Bebauungsplan „Ehemaliges Bundeswehrdepot“ sorgt für Diskussion.

Von 
Anna Meister
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Für das ehemalige Bundeswehrdepot gibt es viele Pläne: Eine Kita soll dort neu gebaut, die Tafel erweitert und sozialer Wohnungsbau umgesetzt werden – wenn möglich mit einer Grünanlage. © Thomas Neu

Bensheim. Die Bensheimer Weststadt benötigt über den jetzigen Bestand hinaus unbedingt eine weitere Kindertagesstätte bis 2026: Die Warteliste für Kinder unter drei Jahren beträgt Angaben der Verwaltung zufolge 60 Kinder, noch einmal genauso viele sind es über drei Jahre. Wie schon der Sozialausschuss befürwortet auch der Bauausschuss den Neubau einer Kita in der Rheinstraße auf dem ehemaligen Bundeswehrdepot.

Doch nicht nur die Kinderbetreuung soll dort künftig einen Platz finden. Ebenso sind die Erweiterung der Tafel und sozialer Wohnungsbau vorgesehen. Dazu kommt noch der Wunsch nach einer Grün- und Freifläche. Insgesamt misst das Areal etwa 6700 Quadratmeter. Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung aus dem Jahr 2018 sieht vor, 2000 Quadratmeter dieser Fläche zu begrünen. Diesen Beschluss möchte die Koalition sechs Jahre später wieder aufheben und stellte einen entsprechenden Änderungsantrag für den Bebauungsplan.

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Ein kurzer Rückblick: 2016 wurde der Bebauungsplan „Ehemaliges Bundeswehrdepot“ aufgestellt mit dem Ziel, das Gelände wieder nutzbar zu machen. Zwei Jahre zuvor hatte die Stadt das Areal zu diesem Zweck erworben. Gegliedert ist das Gelände in vier Teilbereiche, nicht nur ein Neubau für die Tafel Bensheim entstand dort, auch das DRK konnte aus seinen beengten Räumlichkeiten an der Rodensteinstraße in den Neubau in die Rheinstraße ziehen. Dazu kommt eine Lagerhalle für Vereine, übergangsweise beherbergt eine Containeranlage die Kinder der Kita St. Winfried. Die ursprünglich als Sport- und Bewegungsflächen vorgesehenen Gebiete liegen noch brach.

Seit 2018 hat sich einiges verändert: Flüchtlingskrise, Ukraine-Krieg, Wohnungsnot, fehlende Kita-Plätze. Damit verbunden ergeben sich mittlerweile andere Ansprüche an das Gelände. Aus diesem Grund hatte die Koalition vorgeschlagen, dass auf dem Gelände zugunsten von begrünten Außenbereichen für die Kita und die Wohngebäude auf eine öffentliche Grünfläche verzichtet werden „kann“.

An dieser Formulierung stießen sich jedoch einige Ausschussmitglieder. Feridun Bahadori (CDU) führte deswegen aus: „Mit dieser Änderung wollen wir lediglich mehr Flexibilität in die Planungen bringen. Der Beschluss ist sechs Jahre alt, seitdem haben sich neue Anforderungen ergeben. Deswegen sollten wir nicht auf den 2000 Quadratmetern beharren.“ Eine Begrünung könnte auch andersartig, zum Beispiel in Teilen privat oder um die entstehenden Gebäude herum erfolgen.

Außerdem ging es um das Thema Flächenversiegelung

Gerade mit Blick auf die geplante Stadtklimaanalyse und der Tatsache, dass sich städtische Gebiete in den heißen Sommermonaten teils enorm aufheizen, erklärte sich Norbert Koller (BfB) mit diesem Vorschlag nicht einverstanden. Er hält es für falsch, die Fläche zu verplanen und sich für die Begrünung nur mit den Resten zufrieden geben zu müssen. Weiter appellierte er dafür, so wenig Boden wie möglich zu versiegeln und die neue Kita mindestens zwei-, eher vielleicht dreigeschossig zu bauen.

Bahadori erklärte, dass alle Möglichkeiten geprüft werden sollen. „Wir haben nicht gefordert, die Grünfläche zu streichen. Aber sie sollte nicht zum Nachsehen der Kita oder der Wohnungen unbedingt in dieser Größe umgesetzt werden.“ Wichtig sei ihm vor allem, dass das Vorhaben nicht in ein „Fehlheim 2.0“ ausufere: Dort lag für die neue Kita eine vollständige Planung vor, die hohen Kosten von 8,6 Millionen Euro führten dazu, dass einzelne Posten – Außengelände und Wärmeversorgung – noch einmal überarbeitet werden müssen. Für das ehemalige Bundeswehrdepot soll also zunächst ein Konzept erarbeitet werden, anhand dessen man erkennen könne, wohin die Kosten laufen.

Thomas Götz (Grüne) könnte sich ein gemischtes Konzept vorstellen, bei dem weniger Fläche versiegelt würde: Eine Kita im Erdgeschoss, darüber mehrgeschossiger Wohnungsbau – also eine Planung, die deutlich in die Höhe geht. Einen Änderungsantrag seiner Fraktion mit der Formulierung „die Kita ist in ein mehrgeschossiges Gebäude zu integrieren“ lehnte der Bauausschuss ab.

Mit dem Koalitionsantrag tat sich auch Rolf Kahnt (VuA) schwer: Auch wenn er nur besagt, man „kann“ und nicht man „soll“ auf die Grünfläche verzichten. „Vor sechs Jahren mag der Entschluss für die 2000 Quadratmeter richtig gewesen sein. Mittlerweile haben wir, was etwa die Wohnungsnot angeht, fast schon Verhältnisse wie in Frankfurt. Deswegen sollte man nicht darauf beharren“, bemerkte Thorsten Eschborn (FDP). „Wenn es sich im Laufe ergibt, dass die Grünfläche reduziert werden muss, dann kann man den Beschluss immer noch ändern“, äußerte sich Peter Leisemann (FWG). Jetzt sei es hierfür noch zu früh.

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In jedem Fall braucht es für das ehemalige Bundeswehrdepot ein städtebauliches Konzept, warf Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung an dieser Stelle ein. „Wir werden versuchen, auf den verfügbaren 6700 Quadratmetern viel unterzubringen, was die Stadt braucht.“ Weiter ging sie auf einen weiteren nicht zu verachtenden Faktor ein: „Jedes Jahr gibt es bei den Haushaltsplanungen ungläubige Gesichter, wenn es um die Kosten für die Pflege städtischer Grünanlagen geht.“ Die Kosten steigen weiter, gleichzeitig gebe es immer weniger Firmen, die Aufträge annehmen. Auch aus diesem Grund könnte sich die Überlegung lohnen, die Grünflächen lieber um die Bebauungen herum zu verteilen.

Dadurch, dass aktuell noch Container der Kita St. Winfried auf dem Gelände stehen, muss das Areal wohl in Etappen gestaltet werden. „Wir diskutieren gerade mehrere Möglichkeiten“, so Rauber-Jung. Gerade bei der Kita geht es dabei um die Standards, die es zu erfüllen gilt. Dieses Thema hatte bei der Fehlheimer Kita für lange Debatten gesorgt. Die Baudezernentin kündigte an, mindestens drei Entwürfe zur Gestaltung des Geländes vorlegen zu wollen und bat um Vertrauen und ein wenig Geduld.

Es gibt noch viele Unbekannte, alles kann, nichts muss auf dem ehemaligen Bundeswehrdepot: Letztlich stimmte der Bauausschuss mit fünf Ja- und drei Nein-Stimmen für den Änderungsantrag der Koalition.

Redaktion

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