Bürgernetzwerk Bensheim

Bürgernetzwerk Bensheim liefert Vorschläge zum Haushalt

„Verantwortliche müssen Ideen der Bürger kennen“: Hans-Peter Meister und Andreas Duffner über weitere Aktionen und schnell umsetzbare Vorschläge zur Modernisierung der Verwaltung und zu Einsparungen

Von 
Anna Meister
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Andreas Duffner (links) und Hans-Peter Meister vom Bürgernetzwerk Bensheim im Gespräch mit der BA-Redaktion. © Thomas Zelinger

Bensheim. Hans-Peter Meister und Andreas Duffner vom Bürgernetzwerk Bensheim freuen sich über die Dynamik, die die Debatte um die Sanierung des Bensheimer Haushaltes mittlerweile angenommen hat. Vor etwa acht Wochen hatte sich das Netzwerk aktiv in diesen Prozess eingebracht, damals vorrangig, um die geplante Grundsteuererhöhung im Dezember 2024 abzuwenden und zunächst die Haushaltsberatungen für 2025 abzuwarten. Vor der Bürgerinformationsveranstaltung, zu der Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert am 12. Dezember eingeladen hatte, sammelte das Bürgernetzwerk viele Fragen von Bensheimerinnen und Bensheimern – mittlerweile sind die Antworten auf diese Fragen auf der Webseite der Stadt einsehbar.

„Wir waren positiv überrascht, wie viele Menschen sich mit Lösungsvorschlägen einbringen möchten“, erklärt Meister. Das habe zuletzt auch die Veranstaltung des Bürgernetzwerks im Kolpinghaus gezeigt. „Diese erste Phase, bei der es darum ging, für die Menschen eine bessere Informationsgrundlage zu schaffen, verlief sehr gut“, findet Duffner. In der zweiten Phase ginge es darum, konkrete Vorschläge zu äußern. Dabei kamen 64 Punkte zu verschiedenen Themen zusammen, rund 200 Bürgerinnen und Bürger hatten sich auf den Aufruf des Bürgernetzwerks hin zu Wort gemeldet, etwa 100 kamen im Kolpinghaus zusammen, um ihre Ideen zu diskutieren. Die vollständige Liste ist über die Webseite des Bürgernetzwerks abrufbar.

„Bisher haben wir keine Bewertung dieser Vorschläge vorgenommen. Im Vordergrund stand, den Menschen erst einmal überhaupt die Gelegenheit zu geben, ihre Sicht der Dinge zu schildern.“ Nur dann, wenn die Stadtpolitik und auch die Verwaltung diese Sicht dargelegt bekomme, sei es möglich, bürgernah zu handeln. Andersherum hätten die Rückmeldungen aus der Bürgerschaft gezeigt, dass viele Menschen offenbar durchaus bereit sind, schmerzhafte Entscheidungen mitzutragen, allerdings nur bei einem gleichzeitigen harten Sparkurs der Stadtverwaltung ab dem Haushaltsjahr 2025. Ein erster Entwurf des Zahlenwerks dürfte seinen Weg bald in die politischen Gremien der Stadt finden. In den Beratungen wird sich zeigen, an welchen Stellen der vielzitierte Rotstift sinnvoll angesetzt werden kann. Und ob die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung ihn gemeinsam führen.

„Erhalten Rückmeldungen aus allen Bevölkerungsschichten“

„Wichtig ist, all diese Diskussionen um Einsparungen oder Kostensteigerungen sachlich zu führen, parteipolitische Interessen müssen hierfür hinten angestellt werden“, so Meister. Das sehen die beiden Netzwerker durchaus gegeben: „Uns ist es gemeinsam gelungen, den Diskurs in Sachen Haushalt weg von Schuldzuweisungen hin zu einem lösungsorientierten Ansatz zu verschieben. Wir hatten dabei nie den Anspruch, besser als die Verwaltung zu sein.“ Nicht nur die Gespräche mit den Menschen, die über das Bürgernetzwerk eine Plattform bekommen hätten, auch der Austausch mit Bürgermeisterin Christine Klein, dem Magistrat und der Stadtpolitik verlaufe sehr konstruktiv, berichten die beiden. „Es geht nur gemeinsam: Gesellschaft, plus Verwaltung, plus Politik.“

Die Suche der Bürgerinnen und Bürger nach Lösungen und Zielen für die Stadt geht nun in unterschiedlichen Arbeitsgruppen des Bürgernetzwerks weiter, in denen sich jeder und jede beteiligen kann. Während bei der Präsenzveranstaltung im Kolpinghaus nur wenige jüngere Menschen, insbesondere Familien, anwesend waren, sehe es in diesen Arbeitsgruppen anders aus, betont Andreas Duffner. „Gerade bei den Bildungsthemen, der Kreis- und Schulumlage oder der Modernisierung der Verwaltung engagieren sich viele junge Familien aktiv und bringen ihre Vorschläge ein.“ Wenngleich die Zusammenkunft im Kolpinghaus also nicht unbedingt repräsentativ für die Gesamtbevölkerung war, sieht das Bürgernetzwerk dennoch die Interessen vieler Gruppen durch die fortlaufende Arbeit abgedeckt. „Die Qualität der Ergebnisse ist auf alle Fälle sehr gut. Wir erhalten aus allen Schichten der Bevölkerung positive Rückmeldungen und auf dieser Basis können wir uns vorstellen, weitere Formate zu initiieren“, sagt Meister.

„Zur Not organisieren wir die Busse nach Wiesbaden“

Was sind nun also die kommenden Schritte? Meister und Duffner erwarten – wie viele Bürgerinnen und Bürger- , dass Verwaltung und Politik auf die Rückmeldungen der Bürgerschaft reagieren und konkrete Spar- und Einnahmenvorschläge machen, prüfen und zeitnah umsetzen. Als besonders vielversprechenden Vorschlag aus den Reihen der Bürgerschaft erachten sie auf der Einnahmenseite ein gestaffeltes Grundsteuer-Modell: Die Stadt erhöht zwar die Grundsteuer B, verpflichtet sich jedoch zu vorab festgelegten Reduzierungen. „Weiter hat die Stadt Bensheim die Option, eine Grundsteuer C für nicht bebaute Grundstücke einzuführen und diese so zu gestalten, dass ein Anreiz für die Innenverdichtung besteht. Dies würde auch bedeuten, die bestehenden Brachflächen zu aktivieren und einen erheblichen Stimulus für die heimische Bauindustrie auszulösen.“ Auch die Ausschüttung von Überschüssen der Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim (MEGB) halten die Bürger für absolut notwendig.

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„Die Stadt muss sicher über viele Jahre hinweg konsequent und sichtbar an einer Konsolidierung des Haushalts arbeiten, und wir werden diese Arbeit weiter konstruktiv begleiten“, sagt Meister. Auch in Sachen Personal sieht er dabei noch Luft nach oben. „Dass die Stadt jüngst erst wieder mehrere Stellen ausgeschrieben hat, kam in der Bürgerschaft nicht gut an.“

Über allen Ideen aus der Bürgerschaft steht die Forderung, den Konsolidierungszeitraum für den städtischen Haushalt auf zehn Jahre auszudehnen. „Die Belastungen für die Städte und Kommunen nehmen stetig zu, der eigene Handlungsspielraum schrumpft, ebenso wie die finanziellen Mittel.“ Um diese Forderung durchzusetzen, schreckt das Bürgernetzwerk auch vor Protest auf höherer Ebene nicht zurück: „Zur Not organisieren wir die Busse nach Wiesbaden“, so Duffner.

Die Antworten der Stadt Bensheim auf die Fragen der Bürgerinnen und Bürger sind online einsehbar.

Weitere Informationen finden sich auf der Website des Bürgernetzwerks.

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