Museum

Bensheimer Museum zeigt Werke rund um die Liebe

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Eva Bambach
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„Mamma Mia Amore Mio“ lautet der Titel einer neuen Ausstellung im Museum. Unser Bild von der unterhaltsamen Vernissage am Freitag zeigt (v.l.) die Künstlerinnen und Künstler Inga Kerber, Corinne von Lebusa und Moritz Schleime sowie Bürgermeisterin Christine Klein und Museumsleiter Christoph Breitwieser. © Thomas Neu

Bensheim. Was die Menschen vor mehr als 2000 Jahren begeisterte, kann noch für einige Wochen im Sonderausstellungsraum im Obergeschoss des Bensheimer Museums studiert werden.

Was unsere heutige Kultur zum Beispiel zu bieten hat, ist derweil im Untergeschoss zu sehen: Drei Kunstschaffende, drei Freundschaften und drei Entdeckungen, wie man in Anlehnung an die Eröffnungsworte der Bürgermeisterin sagen könnte, sind seit Freitag im Forum des Museums präsent.

„Mamma Mia Amore Mio“, der spielerische Titel, den Inga Kerber, Corinne von Lebusa und Moritz Schleime ihrer Ausstellung gaben, war durchaus auch Programm der Vernissage bei Sekt, Zitronenschnaps und Musikkonserven von Roland Kaiser. Nachdem Christine Klein dem Museumsleiter Christoph Breitwieser dafür gedankt hatte, „dass in der Szene angesagte Kunst in Bensheim gezeigt werden kann“, verlas sie eine von den Künstlern während der Anreise per Bahn formulierte Ansprache.

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ps
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Diese handelte einleitend vielversprechend von einem „Moment der Leichtigkeit“, des Weiteren von einer „neuen dreiköpfigen Bürgermeisterin“, von Bensheim als einer Stadt „im Verdauungsdreieck zwischen Essen, Darmstadt und Pforzheim“ und mit dem abschließenden Urteil „Bensheim ist einfach schön, selbst wenn es dunkel ist“ endete.

Alles nicht ganz ernst gemeint, sondern nur in Teilen. Denn der Text war Ergebnis eines bei Kindern wie bei Surrealisten beliebten Spiels, bei dem jeder Fragmente eines Texts auf ein Blatt Papier schreibt und dieses dann so knickt, dass die Mitspieler nicht sehen können, was schon geschrieben wurde. Bei der Ergänzung des so in die Runde gereichten Textes spielt dann notwendigerweise der Zufall eine große Rolle und bringt so manchen metaphorischen Schatz zur Geltung.

Dass die drei zeitgenössischen Künstler aus Berlin und Leipzig überhaupt ihren Weg nach Bensheim fanden, ist dem weitreichenden Netzwerk des Museumsleiters zu verdanken. Christoph Breitwieser kennt die Künstler unter anderem von Ausstellungseröffnungen in Hamburg oder einem Rundgang in den Spinnerei-Galerien in Leipzig und hegte schon seit 2019 den Plan, zumindest Arbeiten von Moritz Schleime auszustellen.

Moritz Schleime (* 1978) studierte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee Malerei und Grafik, nahm unter anderem an der großen deutschen Gruppenausstellung „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ 2019/2020 teil und ist in vielen internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten. In Bensheim zeigt er zehn, von flirrenden, fast verpixelt wirkenden Pinselstrichen geprägte Bilder, für die die Anspielung auf Kurt Cobains „Smells Like Teen Spirit“ in einem der Titel als durchaus programmatisch angesehen werden kann.

Melancholische und im ersten Moment harmlos wirkende Szenen – ein Blick aus dem Fenster, ein Tag auf dem Sofa – erweisen sich als Tummelplatz von Monstern. Hinter der Frau im Ruderboot vor stimmungsvollem Abendhimmel kämpft ein Ungeheuer im Rettungsring ums Überleben.

Das Morbide mischt sich mit Romantik, Chaos mit Ordnung. In kleinen Goldrahmen finden sich daneben mehrere kleinere Zeichnungen, die Schleime in Kooperation mit Corinne von Lebusa geschaffen hat, deren sehr ruhige, unaufgeregte Kompositionsweise mit Schleimes kleinteilig geschriebenen und gezeichneten Kommentaren eine interessante Liaison eingehen.

Corinne von Lebusa (* 1978) studierte Mode- und Graphikdesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und Malerei an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Arno Rink und war Meisterschülerin von Neo Rauch. Ihre gleichmäßig von diffusem Licht ausgeleuchteten Bilder könnte man grob dem klassischen Motivkreis der Badenden zuordnen, auch wenn sich viele Szenen nicht nur im Freien, sondern auch im Schlafzimmer abspielen und meist einen Hauch von Erotik mit sich tragen.

Doch interagieren die Figuren selten offen miteinander, vielmehr scheinen sie meist in sich selbst versunken und die Beziehung untereinander bleibt der Deutung des Betrachters überlassen. Beeindruckend ist die warme und zugleich überaus leuchtende, harmonische Farbgebung, die dennoch eine gewisse atmosphärische Kühle erzeugt.

Inga Kerber (* 1982) studierte Fotografie an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig, beschränkt sich jedoch nicht auf diese Disziplin. Der Raum, den sie in Bensheim mit ihren Arbeiten gestaltete, gleicht einer Installation ebenso wie einer Präsentation von Einzelbildern.

Die Wände bis zur Decke füllend hat sie ihre mit Ornamenten und Pflanzenmotiven bemalten Textilien als „Tapis“ zum Teil überlappend aufgehängt. Auf dem Boden stehen Pflanzengestecke, eine grüne Girlande hängt an der Wand zwischen Zeichnungen von nackten Frauen, auch diese in rahmender Vegetation angeordnet. Es entsteht in diesem Teil der Ausstellung eine abweichende, auch akustisch gedämpfte Atmosphäre, in der die gebrochene, fast pudrige Farbigkeit Sensibilität für die haptische Beschaffenheit der Malgründe erzeugt.

Die Eröffnung am Freitagabend war einmal mehr ein schönes Event, mit dem sich das Wochenende hervorragend einleiten ließ, für Bensheimer fast vor der Haustür. Die Gäste waren jedoch auch aus Frankfurt oder von der anderen Rheinseite gekommen.

Das Durchschnittsalter lag geschätzt unter 50 Jahren, eine wohltuende Mischung vieler Altersklassen, die sich in einer angeregten Stimmung und teilweise langer Verweildauer bemerkbar machte. Wer wollte, konnte im stimmungsvollen Innenhof des Museums sogar noch eine wärmende Kartoffelsuppe bekommen.

Die Ausstellung im Forum des Museums Bensheim geht noch bis zum 15. Januar 2023, zu sehen donnerstags und freitags 15 bis 18 Uhr, samstags und sonntags 12 bis 18 Uhr.

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