Premiere

Bensheimer Frauenfastnacht lieferte eine erstklassige Show

Die Bensheimer Frauenfastnacht hat nach der Corona-Zwangspause nichts von ihrem Unterhaltungswert und ihrer Schlagfertigkeit verloren. Am Samstag feierten die Aktiven Premiere im Kolpinghaus.

Von 
Gerlinde Scharf
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Immer ein Hingucker: Das Gardeballett der Bensheimer Frauenfastnacht bei der Premierensitzung am Samstag im Kolpinghaus. © Thomas Neu

Bensheim. Corona hat sein Pulver endgültig verschossen und muss sich fortan mit einer Hinterbänklerrolle begnügen! Fröhlichkeit, Gemeinsamkeit und Lebenslust spielen die erste Geige. Gerade richtig zur närrischen Kampagne. Und punktgenau zur Frauenfastnacht.

Am Wochenende war im Kolpinghaus Premiere. Auch die allerletzten Schnarchnasen kapierten, dass die Powerfrauen mit den Fastnachtsgenen die Faxen endgültig dicke haben und es sie unweigerlich zurück ins Rampenlicht, auf die Bühne und in die Bütt zieht. Die Durststrecke ist passé. Es wurde getanzt, gesungen, gefrotzelt, gestichelt, geschunkelt, und es wurde viel gelacht. Die Stimmung im Saal war einmalig ausgelassen.

Wie üblich waren auch Männer zur ersten Sitzung der Frauenfastnacht eingeladen beziehungsweise geduldet. Die Hauptrolle spielte aber ganz eindeutig und exklusiv das weibliche Geschlecht – inklusive Elferrat.

Punker-Mädels im Publikum

Die fantasievoll kostümierten Närrinnen und Narren, allen voran eine Gruppe Punker-Mädels, feuerten die Aktiven mit dem flotten Mundwerk und den flinken Beinen geradezu enthusiastisch an.

Dass die lokale Prominenz durch Abwesenheit glänzte und die Begrüßung der Ehrengäste demnach komplett ins Wasser fiel, schmälerte das Vergnügen kein bisschen. Stattdessen gab sich das Zugkomitee der Hepprumer Straßenfastnacht mit Schirmherrin, Paragrafenreiterin Kerstin I., samt Hofstaat und Musikzug die Ehre und rührte laut die Trommel für den Umzug in der Kreisstadt an Fastnachtssonntag.

Gut bei Stimme: Die Prosecco-Lerchen begeisterten mit intelligenten und humorvollen Texten zu bekannten Hits. © Thomas Neu

Die beiden bestens aufgelegten und herausgeputzten Präsidentinnen der Frauenfastnacht, Angela Schmidt und Astrid Dochtermann, führten im Anschluss versiert und charmant durch das knapp vierstündige Programm und glänzten obendrein im rosaroten Glitzer-Outfit – und mit Humor und Schlagfertigkeit: „Es ist die richtige Zeit für Heiterkeit.“ Basta!

Eine ganze Menge Lokalkolorit versprühte das muntere Dreigestirn Johanna Förg (Fastnachtsvirus), Martina Pongratz (Corona) und Margit Cattarius (Grippe). Fakt ist, dass Corona sogar den berühmten Männerschnupfen verscheucht hat (Lacher). Fakt ist auch, dass lauwarm geheizte Wohnungen dem Grippevirus den Weg frei machen (Buh). Da hilft nur enger zusammenzurücken, empfahl das dreiste Trio.

„Das Rathaus krank gemacht“

Wobei – dann hat Corona wieder leichtes Spiel, frohlockte Martina Pongratz und erinnerte sich mit Schadenfreude an das zurückliegende Winzerfest und das „führungslose Rathaus. Mein Meisterstück“, jubelte Corona, „da habe ich einen tollen Job gemacht, als ich das Rathaus krank gemacht“. Und wie lautet der Kommentar des flotten Dreiers zum Thema Marktplatz? Affenzirkus!

Viel Beifall gab es für Bütten-Neuling Dunja Kuttig, die als fescher Kerl verkleidet einen Kalauer nach dem anderen zum Besten gab. Carina Pongratz und Ulrike Meyer hingegen zählen zu den erfahrenen Fastnachtsassen, die scharfzüngig jede Pointe auskosteten und das Publikum zu Lachsalven animierten.

Die Mitwirkenden der Bensheimer Frauenfastnacht

Präsidentinnen: Angela Schmidt, Astrid Dochtermann

Elferrat: Kerstin Gries, Sabine Grimm, Mirjam Groß, Elisabeth Hauf, Elisabeth Jahn, Gisela Laubenhemer, Waltrud Krug, Melanie Kuch, Michaela Schmidt, Marion Schuhmann, Monika Weißmüller, Julia Steinbacher, Verena Strohbusch, Hannelore Rapp

Kindershowtanzgruppe: Esil Ahmed, Mara Bernhardt, Ella Bernhardt, Mina Boumariz, Lena Dochtermann, Selma Drayß, Hanna Grimm, Ida Klein, Ida Knebelspieß, Tilda Kühn, Paula Lenhart, Emma Ramsauer, Clara Schnarchendorff, Lia Schneider, Hanna Steinbacher, Frieda Storch; Choreographie: Sabine Schneider

Gardeballett: Sarah-Louise Bartoschek, Lara Gallenstein, Pia Hoser, Nele Kindinger, Katharina Merk, Maike Meyer, Celine Neidhöfer, Kim Weber; Choreographie: Maike Meyer

Showballett: Hannah Hillenbrand, Anna Hohenadel, Eva Klug, Katharina Merk, Clara Meyer, Maike Meyer, Carina Pongratz, Mona Ramsauer, Tine Rettig, Sophie Schuhmann, Kim Weber, Anna Zimmermann; Choreographie: Maike Meyer

Sexy Señoritas: Petra Ahlers, Irene Bernschneider, Heike Kindinger, Veronika Schwarz, Sylvia Volk; Choreographie: Veronika Schwarz

Muddi Dance: Zomitsa Ahmed, Julia Bernhardt, Astrid Dochtermann, Anne Knebelspieß, Nicole Lenhart, Diana Mayer, Sina Schnarchendorff, Sabine Schneider, Caroline Storch; Choreographie: Sabine Schneider

Gesangsgruppe Prosecco-Lerchen: Sabine Borger, Cornelia Fischer, Susann Jetter, Brigitte Lange, Angelika Schuhmann, Marita Schuhmann-Hillenbrand, Gaby Viernkaes; Musikalische Leitung: Marita Schuhmann-Hillenbrand

Büttenrednerinnen: Margit Cattarius, Astrid Dochtermann, Johanna Förg, Dunja Kuttig, Diana Mayer, Ulrike Meyer, Simone Planicka, Anja Poho, Carina Pongratz, Martina Pongratz, Mona Ramsauer, Angela Schmidt

Maske: Marina Müller, Natalia Hille

Mischpult: Martin Weicker und Philipp Sartorius

Musik: Michael Hagemayer und Horst Hermann. gs

Einfach nur umwerfend köstlich ist die Story vom Aufeinandertreffen von Jung und Alt und dem Dialog derselben. Wenn eine ältere Dame ihre 40 Jahre alte Schreibmaschine „vom Büro Fischer“ repariert haben möchte („Das f hängt“) und die ahnungslose Dame vom Service in dem unbekannten Kasten einen „alten Thermomix“ vermutet und nach Akku, Word und Bildschirm fragt.

Die liebgewonnene Schreibmaschine gegen einen PC einzutauschen, kommt für die Kundin auch nach hartnäckigen Werbeversprechen nicht in Frage. Dating-Apps im Internet? „Dafür gehe ich ins Café Saxe.“ Pornos anschauen? „Dafür habe ich die Nachbarn.“

Zwei sexy Blondinen à la Katzenberger, Larissa und Chantalle (Astrid Dochtermann und Diana Mayer) rockten anschließend die Bühne mit ihrem entwaffneten Influencer-Wissen, ihrem „erweiterten Specktrum“ und Selfie-Wahn. Einfach nur köstlich anzuhören und anzusehen: „Wahre Schönheit kommt vom Schminken“ lautet das Lebensmotto des ach so gestressten Influencer-Duos.

Astrid Dochtermann (li.), Diana Mayer (re.) und Angela Schmidt bei der „Arbeit“ auf der Bühne. © Thomas Neu

Und Schlag auf Schlag ging es weiter mit einem heimlich abgehörten Kundengespräch zwischen Apothekerin Simone Planicka und Mona Ramsauer, mit aussagekräftigen Tipps der Fachfrau für heitere und aufregende Stunden im Schlafzimmer und wie man vergangene Schönheit mit Mittelchen und Schlammpackungen wieder zurückerobert.

Homeoffice als Dauerlösung und einzig wahrer Glücksritter? Nichts da (Waschmaschine, Kinder, Bügeln, Essen kaufen: bedeutet Stress) schmetterten die Prosecco-Lerchen, die zu aktuellen Themen und gegen Rechts klare Kante zeigten und mit flotten, intelligenten Texten zu Hit-Melodien die Narren im Saal auf ihre Seite zogen. Ein Highlight von vielen in der diesjährigen Frauenfastnacht.

Lieber Chardonnay statt Instagram

Instagram und Verjüngungswahn? Nö! „Wir sehen uns lieber in echt, und Chardonnay schmeckt uns einfach wunderschee.“ Und statt Pilates und Yoga empfehlen die Prosecco-Lerchen „feiern im Rex bis 3 Uhr früh“. Als Dauergast bei Ganz und Winkler outete sich die trinkfreudige Stammtischtruppe ebenfalls. Warum? „Weil ich uffgegange bin wie ein Kräppel.“ Schuld ist Corona. Klar ist auch, die Prosecco-Lerchen kommen nicht ohne Zugabe von der Bühne. Kompliment für einen tollen Auftritt.

Der muntere Schlagabtausch zwischen Olga und Mariechen, alias Anja Pohl und Angela Schmidt, vor dem Finale ist wie das Salz in der Suppe und lässt üblicherweise den bereits hohen Stimmungspegel weiter ansteigen. So war es auch dieses Mal. Überschrift: Was sich liebt, das neckt sich. Oder Gegensätze ziehen sich an: Besserwisserin trifft auf Ahnungslose. Nebensächliches wird so herrlich durch den Kakao gezogen, dass es eine helle Freude ist.

Die Gruppe Muddi Dance hinterließ Eindruck. © Thomas Neu

Und weil es bei der Frauenfastnacht nicht nur was auf die Ohren gibt, sondern auch fürs Auge viel geboten wird, spielen Showtanz und Ballett eine wichtige Rolle. So fachten die Kleinsten als charismatische Cheerleader mit lila Puschel die Stimmung mächtig an, und die sexy Señoritas pusteten einen Hauch südländisches Flair in den Saal. Eine super Performance, modern und professionell, lieferten die bildhübschen Mädchen vom Garde- und Showballett ab („Sweet Caroline“ bis Abba-Medley). Riesenbeifall und Zugaben.

Eine echte Bereicherung waren die Newcomer „Muddi Dance“. Auf abgedunkelter Bühne zeigten die ganz in Schwarz gekleideten Tänzerinnen beeindruckende Darbietungen mit Effekten des Schwarzlichttheaters.

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Von
Sina Roth
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Da blieb am Ende nur noch das prächtige Finale mit allen großen und kleinen Aktiven und der begeistert beklatschte Auszug durch die Besucherreihen. Finaler Kommentar: ein dreifach donnerndes Eijo auf die Bensemer Frauenfastnacht.

Freie Autorin Seit vielen Jahren "im Geschäft", zunächst als Redakteurin beim "Darmstädter Echo", dann als freie Mitarbeiterin beim Bergsträßer Anzeiger und Südhessen Morgen. Spezialgebiet: Gerichtsreportagen; ansonsten alles was in einer Lokalredaktion anfällt: Vereine, kulturelle Veranstaltungen, Porträts. Mich interessieren Menschen und wie sie "ticken", woher sie kommen, was sie erreiche haben - oder auch nicht-, wohin sie wollen, ihre Vorlieben, Erfolge, Misserfolge, Wünschte etc.

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