Bachtage

„Bach und Bike“ als Publikumsmagnet

Pfingstklassiker mit Rekordbeteiligung und besonderen Repertoire-Entdeckungen

Von 
Klaus Ross
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Bensheim. Der Pfingstmontagsklassiker „Bach und Bike“ mobilisierte bei den 18. Bachtagen im Kreis Bergstraße wohl mehr radelnde Musikliebhaber denn je – begünstigt natürlich durch malerisches Frühsommerwetter. An allen vier Veranstaltungsorten Heppenheim, Lorsch, Schwanheim und Bensheim durfte sich das rührige Organisationsteam um Gregor Knop und Eva-Maria Weber über randvoll besetzte Kirchen freuen. Die „Bach und Bike“-Fans bekamen nicht nur eine gewohnt anregende Mischung aus populären Werken und entdeckenswerten Raritäten geboten, sondern konnten jeweils zum Abschluss der vier Kurzkonzerte auch wieder gemeinsam Frühlingslieder anstimmen.

Den Anfang in Heppenheims katholischer Weststadtkirche Erscheinung des Herrn machte mit Jens Braun ein höchst versierter und mittlerweile durch etliche Auftritte ausgewiesener Schüler des früheren Propsteikantors Konja Voll. Neben dem blitzsauber hingestellten Bach-Werkpaar Präludium und Fuge C-Dur BWV 547 hielt der hauptberufliche Mediziner zwei schöne Fundstücke parat: Die auch im Orgelgewand sehr eingängige Es-Dur-Sicilienne der als Pianistin berühmten blinden Mozart-Zeitgenossin Maria Theresia Paradis (1759-1824) und den dezidiert als „Pfingsttanz“ bezeichneten Reißer „Tongues of Fire“ („Feuerzungen“) des vor allem kirchenmusikalisch profilierten Amerikaners Alfred Fedak (Jahrgang 1953).

Schwungvolle Bach-Auswahl von Gregor Knop

Gregor Knops besonders schwungvolle Bach-Auswahl in der evangelischen Kirche Lorsch vereinte Präludium und Fuge C-Dur BWV 545, die ebenso beliebte g-Moll-Fuge BWV 578 sowie „Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist“ D-Dur BWV 667 aus den späten Leipziger Chorälen. Als romantisches Intermezzo erklang Mendelssohns charakteristisch liedhaftes G-Dur-Präludium opus 37/1 von 1837 – leider aus Zeitgründen ohne die zugehörige Fuge.

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Von
Jörg Keller
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Fein beseelte Vokalmusik folgte in der evangelischen Kirche Schwanheim: Der von Constanze van Deyk geleitete Chor Da Capo unterstrich mit Jakob Arcadelts Renaissance-Juwel „Ave Maria“, Brahms’ Volkslied-Arrangement „Da unten im Tale“ WoO 35/5, Waldemar Ahléns schwedischem Repertoire-Hit „Sommarpsalm“ (1933) und Mendelssohns orgelbegleiteter Choralkantate „Verleih uns Frieden“ WoO 5 (1831) seine beachtlichen Qualitäten.

Wolfgang Portugalls originell gewählter Orgelauftakt umfasste Bachs E-Dur-Werkpaar BWV 854 aus dem „Wohltemperierten Klavier“ (Teil 1) und „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott“ aus der Choralsammlung „Harmonische Seelenlust“ (1733) des einstigen Bach-Konkurrenten Georg Friedrich Kauffmann, der ein rundes Vierteljahrhundert als Domorganist und Hofkapellmeister in Merseburg wirkte.

Das Finale in der Bensheimer Michaelskirche gehörte dem jungen Darmstädter Pauluskirchen-Kantor Lukas Euler, der bereits im September sehr erfolgreich bei den hiesigen Orgelwochen debütiert hatte. Der spielfreudige Endzwanziger begeisterte diesmal nicht nur mit seinen erstrangigen Bach-Interpretationen (Orgelbüchlein-Choral „Wenn wir in höchsten Nöten sein“ G-Dur BWV 641, D-Dur-Fuge BWV 532), sondern entfachte auch mit „Tiento de Batalla quinto tono“ des als „spanischer Bach“ geltenden Barockmeisters Juan Cabanilles (1644-1712) und erst recht mit dem krönendes Bravourstück „Salamanca“ (1986) der französischen Orgellegende Guy Bovet (Jahrgang 1942) elektrisierenden folkloristischen Furor. Gerade diese beiden allzu selten servierten Leckerbissen machten unbedingt Appetit auf mehr.

Am Ende standen verdiente Ovationen für Constanze van Deyk und die vier Organisten, gefolgt vom kulinarischen Ausklang vor dem Gemeindehaus der Michaelskirche.

Freier Autor Besprechung klassischer Konzertveranstaltungen seit über drei Jahrzehnten (darunter als Schwerpunkte das umfangreiche regionale Kirchenmusikangebot sowie die renommierten Kammermusikreihen der Kunstfreunde Bensheim und von Forum Kultur Heppenheim)

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