Als interessierter Zuhörer bei der Stadtverordnetenversammlung am 14. November im Bürgerhaus hätte man den Eindruck bekommen können, als stünde die Entscheidung hinsichtlich der massiven Grundsteuererhöhung auf 1450 Prozent bereits fest. Keinerlei Wortmeldungen seitens der Stadtverordneten zum Nachtragshaushalt 2024 hinsichtlich dieser Thematik.
Nachfragen bei einigen Stadtverordneten nach Sitzungsschluss bestätigen meine Vermutung. Ein Großteil der Parteien nimmt offensichtlich den Vorschlag des Magistrates so hin. Kein Alternativvorschlag in Sicht – vielleicht mit Ausnahme von der BfB-Fraktion.
Ich halte die Erhöhung des Hebesatzes von derzeit 620 auf dann 1450 Prozent für nicht hinnehm- und vermittelbar. Vielmehr sollten weitere, über die von unserer Bürgermeisterin vorgestellten Einsparpotenziale hinaus (BA vom 16. November) aufgezeigt werden. Wo steht unsere Stadtverwaltung im Kosten-Benchmark (Effizienz) mit vergleichbaren Städten? Was können wir von ihnen lernen? Können die genannten Fristen zur Haushaltskonsolidierung (fünf Jahre) nicht verlängert werden? Auch die in Aussicht gestellte Rücknahme der Erhöhung bei verbesserter Haushaltslage halte ich für nicht seriös. Der Solidaritätszuschlag belehrt uns da eines Besseren.
Eine derart massive Erhöhung, als Ultima Ratio, würde unter anderem folgende schwerwiegende Effekte mit sich bringen: einen weiteren Kaufkraftverlust für einen Großteil der Haushalte, Handwerker und Kleinbetriebe. Gerade dem Bensheimer Handel wird es schaden. Daneben bekommt der ohnehin schon nahezu stagnierende Wohnungsmarkt zusätzlichen Gegenwind, weil alle Bensheimer Eigentümer und Mieter betroffen sind. Neben dem Wertverlust von Immobilien werden die Wohnkosten definitiv steigen; gerade für einkommensschwache Haushalte ist dies schwer verkraftbar.
Als Erstes gilt es die Attraktivität unserer Stadt zu erhalten, denn auf Basis dieser Erhöhung wird sie Schaden nehmen: Unternehmen wandern ab, weil hohe Grundsteuern abschrecken und sie dazu bewegen, in günstigere Gemeinden umzuziehen. Mit der sinkenden Attraktivität für Wohnraum wandern Privatpersonen ebenfalls ab, was langfristig zu einer Verringerung der Bevölkerung und einer Schwächung der lokalen Wirtschaft führt. Der Hebesatz wird das Image unserer Stadt beschädigen und lässt Bensheim unattraktiv für Investitionen erscheinen.
Am Ende wird sich der angedachte statische Haushaltsplan nicht rechnen, weil sich die Steuereinnahmen aufgrund der oben geschilderten Effekte dynamisch entwickeln.
Um diese komplexe Thematik über die Zeit unter Kontrolle zu halten und dabei handlungsfähig zu bleiben, schlage ich zur Abfederung der Auswirkungen eine stufenweise Erhöhung der Grundsteuer bei gleichzeitiger zeitlicher Streckung der Haushaltskonsolidierung vor.
Andreas Duffner
Bensheim
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