Zwingenberg. Sollte sich in Zwingenberg tatsächlich ein Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte zugetragen haben? Schülerinnen und Schüler der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl an der Geschwister-Scholl-Schule in Bensheim recherchieren auf den Spuren des Zwingenbergers Johann-Georg Dieffenbach (1787 bis 1848), welcher nach der Befreiung von napoleonischen Einflüssen als einer der pro-demokratischen hessischen Akteure gilt. Inwieweit dies zutrifft oder vielleicht doch übertrieben ist, wollen die Schüler herausfinden, wie die Geschichtswerkstatt in einer Presseerklärung mitteilt.
Gemeinsam mit ihren Lehrkräften Joy Zinela und Frank Maus haben sie einige Kontakte in Zwingenberg hergestellt, Interviews geführt, Unterlagen aus dem Lokalarchiv eingesehen sowie weitere Quellen gesichtet, die nun in den nächsten Wochen ausgewertet werden. Engeren Abstimmungskontakt pflegten die Schüler zum Zwingenberger Bürgermeister Holger Habich, der das Dieffenbach’sche Forschungsprojekt mit Frank Maus identifiziert hatte.
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Der Kontakt wurde über Dr. Holger Zinke von der Felsbergakademie hergestellt, der in Kooperation mit Lehrenden der Universitäten Mainz und Wien Kontaktpersonen in der Region Bergstraße suchte für den Untersuchungsgegenstand „Orte der Demokratieentwicklung“. Aufgrund der anerkannten jahrzehntelangen Arbeit der Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl fiel die Wahl auf die selbstständige Forschergruppe an der Geschwister-Scholl-Schule.
Holger Habich, selbst Abiturient der Schule, weiß um die Person Dieffenbachs, hat doch der Name in Zwingenberg einen gewissen Bekanntheitsgrad: „In Zwingenberg trifft man an verschiedenen Stellen auf den Namen Dieffenbach. So gibt es beispielsweise den Diefenbach-Saal im Bunten Löwen, der oft von städtischen Gremien genutzt wird oder auch die Diefenbach-Straße.“
Wenn man allerdings genauer hinschaue und nachfrage, werde offenkundig, dass viele Zwingenberger zwar den Namen kennen würden, nicht aber die Hintergründe seiner Person, geschweige denn Dieffenbachs politische Ambitionen, sagt der Rathauschef.
Geschichte ist nur im Kontext zu verstehen
„So erschien es uns zweckmäßig und reizvoll, dass sich die Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl des Falles annimmt und zur Beleuchtung seiner Person sowie Funktion Beiträge liefert.“ Nach Meinung von Rektor Frank Maus steht Dieffenbach in relevantem Kontext zu den Demokratieentwicklungen des frühen 19. Jahrhunderts: „Wir feiern 2023 das 175-jährige Jubiläum der demokratischen Revolution von 1848.“ Hierzu werde es landauf, landab Gedenkveranstaltungen geben. Historische Forschung sei sich dabei gewiss, dass ein historisches Ereignis nie auf einen Einzelpunkt fokussiert werden könne.
Stets gebe es eine relevante Vorgeschichte und Nachwirkungen, denn Geschichte sei nur im Kontext zu verstehen. „Ohne nun zu viel vorwegnehmen zu wollen“, so Maus weiter, „gehörte Dieffenbach zu den Vorreitern der Demokratieentwicklung der nach-napoleonischen Ära.“ Das Besondere sei nicht nur sein Wirken, sondern auch der Ort. Zwingenberg, das könne bereits nach heutigem Kenntnisstand gesagt werden, sei als bemerkenswerter Ort der hessischen Demokratiegeschichte zu bezeichnen.
Die Geschichtswerkstatt kooperiert nicht nur mit Holger Habich und Ralf Barthel von der Stadtverwaltung Zwingenberg. Weitere Partner sind Berenike Neumeister vom Geschichtsverein Zwingenberg, Andreas Mayer und Katharina Ziemann vom Vorstand des Gesangvereins Sängerkranz sowie Beatrix Irene Domsel vom Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Zwingenberg. Alle Genannten begleiten das Projekt aus ihrer Perspektive mit Interesse und sind auf die Ergebnisse gespannt. Wie stets, so wird die Geschichtswerkstatt die Ergebnisse der Forschungen veröffentlichen.
„Die historisch-wissenschaftliche Recherche unserer Vergangenheit erfolgt immer eingedenk multiperspektivischer Betrachtung und Kontextualisierung. Unsere Arbeit verstehen wir dabei stets auch als aufklärenden Beitrag zur Gesellschaftsbildung insgesamt“, schreibt die Geschichtswerkstatt. red
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