Auerbach. Sie tragen wohlklingende Namen wie Champagner Renette, Goldparmäne, Weißer Winterkalvill, Stuttgarter Geißhirtle, Wildling von Einsiedel und Williams Christ. Dahinter verbergen sich historische Apfel- und Birnensorten, die jetzt - neben weiteren alten Sorten - im Auerbacher Fürstenlager neu gepflanzt wurden.
Innerhalb weniger Tage werden 80 Obst-Hochstämme entlang der Apfelallee gesetzt. Der Weg im östlichen Bereich des Parks, der zur Hermann-Schäfer-Eiche führt, ist eine beliebte Wander- und Spazierroute durch den Staatspark - und wird damit seinem Namen bald wieder gerecht: Hier gab es bereits vor 1800, als die Landgrafen von Hessen-Darmstadt das Fürstenlager zur Sommerresidenz entwickelten, eine Allee aus Obstbäumen.
„Aufgrund von Quellenrecherchen und Analysen historischer Bestands- und Bestelllisten sowie alter Parkpläne versuchen wir, uns mit den Neupflanzungen dem Zustand von vor über 200 Jahren anzunähern“, erläutert Philipp Ludwig die Standortwahl. Ludwig ist kommissarischer Leitung des Fachgebietes Gärten und Gartendenkmalpflege der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG), die auch den Auerbacher Landschaftspark betreuen. Für die Baumpflanzungen ist er persönlich nach Auerbach gekommen, um sich vor Ort ein Bild zu machen - und auch mit anzupacken.
Mit einem Bagger heben Mitarbeiter des Gärtnerteams des Fürstenlagers die Erdlöcher für die neuen Bäume aus - immer im Abstand von acht Metern. Auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis die zweijährigen Jungbäume zu stattlichen Gewächsen werden - und trotz der kahlen Äste -, kann man jetzt schon die beeindruckende Wirkung der künftigen Allee erahnen. Und bei den 80 Bäumen wird es nicht bleiben: In einigen Jahren, nach Abschluss des Projekts, soll die Allee aus insgesamt 240 Bäumen bestehen.
Das frühere Erscheinungsbild
„Aus der Ursprungszeit des Fürstenlagers gibt es hier keine Obstbäume mehr“, erläutert Philipp Ludwig - Obstgehölze werden nicht älter als 120 Jahre. Für Schlösser und Gärten ist das Projekt damit einerseits eine denkmalpflegerische Maßnahme, auf der anderen Seite wird durch die Neupflanzung der klimaangepassten Sorten auch die Biodiversität gefördert. Gepflanzt wird in Blöcken aus immer vier Bäumen einer Apfelsorte im Wechsel mit zwei Bäumen einer Birnensorte. „Mit den historischen Sorten bekommt das Fürstenlager nicht nur ein weiteres Stück seines einstigen Erscheinungsbildes zurück, sie sind auch robuster und resistenter als moderne Zuchtsorten,“ erläutert Parkleiter und Gärtnermeister Stefan Jagenteufl.
Der Winter ist die klassische Pflanzzeit sogenannter „wurzelnackter“ Ware, also Bäumchen, die ohne Erdballen geliefert werden. Nach dem Abwurf der Blätter befinden sie sich in der Winterruhe und haben aktuell nur einen minimalen Wasserbedarf. Die jungen Stämme kommen aus einer Baumschule bei Neckargemünd, die noch selbst die Veredelung vornimmt.
Im Fürstenlager werden die Bäumchen, die bis zum Kronenansatz etwa 180 Zentimeter messen, in ein Ton-Humus-Gemisch gesetzt. Das spezielle Substratgemisch soll einerseits Wühlmäuse von den Wurzeln fernhalten, andererseits durch die wasserspeichernden Fähigkeiten des Tons der Verdunstung entgegenwirken. Direkt nach der Pflanzung erhalten die Stämme außerdem einen weißen Kalkanstrich - ein Schutz vor Wildverbiss, aber auch vor der Sonne. Die weiße Farbe reflektiert das Sonnenlicht besser als die braune Naturfarbe, so heizt sich der Stamm nicht so stark auf, was auch im Winter eine wichtige Rolle spielt.
Die Trockenheit und die Hitze-Perioden der vergangenen Jahre haben dem Baumbestand im Staatspark erheblich zugesetzt. Mehr als 100 Bäume mussten insbesondere in den waldartigen Bereichen gefällt werden, weil sie entweder tot oder nicht mehr standsicher waren. Rotbuchen leiden laut Ludwig besonders, während Wald- oder Schwarzkiefern besser aufgestellt seien. Auch Stieleichen und Hainbuchen erwiesen sich als recht robust. Bei Nachpflanzungen hätten die jungen Bäume die Möglichkeit, sich an die neuen Gegebenheiten besser anzupassen, etwa indem sie tiefer wurzeln als ihre älteren „Verwandten“.
Die Baumpflanzungen sind nicht das einzige Projekt, das derzeit im Staatspark läuft. Kürzlich wurde der Hang unterhalb des Gewächshauses befestigt - durch eine „biologische Ingenieurarbeit“, so Jagenteufl: Massive Eichenstämme wurden in den Hang gerammt, die Pflanzung von Immergrün soll für eine Verwurzelung der Erde sorgen und so verhindern, dass sie ins Rutschen gerät. Eine biologische Hangbefestigung, die ganz ohne Beton auskommt.
Aber zurück zu den Apfel- und Birnbäumchen entlang der Apfelallee: Bis die neuen Obstbäume einen nennenswerten Ertrag bringen, wird es noch einige Zeit dauern. Etwa drei bis fünf Jahre, schätzt Stefan Jagenteufl. Dann aber soll aus den Früchten von Goldparmäne, Geißhirtle und Williams Christ vorwiegend Most werden - zum Beispiel im Rahmen eines Kelterfests im Fürstenlager.
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