Kommentar Ist Mannheim 2030 klimaneutral? Eher nicht. Macht aber nichts

Martin Geiger glaubt zwar nicht, dass Mannheim 2030 klimaneutral sein wird - findet das aber gar nicht so schlimm. Der Klimaschutzaktionsplan ist dennoch ein Erfolg

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Martin Geiger
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Mannheim. Es hat gequietscht, geknarrt, geruckelt und auch mal gekracht. Doch nun hat Mannheim ganz offiziell einen Klimaschutzaktionsplan, der einen Weg aufzeigt, wie die Stadt bis 2030 klimaneutral werden könnte. Und das ist, trotz aller Nebengeräusche beim Entstehungsprozess, eine sehr gute Nachricht. Denn sie zeigt, dass die Kommune das Problem ernst nimmt, es sehr ambitioniert angehen will und dafür einen Plan hat. Und das ist – leider – schon deutlich mehr als viele andere politischen Akteure beim Klimaschutz vorweisen können.

Das muss nicht bedeuten, dass Mannheim sein extrem hochgestecktes Ziel auch erreicht. Ehrlich gesagt sind die Chancen sogar eher gering. Zumal die Stadt selbst lediglich etwa ein Drittel ihrer CO2-Emissionen direkt beeinflussen kann. Aber das ist auch gar nicht das Wichtigste.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Treibhausgas-Ausstoß schnell sinkt. Denn der Grad der Erderwärmung hängt nicht von den Emissionen in einem bestimmten Jahr ab. Sondern davon, wie hoch der Ausstoß insgesamt in den kommenden Jahrzehnten sein wird. Darum ist eine schnelle Umsetzung von Maßnahmen oft entscheidender als der Wortlaut auf dem Papier.

Mannheim ist aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel in dieser Umsetzungsphase stark abhängig von der Förderung durch die EU. Sie hat die Stadt neben 99 weiteren Kommunen als Vorreiter beim Klimaschutz ausgewählt. Der Gedanke dabei: Andere sollen von ihren Erfahrungen profitieren. Und eine Erkenntnis zeichnet sich bereits ab: Das Ringen um den perfekten Plan, den einen großen Wurf, kostet Zeit, Geld und Nerven – und droht latent zu scheitern.

Darum wäre es hilfreich, bei der Bekämpfung dieser großen Menschheitskrise etwas von der Bekämpfung einer anderen großen Krise zu lernen: In der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass schnelle Entscheidungen, selbst wenn sie mit Unsicherheit behaftet waren, oftmals effektiver wirkten als lange diskutierte fundiertere. Einen Teil dieser erkannten Dringlichkeit brauchen wir auch beim Klimaschutz.

Beispiele dafür gibt es auch in Mannheim: Ausgerechnet in der Zeit, in der die Energiewende so populär ist wie nie zuvor, ist das Angebot der städtischen Klimaschutzagentur seit mehr als einem halben Jahr wegen Überlastung eingeschränkt. Das ist absurd. Denn Investitionen in zusätzliche Energieberater lösen weitere freiwillige aus – die die Emissionen schneller reduzieren, als manch andere Maßnahmen geplant werden können.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".