Es gehört zu den schicksalhaften Zügen des menschlichen Daseins, dass wir zwar unzweifelhaft da sind, aber nicht immer da, wo wir sein wollen. Somit ist unser Dasein immer auch ein Wegsein. Wenn Sie das jetzt etwas gestelzt finden, lesen Sie die Sätze einfach noch mal. Es ist ganz einfach. Und wenn Sie, was wir alle hier nicht glauben, denken: Hä, das habe ich doch schon mal gelesen von diesem Typ, dann liegen Sie nämlich richtig. Denn der Einstieg in ein Zeitzeichen stand bereits am 15. Juli 2005 auf dieser Seite. Es war eine goldene Ära, es war Freitag, und keinen störte, dass Roland Koch (mein Gott, die Älteren unter uns kennen ihn noch) hessischer Ministerpräsident war. Bleibt die Frage: Quod erat demonstrandum? Zu beweisen war, wie schön es ist, dass wir vergesslich sind und – wie Thomas Mann sich mal irgendwo ausdrückte (ich habe gerade vergessen, wo) – dieselben Dinge immer wieder neu erleben dürfen. Erinnerungskultur ist gut. Vergessenskultur ist auch gut. Selbst Philosoph Friedrich Nietzsche meinte (trotz der Philosophie als einer Disziplin, die ja immer Dinge aus dem Präteritum weiterdenkt), dass das wahre Problem des Menschen die Erinnerung sei und nicht das Vergessen. Kühe und Kinder (was für eine Summe) seien fröhlich, weil sie (noch) nicht die Last ihrer Erinnerungen zu tragen hätten. Dasein sei im Grunde ein nie zu vollendendes Imperfektum. Es gehört eben zu den schicksalhaften Zügen des menschlichen Daseins, dass wir zwar unzweifelhaft da sind, aber nicht immer da, wo wir sein wollen … O je, jetzt habe ich den Faden verloren …
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