Ramburg. Zwei Retter hat die Ramburg. Der eine ist König Ludwig I. von Bayern. 1830 verbietet er die weitere Zerstörung von Burgruinen und allen kulturell bedeutsamen alten Gebäuden. Anträge auf Abriss müssen ihm persönlich vorgelegt werden. So soll das Kloster Marienthal am Donnersberg wegen Baufälligkeit weichen. Der Monarch genehmigt den Antrag schließlich, allerdings unter der Auflage, dass das Portal, die Fenster und einige Grabmäler Bestandteile des Neubaus sein sollen.
Ein kulturbeflissener Monarch ist eine Rarität, aber kein Einzelfall. Anders der zweite Retter, eigentlich sind es viele: Im Mai 1971 ruft der etwa 250 Mitglieder starke Männergesangverein Harmonie Ramberg die „Aktion Ramburg“ ins Leben und beschließt, die völlig zugewucherte und vom Einsturz bedrohte Ruine zu retten.
23 Jahre lang, bis 1994, rücken immer wieder Arbeitstrupps an, schneiden die Burg frei, sanieren Mauern, graben Bereiche aus. Am 14. August 1976 macht der Helfertrupp einen Sensationsfund. Er legt einen fünf Zentner schweren Wappenstein der Ritter von Ramburg frei.
Sänger sanieren die Burg ehrenamtlich
Im Oktober 1979 dann der Höhepunkt der Bemühungen: Die Sänger bringen auf der Krone der 18 Meter hohen Schildmauer eine 25 Zentimeter dicke Betondecke auf, um weiteres Eindringen von Wasser zu verhindern. Ein nicht ungefährliches Unterfangen in schwindelnder Höhe. Finanzielle Unterstützung kommt vom Land Rheinland-Pfalz. Zur Stabilisierung des Bauwerks werden rund 30 Kubikmeter Sandsteine verbaut. Bei der Abschlussfeier der unfallfrei verlaufenen „Aktion Schildmauer“ erklingt eine Hymne, die die Stimmung perfekt trifft: „Brüder, singt ein Lied der Freude, ihr habt Grund zur Dankbarkeit.“
Und weiter geht es mit der Entfernung von 60 Kubikmetern Stein und Schutt aus dem Felsenkeller sowie der Freilegung des Brunnenschachts bis in 18 Meter Tiefe. Bis Ende 1993 kommen 30 000 Arbeitsstunden zusammen, die Hälfte davon für den Bau der Schenke unterhalb der Burg.
Es gibt viel Lob, aber auch etwas Kritik an der Arbeit der Ehrenamtlichen: Sie hätten Spuren des überkommenen Bauzustands verwischt und nicht professionell gearbeitet. Dagegen nimmt der Landauer Historiker, Archivar und Burgenfachmann Rolf Übel die Sänger in Schutz: „Mag die ein oder andere Maßnahme vor allem bei den Denkmalschützern nicht auf ungeteilte Gegenliebe gestoßen sein, so ist es den Aktivitäten der Ramburger Sänger zu verdanken, dass die Burg in einem guten Zustand ist.“
Erstmals in einer Urkunde von 1163 erwähnt
Aus dem Dunkel der Geschichte taucht die Ramburg 1163 auf. Ein Dietleibo de Ramesberc tritt als Zeuge in einer Urkunde der Abtei Hornbach für das unweit von Ramberg gelegene Kloster Eußerthal auf. Da die Ramburg als Reichsburg gilt, dürfte er zu den Reichsministerialen zählen.
Nach dem Niedergang der Staufer müssen sich die Ramburger umorientieren, verbünden sich mit den Pfalzgrafen und räumen diesen 1358 das „ewige Öffnungsrecht“ an der Burg ein. Diese können sie fortan in bewaffneten Konflikten nutzen. Im späten 14. Jahrhundert wenden sie sich auch den Bischöfen von Speyer zu und gewähren ihnen ebenfalls das Öffnungsrecht.
Die „Schaukelpolitik“ zwischen den regionalen Großmächten lohnt sich für die Familie: Sie verfügt über beachtliche Güter in der Pfalz und im Elsass. Auch in für das Spätmittelalter typische Querelen sind die Niederadligen verwickelt. 1408 nehmen die Grafen von Leiningen Georg von Ramburg gefangen und inhaftieren ihn auf der Falkenburg unweit von Annweiler. 1460 fällt Hans von Ramberg als Verbündeter der Kurpfalz bei der Eroberung von Wachenheim.
Und im 14. Jahrhundert scheint das Verhältnis zwischen den Rambergern und den Herren der benachbarten Burg Neuscharfeneck nicht das beste gewesen zu sein. Vielleicht liegt hier der Ursprung für die Sage vom bösen Einaug. Der Neuscharfenecker wird darin als gewalttätiger Gesell beschrieben, der nach dem Verlust eines Auges im Kampf gar schrecklich ausgesehen haben soll.
Die Sage vom bösen Einaug
Voller Neid schaut er auf die Ramburg, deren Besitzer große Reichtümer zusammengetragen hat. Mit seinem treuesten Knecht heckt er einen perfiden Plan aus: Beide wollen in die Ramburg gelangen. Der Knecht soll dann den reichen Burgherrn in dessen Schlafzimmer erstechen und die dort aufbewahrten Schätze mitnehmen. Der Einaug will die Wächter am Tor töten, damit er und sein Verbündeter mit der schweren Beute fliehen können.
Zuerst klappt alles: Das Duo wird freundlich aufgenommen und erhält Zimmer für die Nacht. Als alles still ist, schleicht sich der Knecht in das Schlafzimmer des Burgherrn, findet es aber leer vor, da dieser zum Gebet in die Kapelle gegangen ist. War er im falschen Zimmer? Da hört der Knecht lautes Schnarchen aus einem benachbarten Raum, glaubt, dort sein Opfer zu finden und ersticht den Schläfer. Schatztruhen findet er allerdings nicht. Plötzlich steht der Ramberger vor dem überraschten Knecht und kann ihn überwältigen. Anschließend stellt sich heraus, dass er seinen eigenen Herrn umgebracht hat.
Der Ritter lässt Gnade vor Recht walten und befiehlt, den verwirrten Täter laufen zu lassen. Was aus ihm wurde, weiß niemand. Sein Herr aber findet keine Ruhe im Grab und soll nachts in der Region umgehen, Wanderer erschrecken und sich von ihnen auf dem Rücken tragen lassen. Verletzt werden die Opfer des Neuscharfeneckers nicht, sie kommen mit dem Schrecken davon.
Für die Bevölkerung zum Abbruch freigegeben
1519 endet die rund 350 Jahre währende Herrschaft der Ramberger. Der kinderlose letzte Vertreter verkauft ein Jahr vor seinem Tod die Anlage an die Herren von Dalberg. Die haben aber nicht lange Freude daran, denn 1525 beschädigen sie die aufständischen Bauern. 1540 erwerben die Herren von Löwenstein-Scharfeneck, die auf der benachbarten Burg Neuscharfeneck sitzen, die Ramburg. Auch sie werden den Kauf vielleicht bereut haben, denn 1560 äschert ein Blitzschlag die Burg ein. Die Burg wird wiederaufgebaut. Doch der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) bringt Plünderung und Zerstörung. Diesmal unterbleibt der Wiederaufbau.
Infos und Tipps für Besucher
Anfahrt von Mannheim: Über die Rheinbrücke an Ludwigshafen vorbei auf die A650. Die Ausfahrt Speyer/Mutterstadt, dann auf die B9 und die A65 in Richtung Neustadt/Weinstraße/Landau. Die Autobahn an der Abfahrt Edenkoben verlassen. Durch Edenkoben in Richtung Landau, in Edesheim rechts nach Rhodt und von dort aus weiter nach Weyher. Weiter auf der L506 ins Modenbachtal. Dort links abbiegen und bergauf in Richtung Ramberg.
Parken in der Ramberger Burgstraße. Dort geht neben einem Trafohäuschen ein beschilderter Weg über eine Wieseden Berg hoch. Den mit einem Kastaniensymbol markierten „Pälzer Keschdeweg“ überqueren. Dem schmalen Pfad bergauf folgen. Auf dem breiten Forstweg nach links in Richtung Ramburgschenke. Der Weg ist etwa 1,5 Kilometer lang, wofür 20 Minuten benötigt werden.
Fahrstrecke von Mannheim: etwa 50 Kilometer, Fahrzeit: etwa 45 Minuten. Anreise mit ÖPNV: Mit dem Zug nach Landau, weiter mit dem Bus nach Ramberg.
Öffnungszeiten: Die Burgruine ist jederzeit frei zugänglich.
Öffnungszeiten der Gaststätte: Mittwochs, samstags sowie an Sonn- und Feuertagen 11.30-17 Uhr.
Literatur: Keddigkeit/Burkhart/Übel: Pfälzisches Burgenlexikon, Band IV.1, Kaiserslautern 2007; Rolf Übel: Ramburg, Meistersel, Frankenburg, Landau 1999; Männergesangverein Harmonie Ramberg/Pfalz: Aktion Ramburg 1971 – 1977.
Seit 1702 nutzen die Bauern der Umgebung die Ruine als Steinbruch, sogar mit Genehmigung. Nach und nach verschwinden große Teile der Anlage, und ohne Eingreifen König Ludwigs I. wäre wohl nur noch wenig vorhanden. Doch Substanzverluste gibt es weiterhin. So wird 1903 wegen Baufälligkeit die Schildmauer um drei Meter reduziert, und 1939 wäre sie beinahe ganz gefallen, weil die Mauer den Bau einer Stellung für Flugabwehrkanonen behindert. Der Protest der Gemeinde sorgt für ein Einlenken der Wehrmacht.
Beeindruckendes Inneres der Burg
Der Zugang von der Gaststätte führt durch die fast komplett verschwundene Vorburg und den Graben in die einstige Unterburg, heute eine leere, ebene Fläche. Eine Treppe führt in den 160 Quadratmeter großen Felsenkeller. Zwei mächtige Steinpfeiler stützen die Decke.
Bemerkenswert: eine große Zisterne, die angefangene Treppe zur Oberburg sowie ein Durchbruch zum Brunnenschacht. Auf der 600 Quadratmeter umfassenden Oberburg fällt die 20 Quadratmeter große Brunnenkammer auf. 18 Meter hoch ragt auf der Angriffsseite die drei Meter dicke Schildmauer aus Buckelquadern empor. Sie entsteht wohl in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Ansonsten gibt es noch Reste von Wohngebäuden, einen Bergfried allerdings nicht, was die Ramburg zu einer Besonderheit der pfälzischen Burgenlandschaft macht.
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