Konzert

Mit Ironie und Ehrlichkeit: James Blunt begeistert Fans bei Schwetzingen

Mit Akustikgitarre und ohne Pomp: James Blunt begeistert bei Musik im Park. Der „Normalo“ findet im Schwetzinger Schlossgarten die Balance zwischen Ehrlichkeit und Entertainment.

Von 
Jakob Roth
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James Blunt bei Musik im Park in Schwetzingen. © Andreas Gieser

Schwetzingen. Der frühe Donnerstagabend: Warme Sonnenstrahlen begrüßen etwa 5500 James-Blunt-Fans beim „Musik im Park“-Festival in Schwetzingen. Die glutrote Sonne ist dann schon fast untergegangen, als Singer-Songwriter Blunt im Rahmen seiner „Back to Bedlam“-Jubiläumstour die Bühne im Schlossgarten betritt. Und das ganz ohne Pomp – nur mit seiner Akustikgitarre, einer rauchig-nasalen Stimme, blauen Jeans, brauner Jacke und weißem Hemd. Man spürt sofort: Hier kommt einer von uns, ein Normalo. Einer, der das Publikum nicht erobern muss, weil es längst auf seiner Seite ist.

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Aber was macht diesen großen Erfolg aus? Jetzt, 20 Jahre nach dem Erscheinen seines Debütalbums, das sich weltweit mehrere Millionen Mal verkauft hat? In Schwetzingen gibt Blunt seinen Zuhörern die Antwort in jedem Song, jeder Ansage, in jedem schiefen Grinsen. Es ist eine Mischung aus emotionaler Aufrichtigkeit und entwaffnender Selbstironie, die diesen Sänger so unverwechselbar macht.

Debütalbum „Back To Bedlam“ in Original-Reihenfolge

Er spielt sein erstes Album „Back to Bedlam“ (2004) in voller Länge und chronologisch – ein Konzept, das nur funktioniert, wenn die Songs tragen. Und sie tun es. „High“, der Opener, kommt getragen, melancholisch und mit zarter Kopfstimme daher, wie eine Einladung zum gemeinsamen, rauschhaften Schweben. Dann folgt direkt „You’re Beautiful“, sein Überhit, von Blunt selbst als Ballast und Befreiung gleichermaßen kommentiert: „Das ist mein Hit! Ab da ging’s bergab.“ Das Publikum johlt. Niemand nimmt ihm den Witz übel, weil jeder spürt, wie sehr er in diesen Song immer noch eintaucht, selbst wenn er ihn schon tausendmal gesungen hat.

Kokettetieren mit dem Klischee des One-Hit-Wonders

Der singende Entertainer kokettiert mit dem Klischee des One-Hit-Wonders und nimmt sein Publikum mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt. „Wisemen“ klingt rockig und bewegt mit feurigem Gitarrensolo, „Goodbye My Lover“ mit Blunt am Klavier sorgt als Trennungs-Hymne bei vielen für Gänsehaut.

James Blunt begeistert seine Fans im Schlossgarten. © Andreas Gieser

„Wir feiern auf dieser Tour den 20. Geburtstag von ,Back To Bedlam‘. Und wisst ihr, was das heißt? Ich bin alt, verdammt alt – aber das heißt auch: Einige von euch sind es auch“, ruft Blunt grinsend, und plötzlich ist dieser Abend keine nostalgische Rückschau, sondern ein generationenübergreifendes Gemeinschaftserlebnis. Da gibt es kein kitschiges Pathos, kein künstliches Drama – nur ehrliche Geschichten über Liebe, Schmerz, Exzesse und das ganz normale „Bedlam“ (deutsch: Chaos) des Lebens.

Bei „So Long, Jimmy“ tanzt ein rockiges Riff zwischen den Offbeats des Schlagzeugs, und eine röhrende Hammondorgel jagt dem Gitarrensolo hinterher. Zwischendurch erzählt Blunt skurrile Anekdoten, die irgendwo zwischen Stand-up-Comedy und Tagebuchbeichte liegen. „Meine Frau meinte, ich sollte die Geschichten hinter den Songs erzählen. Aber das ist eine schreckliche Idee – denn dann wisst ihr ja alle, wie komisch ich bin“, gibt er zu. Und trotzdem erzählt er dann die hoffentlich erfundene Story zum Song „Billy“. Es geht um Blunts nervigen Ex-Mitbewohner, dem er bei einem Kneipenabend eine neue Bleibe bei einem älteren Herrn mit „speziellen Erwartungen“ organisiert.

Das Publikum lacht Tränen und schüttelt irritiert den Kopf, bevor Blunt in die melancholische Hymne „No Bravery“ startet. Sie trägt den Blick dann in die Welt hinaus – und erzählt von den Schrecken des Krieges. Ursprünglich hat Blunt den Song über die Erlebnisse seines Kosovo-Einsatzes geschrieben. Doch leider sind die Textzeilen immer noch aktuell: „Im Nahen Osten und in der Ukraine sind die Bilder die gleichen“, sagt Blunt leise, und das Publikum wird still.

Nsach einem Moment der Schwere geht es sofort in leichtere Gefilde

Nach diesem Moment der Schwere lenkt er das Set in leichtere Gefilde: etwa mit „Postcards“, einem fröhlichen Popsong mit Offbeat-Piano und Ukulele, bei dem Arme durch die Luft schwenken. Bei „Coz I Luv You“, einem Cover der Band Slade, wirft sich Blunt, der britische Gentleman, in die Menge, lässt sich auf Händen tragen und kehrt dann grinsend auf die Bühne zurück. Das Publikum ist längst im Rausch, als „Stay The Night“ alle mitsingen lässt und das Robin-Schulz-Feature „OK“ im akustischen Gewand ohne EDM-Drop für wohlige Überraschung sorgt. Während „Same Mistake“ leuchten dann tausende Handy-Taschenlampen wie Glühwürmchen in der Dunkelheit.

Das Programm

Hauptteil:

1. High

2. You‘re Beautiful

3. Wisemen

4. Goodbye My Lover

5. Tears and Rain

6. Out of My Mind

7. So Long, Jimmy

8. Billy

9. Cry

10. No Bravery

11. Carry You Home

12. Postcards

13. Coz I Luv You (Slade Cover)

14. Stay the Night

15. OK (im Original feat. Robin Schulz)

16. Same Mistake

Zugabe:

17. Monsters

18. Bonfire Heart

19. 1973

Blunt kommentiert dann gewohnt ironisch: „Wir sollten dieses Konzert so beenden, wie die meisten James-Blunt-Konzerte anfangen – mit einem traurigen Song. Der ist für meinen Vater“, sagt er augenzwinkernd und spielt das herzzerreißende „Monsters“, eine intime, schmerzvolle Verabschiedung von seinem Vater. „Bonfire Heart“ reißt alle wieder mit, „1973“ schließt den Kreis mit einem treibendem Beat, klatschenden Händen und einem letzten kollektiven Höhepunkt.

Bildstarke Show für den Balladenschmied James Blunt bei Musik im Park. © Andreas Gieser

Blunt hält über den Abend hinweg stets die Balance zwischen Ehrlichkeit und Entertainment. Und das mit britischer Lässigkeit: „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich nicht zu einem James-Blunt-Konzert gehen – außer ich würde bezahlt“, sagt er und bringt damit genau das auf den Punkt, was seine Shows so besonders macht. Er selbst nimmt sein Publikum ernst, sich selbst hingegen nicht zu sehr.

Songs wie intime Tagebucheinträge

Und vielleicht liegt genau darin der Zauber: James Blunt schreibt Songs, die sich anfühlen wie intime Tagebucheinträge. Diese Songs singt er aber mit einem Augenzwinkern, mit Selbstironie und Witz. Und das bewahrt die Nummern davor, im Kitsch zu ertrinken. In Schwetzingen wird klar: Die Liebe zu James Blunt ist nicht nur musikalisch begründet – sie ist menschlich. Man muss diesen verrückten, emotionalen, kreativen Kerl einfach lieben.

Freier Autor Freier Mitarbeiter

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