Wer hier nicht begeistert ist, hat wohl ein Herz aus Stein. Unter einem liegen die Lagerhallen der Portweinkellereien von Vila Nova de Gaia, wo edle Tropfen oft jahrzehntelang in riesigen Fässern ruhen. Vor einem wölbt sich der Bogen der historischen Stahlbrücke Ponte Dom Luís I über den träge fließenden Douro. Auf der anderen Flussseite leuchten die kunterbunten Häuserfassaden des Ribeira-Viertels, der Altstadt von Porto. Am Abend, kurz vor Sonnenuntergang, ist die Aussicht vom ehemaligen Kloster Serra do Pilar am schönsten. Was für ein Blick!
Liebenswerte kleine Großstadt
Einst war die zweitgrößte Stadt Portugals so arm, dass man ihre Bewohner als Kuttelfresser verunglimpfte, weil sich die große Mehrheit der Bürger angeblich niemals ein Stück Filet leisten konnte. Inzwischen singt man mit lauter Stimme das Lied von der Auferstehung aus Ruinen. Die lebens- und liebenswerte kleine Großstadt hat sich in Schale geworfen und ist drauf und dran, der ewigen Rivalin Lissabon den Rang als Touristenattraktion abzulaufen. Der bunte Mix aus Geschichte, Weinkultur und kreativen Köpfen ist eben ziemlich einzigartig.
Für einen kurzen Ausflug das Douro-Tal hinauf könnte man per Regionalzug von Porto etwas den Fluss entlangfahren, zum mit blau-weißen Kacheln dekorierten Bahnhof von Pinhão. Doch entspannter (und komfortabler) lassen sich Stadt, Land und Fluss bei einer Kreuzfahrt erleben. Renato Braga heißt der Kapitän der „A-Rosa Alva“. Weil sein Schiff nur Platz bietet für knapp 120 Gäste, heißt er seine Passagiere persönlich willkommen. „Rhein und Seine sind im Vergleich zum Douro zahm“, erklärt der Mann, der auch jahrzehntelang zur See gefahren ist. „Der Douro hatte früher gewaltige Stromschnellen. Inzwischen gibt es Schleusen, doch der Fluss hat immer noch Temperament.“ Durch manch enge Schlucht passt die schmale „A-Rosa Alva“ gerade so durch, die Fahrrinne ist eng.
225 Stufen hoch
Früh am nächsten Morgen wird die „A-Rosa Alva“ losfahren - der erste Tag gehört also Porto. Das Programm für einen Kurzbesuch ist straff. Für einen Überblick geht es 225 Stufen hoch auf den Torre dos Clérigos. Dann steht ein Besuch im Arabischen Saal des Palácio da Bolsa an. Die Handelsvereinigung war in Porto so selbstbewusst, dass ihr Zuhause aussieht wie ein veritables Schloss. Für den kleinen Hunger lohnt ein Abstecher zum ehrwürdigen Mercado do Bolhão, in den Straßen der Umgebung gibt es viele Spezialitätenläden. Einzigartig ist, dass in Porto Menschen vor einer Bücherstube Schlange stehen: Die Livraria Lello gilt dank ihrer Einrichtung als die schönste Buchhandlung der Welt.
Portugal
Anreise Eurowings fliegt von Stuttgart nonstop nach Porto (www.eurowings.com).
Unterkunft Zentrale Lage und modernes Ambiente bietet das Hotel Moov Porto Centro, Doppelzimmer mit Frühstück ab 80 Euro, www.hotelmoov.com. Das Porto Bay Flores ist ein Fünf-Sterne-Hotel in einem Palast des 16. Jahrhunderts. Doppelzimmer mit Frühstück ab 150 Euro, www.portobay.com.
Fluss-Kreuzfahrt Sieben Nächte Kreuzfahrt auf dem Douro mit der 2019 in Dienst gestellten „A-Rosa Alva“ kosten ab 1629 Euro pro Person inklusive Flug, Transfers, Vollpension, Getränken, WLAN und Extras. Die Bordsprache ist Deutsch, das Ausflugspaket mit vier Touren kostet 164 Euro. Infos unter www.a-rosa.de. Weitere Anbieter sind z. B. Nicko Cruises, www.nicko-cruises.com, oder Lernidee Erlebnisreisen, www.lernidee.de
Aktivitäten In Vila Nova de Gaia liegt hinter den Portwein-Lagerhallen der Museumskomplex World of Wine, www.wow.pt. Ins Douro-Tal nach Pinhão geht es für eine Tagestour per Bahn, www.cp.pt. Touren mit traditionellen Rabelo-Booten kosten ab zehn Euro, www.ctdouro.com. Direkt am Ursprung kann man die Portweine der Quinta do Bomfim verkosten, www.symington.com.
Allgemeine Informationen Visit Porto, www.visitporto.com, Visit Portugal, www.visitportugal.com HB
Mitten in der Nacht werden dann von fleißigen Heinzelmännchen die Kulissen ausgetauscht. Wer nach dem Aufwachen aus dem Panoramafenster der Kabine schaut, sieht am Ufer nicht mehr Porto, sondern eine viele Hundert Meter hohe Schieferschlucht aufragen. Die Winzer haben die Hänge des Douro gezähmt und in eine anmutige Kulturlandschaft verwandelt. Der Oberlauf des Douro-Tals, wo der berühmte Portwein entsteht, ist das älteste klassifizierte Weinbaugebiet der Welt. Bereits im Jahr 1756 entstand das Regelwerk, in dem festgelegt wurde, aus welcher Region die Trauben stammen dürfen. Nach Lese und Pressung wird der Most zur Gärung angesetzt, allerdings dann mit Weinbrand gestoppt – das sorgt für einen hohen Alkohol- und Zuckergehalt und lange Lagerfähigkeit.
Nur eine Reihe Reben
Verkosten lässt sich Portwein am besten in Porto, weil man dort von Hersteller zu Hersteller schlendern kann. Doch bei der Flusskreuzfahrt reist man zur Quelle des edlen Getränks, durch das landschaftlich wohl schönste Weinanbaugebiet der Welt. Extreme Steillagen gibt es auch an der Mosel, doch hier erstrecken sich die Terrassen mit ihren Stützmauern aus Schiefersteinen Dutzende Kilometer auf beiden Seiten den Fluss entlang und hinauf bis in schwindelerregende Höhen.
Es ist ein Blätterwald in allen Schattierungen von vor Leben strotzendem Grün, in geometrischer Anmut parzelliert. Rechtecke, Parallelogramme, Trapeze, selten auch ein Quadrat: Nicht nur Geometrielehrer haben hier ihre Freude. Manche Anbauflächen sind so schmal, dass nur eine Reihe Reben dort Platz findet.
Klein, runzlig und voller Aroma
Im Frühling und im Herbst ist es hier mild. Aber eiskalte Winter und die Hitze des Sommers strapazieren die Rebstöcke - weswegen die Trauben zur Erntezeit dann zwar klein und runzlig sind, dafür aber auch voller besonderer Aromen. Von der Mündung gerechnet, ist der Douro auf 213 Kilometern schiffbar. Weiter flussaufwärts in Vega Terrón versperren Dämme den Weg. Dann heißt es für die „A-Rosa Alva“: umdrehen und zurück nach Porto fahren. Langweilig ist das nicht: Erstens sieht die Landschaft je nach Lichtstimmung ganz anders aus; außerdem gibt es da ja noch die Ausflüge zu den Highlights im Hinterland wie der Himmelstreppe von Lamego und dem historischen Dörfchen Castelo Rodrigo. Zurück auf dem Fluss zieht rechts und links wieder die wildschöne Landschaft vorbei. Entspannung pur! Nicht aber für den Kapitän: Der kommandiert die Gäste ab und an runter vom Sonnendeck in die Lounge. Denn manch alte Eisenbahnbrücke ist so niedrig, dass das Schiff gerade so darunter durchpasst .
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