Kochkurs in Jordanien: Angekokelte Auberginen

Gemeinsam kochen, zusammen essen – das ist für Maria Haddad die beste Art der kulturellen Verständigung. Deshalb organisiert sie in Amman Kochkurse für Touristen und unterstützt damit jordanische und geflüchtete Frauen

Von 
Susanne Hamann
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Maria Haddad hat 2010 im Haus ihrer Großmutter in Amman eine Kochschule namens Beit Sitti gegründet. © Susanne Hamann

Die Aubergine muss brennen. Amal Alganime dreht den Gasherd auf, die Flammen schlagen wild in die Höhe. Kurz bevor das Gemüse einem Brikett ähnelt, dreht sie das Feuer ab. Nach einer kurzen Abkühlphase dürfen die Kochschüler die schwarze Schale abpellen und das weich gebrutzelte Innere ganz fein schneiden.

Amal Alganime lässt nacharbeiten. Die gebürtige Irakerin ist eine von sieben Frauen, die in der Kochschule Beit Sitti in Jordaniens Hauptstadt Amman Kurse geben. Zu den Kunden zählen Touristen, aber auch Einheimische, die das Geheimnis einer guten Maqluba wissen wollen - ein Eintopf aus Reis, Huhn und Gemüse, kopfüber im Topf geschichtet, im Ofen gegart und dann gestürzt.

Kulturelle Begegnung auf beste Art

Die Gäste haben Schürzen umgebunden und schnippeln emsig. Die Aussicht auf ein leckeres Mahl treibt alle an. „Am liebsten haben wir eine gemischte Runde, damit sich Menschen verschiedener Herkunft kennenlernen“, sagt Maria Haddad. Die 37-Jährige hat die Kochschule 2010 mit ihrer Mutter und ihren Schwestern Dina und Tania gegründet. Gemeinsam kochen, zusammen essen – das ist für Maria die beste Art der kulturellen Begegnung: „Bei uns hat sich sogar ein Paar kennengelernt, das später geheiratet hat. Ist das nicht wundervoll?“

Reise-Tipps Jordanien

AnreiseFlüge nach Amman gibt es zum Beispiel mit Royal Jordanian, www.rj.com

Unterkunft: In der jordanischen Hauptstadt gibt es eine große Auswahl an Hotels mit internationalem Standard, etwa Four Seasons, Doppelzimmer ab 350 Euro, www.fourseasons.com/amman/

Hotel Amman Marriott im Stadtteil Ash Shumaysani, Doppelzimmer ab 128 Euro, www.marriott.de

Essen und Trinken: Die besten Falafel in Amman gibt es im Restaurant Hashem in der Altstadt. Zu den Stammgästen gehören auch König Abdullah II. und Königin Rania. https://hashemrestaurants.com/en

Aktivitäten: Ein Kochkurs in der Kochschule Beit Sitti kostet umgerechnet 50 Euro pro Person. Auf der Homepage finden sich viele Rezepte, https://beitsitti.com

Allgemeine Informationen: Jordanisches Fremdenverkehrsamt, www.visitjordan.com SUR

Der arabische Name Beit Sitti bedeutet „Großmutters Haus“. Das ist wörtlich zu nehmen. „Das Gebäude hat meiner Großmutter Vera Bisharat gehört. Als sie starb, haben wir beschlossen, ihr Andenken zu ehren und ihr Erbe zu bewahren“, sagt Maria. Das Haus im Stadtteil Jabal Al Weibdeh, eine der ältesten Gegenden im Meer der Häuserwürfel von Amman, strahlt etwas Heimeliges aus. Gerahmte Familienbilder hängen an der Wand, die Möbel sind antik, das Geschirr bunt zusammengewürfelt. Nur der dicke, orangefarbene Kühlschrank dürfte nicht aus Lebzeiten von Oma Vera stammen.

Kochschule auch soziales Projekt

Ein Bild zeigt die Verstorbene in jungen Jahren und man erkennt eine deutliche Ähnlichkeit mit der Enkelin. Die muss nun lauter sprechen, denn der Muezzin der nahen Al-Husseini-Moschee ruft zum Gebet. Maria erzählt von einer starken und resoluten Frau, die nicht nur sehr gut kochen konnte. „Oma war es wichtig, dass sich auch Frauen im Leben behaupten“, sagt die 37-Jährige. Daher ist die Kochschule auch ein soziales Projekt. Die Mitarbeiterinnen stammen nicht nur aus Jordanien, Maria beschäftigt auch Geflüchtete aus Syrien, dem Libanon oder dem Irak. Obwohl Jordanien für arabische Verhältnisse als weltoffen gilt, sieht es in Sachen Gleichberechtigung am Arbeitsplatz eher schlecht aus: Laut dem aktuellen „Global Gender Gap Report“, den das Weltwirtschaftsforum im Juli 2022 vorgestellt hat, belegt das haschemitische Königreich in Bezug auf die Erwerbsbeteiligung von Frauen den vorletzten Platz. Wegen der traditionellen Rollenverteilung müssen Frauen in Jordanien den gesamten Haushalt organisieren, auch wenn sie Vollzeit arbeiten. Viele bleiben dann lieber gleich daheim.

„Eine unserer Köchinnen unterstützt mit ihrem Verdienst ihre Tochter beim Studium, eine andere konnte sich dank dem eigenen Geld endlich von ihrem gewalttätigen Mann trennen. Wir versuchen möglichst vielen eine Chance zu geben, daher wechseln die Mitarbeiterinnen öfter mal“, sagt Maria Haddad.

Welt der Gewürze

Amal Alganime ist schon seit Jahren dabei und spricht sehr gut Englisch. Andere Köchinnen brauchen Unterstützung bei der Kommunikation. Maria Haddad übersetzt. Sie hat lange in London gelebt und spricht perfekt Englisch. Der Kurs ist zum Teil Koch-Show, zum Teil Mitmachtheater, und ein echtes Geschmackserlebnis.

Den säuerlichen Sumach, pinkfarbene wie gefriergetrocknete Rote Bete, streut Maria Haddad gerne über den Salat. Granatapfelsirup sorgt für die nötige Süße. Zaatar, eine Gewürzmischung aus getrocknetem Thymian, Sesamöl und Sumach, passt perfekt zu Avocado-Toast.

In Humus gehört die traditionelle Mischung aus Petersilie, Koriander, Chiliraspel, Kreuzkümmel, Korianderblättern und Zitronenmyrte. „Ob syrisch, libanesisch, irakisch, palästinensisch, jordanisch – da gibt es keine großen Unterschiede“, sagt Maria. „Nur ein echter Profi kennt die Feinheiten“, sagt sie. Tabouleh zum Beispiel, den erfrischenden Couscous-Salat mit viel Koriander, macht man in Jordanien ohne Gurke, im Libanon mit Gurke und in Syrien mit Gurke und zusätzlich mit Minze. Der Rest bleibt gleich.

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