Anlässlich der 77. Internationalen Filmfestspiele von Cannes (14. bis 25. Mai) präsentiert MUBI den gesamten Monat Filme, die auf dem renommierten Filmfestival an der Côte d’Azur zu sehen waren. Darunter „Blau ist eine warme Farbe“, der Gewinner der Goldenen Palme von Abdellatif Kechiche, der 2013 bei seiner Premiere für reichlich Kontroversen sorgte. Erzählt wird die Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen, eindringlich und freizügig gespielt von Léa Sedoux und Adèle Exarchopoulos. Um hautnahe zwischenmenschliche Beziehungen geht es auch in die „Früchte der Leidenschaft“ (1981), dem Kult-Erotikfilm von Shûji Terayama, der ums Sexualleben der Reichen im Shanghai der 1920er-Jahre kreist. In der Hauptrollen des Sir Stephen ist das 1991 verstorbene deutsche Enfant Terrible Klaus Kinski zu sehen.
Hochaktuell ist immer noch „Vom Gießen des Zitronenbaums“ (2019) von Elia Suleiman. Hier flieht der Regisseur, der in seinen Filmen stets mit von der Partie ist, aus Palästina und begibt sich auf die Suche nach einer anderen, besseren Heimat. Nur um festzustellen, dass er diese im Exil nicht findet. Eine leise, episodenhafte Tragikomödie ohne durchgehende Handlung, die pointierten Humor mit bitterer Zeitkritik paart. Ebenso ruhig und bedacht, melancholisch in der Grundstimmung ist „Fallende Blätter“ (2023) von Aki Kaurismäki, der in Cannes für seine Love Story zwischen einer Supermarktangestellten und einem Trinker den Preis der Jury entgegennehmen durfte. Die späte Erweiterung der „Proletarischen Trilogie“ (1986-1990) des finnischen Ausnahmekönners, ein „lakonisch-minimalistisches Meisterwerk als zeitloses Plädoyer für Zuneigung und Solidarität“ (Filmdienst).
Bei Apple TV+ trifft Hollywood-Revolution auf soziale Revolution in "The Big Cigar"
Politik und Hollywood gehören seit die Bilder laufen lernten zusammen. Man erinnere sich nur an Marlon Brando, der sich 1973 weigerte seinen Oscar für seine Nebenrolle als „Der Pate“ (auf Paramount+, Rakuten TV etc.) entgegenzunehmen. Zur Verleihung entsandte er stattdessen die indigene Schauspielerin und Aktivistin Sacheen Littlefeather, die in seinem Namen gegen die Unterdrückung der Indianer durch die US-Regierung protestierte.
DVD/Blu-ray- und VoD-Tipps für Mai
- Bob Marley: One Love (Paramount HE / VoD ab 13. Mai / DVD, Blu-ray & 4K UHD ab 29. Mai): Reinaldo Marcus Green zeichnet, unterstützt von Marleys Familie, das Musik-, Polit- und Liebesleben des früh verstorbenen Reggae-Stars, gespielt von Kingsley Ben-Adir, nach.
- Domina (Staffel 2 / polyband / DVD & digital / ab 31. Mai): Die Machtkämpfe im Römischen Reich gehen weiter. Antikenserie, erzählt aus der Sicht von Livia Drusilla (Kasia Smutniak), der dritten Ehefrau des römischen Kaisers Augustus.
- Die Nacht des Jägers (Capelight Pictures / DVD & 4K UHD Mediabook / ab 23 Mai): Vom deutschen Expressionismus beeinflusster, schweißtreibender Schwarzweiß-Thriller um einen psychopathischen Wanderprediger. Einzige Regiearbeit von Charles Laughton.
- The Old Oak (Wild Bunch / EST ab 2. Mai / TVoD ab 9. Mai) / DVD ab 10. Mai): Der Wirt einer englischen Bergbaugemeinde versucht sein Pub vor der Schließung zu retten. Drama über Verlust, Angst und Solidarität von Altmeister Ken Loach („Ich, Daniel Blake“).
- The Palace (Weltkino / DVD & digital / ab 31. Mai): Die High Society gibt sich in der Silvesternacht 1999 im Titel gebenden Schweizer Luxushotel ein Stelldichein. Mix aus Satire und Boulevardkomödie, inszeniert von Roman Polanski. geh
Die (fast) wahren Ereignisse, bei denen eine Hollywood-Revolution auf eine soziale Revolution trafen, zeichnet „The Big Cigar“ (ab 17. Mai auf Apple TV+), basierend auf dem Magazinartikel von Joshuah Bearman, bekannt als Autor von „Argo“ (auf Microsoft, Sky Store etc.), nach. Der von den Bundesbehörden gejagte Black-Panther-Gründer Huey Newton (André Holland) flieht mit Hilfe des Produzenten Bert Schneider (Alessandro Nivola), der New-Hollywood-Klassiker wie „Easy Rider“ (auf Prime Video, Google Play etc.) oder „Die letzte Vorstellung“ (auf Apple TV) finanziert hat, vor dem FBI nach Kuba. Mittels eines ausgeklügelten Plans, zu dem eine fingierte Filmproduktion gehörte. Eine gewagte Aktion - unter Beteiligung „radikaler“ Schauspielerinnen und Schauspieler wie Dennis Hopper (Chris Brochu) und Candice Bergen (Taylor Jackson) -, bei der alles schief ging, was dabei schiefgehen konnte.
Die Beatles im Fokus bei Disney+
Für alle Fans der „Fab Four“, entstanden 1970, ist „Let It Be“ (ab 8. Mai auf Disney+) von Regisseur Michael Lindsay-Hogg ein Muss. Einst eher negativ aufgenommen, erscheint die Dokumentation durch ihre Restaurierung und im Kontext zu den Enthüllungen in Peter Jacksons Serie „The Beatles: Get Back“ (auf Disney+) in neuem Licht. Die Herzlichkeit und Kameradschaft des legendären Quartetts um John Lennon und Paul McCartney steht im Zentrum des Dreiteilers, Höhepunkt ist das Spontankonzert auf dem Dach von Apple Corps, wo die „Pilzköpfe“ mit Billy Preston an den Keyboards ein letztes Mal live als Gruppe auftreten und unter anderem „Get Back“ und „Don’t Let Me Down“ zum Besten geben.
Gespannt darf man zudem bei Disney+ auf die deutsche Originalproduktion „Pauline“ (ab 22. Mai) sein. In der übernatürlichen Initiationsgeschichte wird die von Sira-Anna Faal, verkörperte Heroin von Lukas (Ludger Bökelmann), dem Sohn des Teufels, nach einem One-Night-Stand schwanger, entwickelt unkontrollierbare Superkräfte und gerät zwischen die Fronten von Engeln und Dämonen. Sechs Episoden umfasst die Mystery-Miniserie, die einen diversen Cast aus Nachwuchsschauspielerinn und -schauspielern und alten Bekannten unserer Film- und Fernsehlandschaft, darunter Andrea Sawatzki und Dimitrij Schaad, vor der Kamera vereint.
Netflix ist mit "Bridgerton" romantischen Gefühlen verpflichtet
Ganz romantischen Gefühlen verpflichtet, präsentiert sich dem Wonnemonat entsprechend Netflix. Mehr als zwei Jahre mussten die Adepten auf die Fortsetzung der Erfolgsserie „Bridgerton“ warten. Ab dem 16. Mai läuft die dritte Staffel - und dabei wird geklärt, wie es um die Zukunft für Colin Bridgerton (Luke Newton) und Penelope Featherington (Nicola Coughlan) bestellt ist. Hoch emotional geht es ebenfalls in Olivia Newmans, im Kino unter Wert geschlagenem Liebesdrama „Der Gesang der Flusskrebse“ - „mehr Schmalz als Spannung“ vermerkte ein Kritiker böse - zur Sache. Die junge Kya (Daisy Edgar Jones), genannt das „Marschmädchen“, wird verdächtigt, den umjubelten Quarterback Chase (Harris Dickinson), mit dem sie einst liiert war, ermordet zu haben. Ein atmosphärischer Thriller nach dem Roman von Delia Owens, angesiedelt in den Sümpfen North Carolinas.
Wem all das zu schwülstig ist, kann sich vom selben Anbieter die Nerven strapazieren lassen. Für Spannung sorgen - im Gefolge des Mega-Erfolges „Squid Game“ (auf Netflix) - die koreanische Mystery-Thriller-Serie „The 8 Show“ (ab 17. Mai), die tiefschwarze spanische Komödie „Der Kurier“ mit „Élite“-Star Arón Piper oder Rob Reiners fesselnder Adaption von Aaron Sorkins Theaterstück „Eine Frage der Ehre“ (ab 4. Mai) von 1992. Mit dem jungen Tom Cruise als smartem Militäranwalt und Jack Nicholson als Eisenbeißer-Offizier, der eine illegale Starfraktion angeordnet haben soll, bei dem ein Soldat ums Leben kam.
Die fünfte Staffel "Mord mit Aussicht" gibt es in der ARD-Mediathek
Mörderisch populär ist hierzulande die augenzwinkernde Kriminalserie „Mord mit Aussicht“. Seit dem 17. April ist die fünfte Staffel mit den ersten sieben Episoden in der ARD-Mediathek abrufbar, ab 30 Mai ist sie als DVD erhältlich. In den neuen Folgen schiebt Kommissarin Marie Gabler (Katharina Wackernagel) ihre Rückkehr nach Köln auf und widmet sich weiterhin mit ihren charmant-skurrilen Kollegen Heino Fuß (Sebastian Schwarz) und Jenny Dickel (Eva Bühnen) den lokalen Leichen im verschlafenen (fiktiven) Eifeldorf Hengarsch. Ein gewohnt unterhaltsamer „Schmunzelkrimi“ - wobei man der Originalbesetzung mit Caroline Peters, Meike Droste und Bjarne Mädel doch immer wieder nachtrauert.
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