Mannheim. Es war die wohl kreativste Zeit des deutschen Films, mehr „Weltgeltung“ besaß er nie. Es muss sich um die „Wilden Zwanziger“ des 20. Jahrhunderts handeln. Die besagte Kreativität traf allerdings auf eine Krisenhaftigkeit, für die der Filmhistoriker und Soziologe Siegfried Kracauer den einprägsamen Buchtitel „Von Caligari zu Hitler“ wählte. Unter dieser Überschrift läuft auch am Samstag, 28. September, 17 Uhr, der erste von sechs langen Abenden im Cinema Quadrat in Mannheim, der sich mit der „Neuen Sachlichkeit“ befassen wird. Die Generalthese bei Kracauer geht in die Richtung, dass damals die meisten Filme eine Art mentale Vorbereitung auf die Nazi-Zeit gewesen seien, „eine Volksstimmung“ bebildert hätten, wie es Peter Bär vom Cinema Quadrat umschreibt.
Schwerpunktregisseur: Georg Wilhelm Pabst
Und ein Jahrhundert später läuft die „Volksstimmung“ ja manchmal auch ein bisschen aus dem Ruder, ließe sich behaupten. Peter Bär deutet zwar solche Parallelen an, sagt aber auch, dass sie „so einfach nicht zu ziehen“ seien. Schwerpunktregisseur der Sonderreihe ist mit Georg Wilhelm Pabst ein Regisseur, der durch „Lichtspiel“, den erfolgreichen Roman von Daniel Kehlmann, frische Prominenz erhalten hat. Er ist der Hauptvertreter einer „Neuen Sachlichkeit“ in einem Kino, das zuvor nicht nur im „Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) hauptsächlich durch Dämonie geprägt war. In „Die freudlose Gasse“ machte er die junge Greta Garbo weltbekannt - und lenkte den Blick auf Elendsviertel. Auch wenn die im Atelier gebaut wurden. Pabst galt zunächst als „linker“ Regisseur, doch später diente er sich auch den Nazis an. Im Cinema Quadrat soll dieser Werdegang am 21. Dezember betrachtet werden.
Neues Frauenbild und Pionierinnen im Film
Das betreute Sehen steht auch sonst im Vordergrund, man wolle nicht bloß Filme zeigen, sondern „die Epoche auch mit Vorträgen beschildern“, hören wir. Natürlich darf das Thema Weiblichkeit nicht fehlen, denn neben „Neuer Sachlichkeit“ gab es in jener Zeit auch neue Frauen(-Bilder). Pionierinnen im Film und anderswo werden am 4. Januar im Fokus stehen, und am 1. Februar sogar der „Gender-Trouble“ in der Republik von Weimar. Was gewiss ein ahistorischer Begriff ist. „Trouble“ aber gab es wirklich.
Echt sind auch die Musiker, die an den allermeisten Abenden, den schon erwähnten „langen“ wie auch den sechs kürzeren mit Stummfilmaufführungen, live die Bilder kommentieren werden. Alle kommen, wie etwa Saxofonistin Alexandra Lehmler, aus der hiesigen Region.
Am 1. März soll dann die Finissage stattfinden: Peter Bär trifft auf Franziska Betz und wird sich mit der Nationaltheater-Dramaturgin über die „Dreigroschenoper“ unterhalten. Und über den Film zum Stück, der wiederum von Georg Wilhelm Pabst ist. 1931 wurde er gedreht. Auch Bertolt Brecht saß anfangs mit im Boot, er wollte alles noch politischer und auch den großen Börsen-Crash und die Weltwirtschaftskrise einbauen. Die Produzenten freilich wollten eher nicht, sie booteten den Dichter einfach aus. Brecht prozessierte. Doch das Recht war nur bedingt auf seiner Seite.
Programm der Sonderreihe unter www.cinema-quadrat.de
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