Eine Welturaufführung erlebten die Zuhörer beim 5. Sinfoniekonzert im Konzertsaal der Würzburger Hochschule für Musik. Das Philharmonische Orchester Würzburg unter der Leitung von Enrico Calesso spielte die 2. Sinfonie „La Petite de Vienne“ von Christoph Ehrenfellner, die der Wiener Komponist im Auftrag des Mainfranken Theaters komponierte.
Neugierig machte schon die Anmoderation durch den 1975 in Salzburg geborenen Geiger, Sänger, Dirigenten und Komponisten, der sich vor dem Konzert als „Klassiker in der Moderne“ vorstellte: „Ich bin als Komponist wie der Teufel – ich will ihre Seele. Mit dem Unterschied, dass ich sie ihnen anschließend angereichert wieder zurückgeben möchte.“
Zu hören war dann kein verkopfter Neutöner, der mit einer atonalen Mixtur von Genres und Stilen die Zuhörer überforderte. Mit der musikalischen Erzählstruktur der 2. Sinfonie war es für den Dirigenten und sein aufmerksames Orchester fast ein Kinderspiel, die Zuhörer bei ihren Hörgewohnheiten und Erwartungen abzuholen und in neue tonale Räume mitzunehmen. „La Petite de Vienne“ hat der Komponist humorvoll das dreisätzige Werk mit einer Aufführungsdauer von nur 25 Minuten genannt. Allein der vierte Satz in Bruckners 4. Sinfonie nahm nach der Pause so viel Zeit in Anspruch wie Ehrenfellners gesamte Komposition.
Gerne hätte man mehr gehört, erst recht von einem so formidablen Orchester wie die Würzburger Philharmoniker. Hör- und genießbar bewegte sich Ehrenfellner stilsicher in der Tradition der Wiener Klassik und erhob nicht den Anspruch, eine radikale Veränderung der musikalischen Sprache und Konventionen anzustreben. Mit seiner zweiten Sinfonie wird fulminant und mit geistreichen Einfällen an Beethoven, Mahler, Schubert und Brahms und nicht zuletzt an Schönberg angeknüpft, dessen Quarten-Thema aus der Kammersinfonie op. 9 Christoph Ehrenfellner variantenreich verarbeitete. Im Kleinen Haus im Mainfranken Theater soll im nächsten Jahr seine Oper „Karl und Anna“ nach einer Liebesgeschichte von Leonard Frank zur Uraufführung kommen.
Ehrenfellners Sinfonie wurde mit Enthusiasmus aufgenommen und das Klangerlebnis wirkte nach, als nach der Pause mit einem gewaltig vergrößerten Klangkörper Anton Bruckners 4. Sinfonie Es-Dur gespielt wurde; es ist die einzige, der Bruckner selbst ein Beiwort („Romantische“) verpasste. Mit dem ersten Satz fing er den Zauber und das Rauschen des Waldes nebst einem vogelrufartigen Motiv ein. Im zweiten Satz gefielen nicht nur die Trauermarsch-Rhythmen der Streicher, insbesondere der klagende c-Moll-Gesang der Celli.
Den dritten Satz prägten im romantischen Jagd-Scherzo die Bläser, während im letzten monumentalen Satz nach der Ruhe vor dem Sturm ein gewaltiges Beben die Waldidylle hinwegfegte. ferö
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