Mannheim. Das ist norwegische DNA, wie Hurtigruten oder Holmenkollen: klangschöner, kühl temperierter, sozusagen borealer Kammer-Jazz, der atmosphärisch dicht gestrickt ist, doch nur selten von urbaner Hektik aufgeschreckt wird. Die berühmte „nordische Ästhetik“ eben, die besonders wirkungsvoll vom Münchner Edelplattenlabel ECM verbreitet wird. Schon seit Jahrzehnten ist die Bassspielweise Arild Andersens (der noch in diesem Monat seinen 78. Geburtstag feiern kann) klangschön daran beteiligt. Seine neue Platte „Affirmation“ zeigt auf ihrem Cover einen Eispanzer mit tiefem Riss.
Allstar-Band vollzählig
Der Riss ist das Entscheidende, er prägt denn auch das Enjoy Jazz-Konzert der Arild Andersen Group im ausverkauften Mannheimer Ella & Louis. Der Bassist hat seine Allstar-Band vollzählig mitgebracht. Mit „nordischer Ästhetik“ werden die Besucherinnen und Besucher dabei durchaus auch umschmeichelt, sie vernehmen einige der schönsten, stimmigsten Balladen, die es in der letzten Zeit zu hören gab. Mit von dem Pianisten Helge Lien getupften Tönen wie aus frisch getautem Gletschereis. Mit einem Arild Andersen, der auch solistisch unverändert stark präsent ist. Mit dem Drummer Hakon Mjaset Johansen – der sich jedoch als kreativen Quertreiber versteht und auch mal einer nordischen Ballade auf den Winterpelz rückt. Sie gehörig durchschüttelt.
Unter den durchweg exzellenten Instrumentalisten eine Rangliste zu proklamieren, ist zwar fragwürdig. Doch Marius Neset muss man noch einmal hervorheben: Denn der „Wizard of Os“ (so heißt Nesets Geburtsort) sorgt auf seinem Saxofon für Grenzerfahrungen. Bricht immer wieder aus, wirkt manchmal faszinierend ungefiltert, triebgesteuert. Es ist ein begeisterndes, umjubeltes Konzert.
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