Ernährung

So ist es, eine Woche vegan zu leben - ein Selbstversuch

BAnane-Mitarbeiter Frederik hat sich sieben Tage lang ausschließlich vegan ernährt. Diese Erfahrungen hat er gemacht.

Von 
Frederik Koch
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So sieht Frederiks veganer Einkaufskorb aus – mit viel frischem Gemüse, Obst und einigen Fleischersatzprodukten. © Frederik Koch

Bergstraße. Montagmorgen. Ich stehe auf, öffne den Kühlschrank und mir fällt sofort auf: Viele meiner gewohnten Dinge fallen weg. Kein Joghurt, keine Milch, keine Butter. Stattdessen: Hafermilch, veganer Brotaufstrich und Obst.

Für sieben Tage will ich ausprobieren, wie es ist, vegan zu leben – ohne tierische Produkte, ohne Ausnahmen. Fleisch esse ich schon seit einiger Zeit nicht mehr, aber Milchprodukte und Eier gehörten bislang fest dazu. Eigentlich wollte ich dieses Experiment schon länger machen.

Aber ich wusste: Vegan leben erfordert viel Aufmerksamkeit und bewusste Planung – beim Einkaufen, beim Kochen, beim Essen mit anderen. Während des Abiturs hatte ich dafür nicht den Kopf frei. Jetzt habe ich die Zeit, mich wirklich damit auseinanderzusetzen.

Außerdem passt es: Der Sommer hat die Bergstraße erreicht und die Wochenmärkte in Bensheim und Heppenheim sind voll mit regionalem Angebot.

Tag 1: Der ungewohnte Start

Beim Frühstück fehlt mir der Kakao mit Kuhmilch. Stattdessen probiere ich Hafermilch, die für mich leicht wässrig schmeckt. Zum Mittag koche ich Nudeln mit Tomatensoße – einfach, sicher vegan. Fleisch zu ersetzen, fällt mir leicht, aber bei Milchprodukten merke ich sofort, wie oft ich sie eigentlich verwende.

Nachmittags gehe ich durch die Heppenheimer Innenstadt, hole mir ein frisches Baguette beim Bäcker. Aber selbst hier: Nicht jedes Brot ist automatisch vegan – manchmal steckt Milch oder Butter drin. Abends sitze ich mit knurrendem Magen am Tisch, weil ich vergessen habe, Ersatzprodukte einzukaufen. Der erste Tag zeigt: Vegan leben erfordert mehr Planung, als ich dachte.

Tag 2: Auf der Suche nach Alternativen

Im Supermarkt entdecke ich, wie groß die Auswahl inzwischen geworden ist. Viele Märkte wie Rewe oder Edeka haben mittlerweile ganze vegane Abteilungen – von Pflanzendrinks über Aufschnitte bis hin zu Fleischalternativen. Ich packe neugierig ein paar Sachen in den Einkaufskorb.

Mittags probiere ich einen veganen Aufschnitt – nicht schlecht, aber kein Vergleich zum Original. Am Abend treffe ich mich mit Freunden in Bensheim. Wir gehen ins Restaurant und ich bemerke schnell das nächste Problem: Die Auswahl ist kleiner. Während die anderen Pizzen mit Käse bestellen, entscheide ich mich für Pasta aglio e olio.

Überraschenderweise schmeckt es richtig gut, auch wenn der „Käsefaden-Moment“ fehlt. Auf dem Heimweg durch den Stadtpark denke ich: Es ist eigentlich kein Problem, mal auf Käse zu verzichten – aber es macht Essen gesellschaftlich komplizierter.

Tag 3: Neue Geschmackswelten

Heute kaufe ich mir mittags eine Bowl: Edamame, Radieschen, Algensalat, Rotkohl, Reis, Sesam und vegane Mayo. Eigentlich hätte als Topping noch knuspriger Tofu dazugehört, aber genau an diesem Tag war er ausverkauft. Auch ohne Tofu schmeckt die Bowl richtig frisch und bunt – ein Gericht, das ich sicher öfter machen werde.

Am Abend treffe ich mich mit einer Freundin am Marktplatz in Heppenheim. Sie bestellt als Dessert einen Milchreis, ich entscheide mich für ein Sorbet – komplett ohne Milchprodukte. In diesem Moment merke ich: Vegan leben ist nicht nur Verzicht, sondern auch Entdeckung.

Tag 4: Der soziale Test

Abends steht eine kleine Feier bei mir zu Hause an. Ich beschließe, veganen Kartoffelsalat beizusteuern – mit veganer Mayo. Die Reaktionen sind gemischt: Ein paar Freunde schmecken keinen Unterschied, andere ziehen das Original vor.

Beim Grillen fällt mir dann die größte Herausforderung auf: Bratwürste, Steaks, Grillkäse – alles tabu. Ich beiße in eine vegane Bratwurst. Sie schmeckt nicht schlecht, aber die Konsistenz ist anders. Es entwickeln sich viele Gespräche über vegane Ernährung. Genau diese Gespräche sind es, die mir zeigen, dass das Experiment etwas in Bewegung bringt – nicht nur bei mir.

Tag 5: Mehr Energie?

Ich wache ausgeschlafen auf. Ob es am veganen Essen liegt, weiß ich nicht, aber ich fühle mich tatsächlich leichter. Mittags mache ich mir ein Sandwich mit Avocado und Hummus. Ich bemerke, dass ich automatisch mehr frisches Gemüse und Hülsenfrüchte esse als sonst. Milchprodukte vermisse ich heute kaum.

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Am Nachmittag gehe ich durch die Weinberge oberhalb von Heppenheim. Ich packe mir ein paar vegane Snacks in den Rucksack – Nüsse, Trockenfrüchte. Eigentlich nichts Besonderes, aber ich merke, dass es Spaß macht, bewusster zu essen.

Tag 6: Der Blick auf Gewohnheiten

Mittags treffe ich einen Freund, wir laufen gemeinsam durch das Fürstenlager. Ich erzähle ihm von meinen Erfahrungen und er meint, dass er selbst so etwas nie schaffen würde. Aber gleichzeitig wird er neugierig und stellt Fragen. „Wie schwer ist das wirklich?“, „Was war die größte Überraschung?“. Ich erzähle ihm von meinen Erfahrungen. Es braucht Planung, Offenheit und Geduld.

Ich frage mich: Habe ich in sieben Tagen alles „perfekt“ gemacht? Sicher nicht. Aber ich habe gelernt: Vegan leben ist kein Verzicht, sondern eine andere Art zu essen – manchmal komplizierter, oft überraschend und in vielen Momenten bereichernd.

Ganz vegan werde ich wohl nicht bleiben. Aber mehr pflanzlich essen – das schon. Vielleicht probiere ich öfter neue Rezepte aus der veganen Abteilung im Supermarkt. Und vielleicht merke ich irgendwann: Die größte Veränderung beginnt nicht mit einem Verbot, sondern mit einem Versuch. Frederik Koch

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