Bergstraße. Anlässlich des internationalen Weltfrauentags (8. März) hat sich die BAnane Jugendredaktion mit den Themen Gleichberechtigung und Feminismus beschäftigt. Im Kreis Bergstraße gibt es das Büro für Frauen und Gleichstellung.
Aber was bedeuten Gleichstellung und Feminismus eigentlich? Und welche Aufgaben haben die Mitarbeiterinnen im Kreis Bergstraße? Nicole Schmitt und Alexandra Schmitt vom Büro für Frauen und Gleichstellung haben sich den Fragen der BAnane-Jugendredaktion gestellt.
Was ist Feminismus?
Aus unserer Sicht bedeutet Feminismus der Weg hin zu einer Zukunft mit gleichberechtigter Mitbestimmung und Entscheidungsfreiheit für alle. Feminismus ist kein reines „Frauenthema“, denn jede und jeder profitiert davon, wenn alle Stimmen einer Gesellschaft gehört und strukturelle Benachteiligung beseitigt sowie Chancengleichheit hergestellt werden können.
Denn neue Rollenbilder ermöglichen allen einen größeren Freiraum, das Leben so zu gestalten, wie jeder Mensch es sich für sich persönlich wünscht. Die Lehre des Feminismus setzt sich nicht nur für Frauen, sondern für Gleichberechtigung ein. Das bedeutet: Es geht nicht darum, die Macht der Männer gegen die Macht der Frauen auszutauschen, sondern um die gerechte Verteilung von Macht, Geld, Chancen und um Selbstbestimmung, unabhängig vom Geschlecht.
Ist Feminismus aktuell noch angebracht?
Die Debatten um Gleichstellung und Gleichberechtigung von Frauen heute sind sicher anders, als sie einmal gewesen sind. Es geht konkret um Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Kitaausbau, um die häusliche Pflege von Angehörigen, um das Thema, wie Frauen besser vor Gewalt geschützt werden können oder im Beruf gleichberechtigt sind.
Man kann ja nicht sagen, dass in den letzten Jahren frauenpolitisch nichts auf den Weg gebracht worden wäre, wie zum Beispiel das Führungspositionen-Gesetz, um den Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen deutlich zu erhöhen; die Einführung der Brückenteilzeit, die dazu führt, dass sich die Situation von Frauen bei Lohn und Rente verbessert und vieles mehr.
Dennoch muss nach wie vor unser politischer Auftrag sein, Frauenpolitik zu machen, denn in der Theorie sieht das Leben oft weitaus anders aus, als es in der Realität ist.
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Wir haben im zurückliegenden Jahr das Thema Frauen- und Altersarmut ins Visier genommen. Gerade hier sind große Probleme sichtbar. Frauen sind oft diejenigen Personen, die mit einem Großteil der Care-Arbeit betraut – oft auch alleine gelassen – werden, die den Mammutanteil der Kindeserziehung übernehmen oder sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern.
Im Umkehrschluss kehren sie oft nur in Teilzeit wieder ins Berufsleben zurück oder halten sich mit diversen Minijobs über Wasser. Jahrzehntelanges Arbeiten bedeutet hier nicht auch für jahrzehntelange Arbeit entlohnt zu werden. Das Thema Altersarmut hat hier vor allem ein weibliches Gesicht.
Anders herum müssen wir uns viel mehr die Frage stellen. Was wäre unsere Gesellschaft ohne Frauen? Welchen enormen Anteil tragen Frauen dazu bei, dass unsere Gesellschaft überhaupt lebensfähig ist? Denken Sie sich einmal all die Frauen in den Bereichen Erziehung, Pflege, Ehrenamt weg. Alleine diese Vorstellung macht deutlich, welche Rolle Frauen in unserer Gesellschaft spielen und wie unverzichtbar sie sind, um das gesellschaftliche Wohl aufrechterhalten zu können.
Letztendlich stehen wir nur dafür ein, was im Grundgesetz ohnehin schon verankert ist. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
Wofür ist das Frauenbüro zuständig?
Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte wirkt insbesondre darauf hin, dass der Verfassungsauftrag der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern nach Artikel drei des Grundgesetzes verwirklicht wird.
Gleichzeitig ist es eine eigene Stabsstelle in der Kreisverwaltung, die direkt dem Landrat zugeordnet ist. Es fördert und unterstützt die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen und ist Anlaufstelle für alle frauen- und familienpolitische Themen. Wir setzen uns für Chancengleichheit ein.
Wie sieht Ihre alltägliche Arbeit aus?
Für den internen Bereich nach dem HGlG (Hessische Gleichberechtigungsgesetz) sind wir Ansprechpersonen für alle Beschäftigte der Kreisverwaltung und der beiden Eigenbetriebe (über 1500 Beschäftigte). Wir unterstützen und beraten die Dienststelle bei der Umsetzung des Gesetzes und sind bei personellen, organisatorischen und sozialen Maßnahmen beteiligt. Somit haben wir täglich auch mit Personalangelegenheiten zu tun oder führen Beratungsgespräche durch. Grundsätzlich arbeiten wir an organisatorischen, strukturellen und personellen Entscheidungen im Haus mit.
Darüber hinaus arbeiten wir auch außerhalb des Landratsamtes an frauen- und familienpolitischen Themen mit. Wir sind in verschiedenen Arbeitskreisen tätig, wie zum Beispiel dem Arbeitskreis gegen häusliche Gewalt, Arbeitskreis gegen sexualisierte Gewalt, Netzwerk Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, Netzwerk Familienbewusste Behörden und organisieren Veranstaltungen zu Themen wie Altersarmut bei Frauen, Equal-Care-Day, Equal-Pay-Day, Internationaler Frauentag, Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen und mehr.
Welche Veränderungen würden Sie sich in unserer heutigen Gesellschaft wünschen?
Bezug nehmend auf unseren beruflichen Kontext würden wir uns wünschen, dass Themen, für die wir uns seit vielen Jahren und Jahrzehnten einsetzen, selbstverständlich und strukturell etabliert werden. Beispielsweise gleicher Lohn für gleiche Arbeit, fair verteilte Sorgearbeit, gleiche berufliche Chancen für alle Frauen und wenn wir in andere Länder schauen, gleiche Bildungschancen für Mädchen und Frauen.
Gleichzeitig wünschen wir uns, dass jedes Mädchen und jede Frau ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben führen kann. Gesehen auf unsere Kreisverwaltung können wir positiv berichten, dass bei uns die Führungspositionen überdurchschnittlich (51 Prozent) mit Frauen besetzt sind und auch die Bezahlung aufgrund der Tarifverträge keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern aufweist.
Ebenso ist Führung in Teilzeit und Jobsharing ein gelebtes Modell innerhalb unserer Verwaltung. Ansonsten steht ganz klar und ohne zu überlegen an erster Stelle das Thema Frieden. Antonia Ehnes
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