Freizeit

Wie lassen sich die Freibäder retten?

Sonne, Sommer, ab ins Freibad. Bald startet die Saison. Doch ihr Betrieb kostet die klammen Gemeinden und Städte viel Geld.

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Hanna Gersmann
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Wird der Schwimmbadbesuch bald zum Luxus? © picture alliance/dpa

Berlin. Das Freibad, es ist ein Versprechen von Glück. Am Beckenrand liegen, der Duft von Pommes, Chlor, Sonnencreme um einen herum. Bald geht es wieder los. Der Sommer kommt. Nur: Es bröckelt in vielen Freibädern, vielerorts müssen sie saniert werden. Das kostet. Zugleich steigen die Löhne für Personal und die Preise für Energie. Und nun? Welche Möglichkeiten haben Städte und Gemeinden?

Rund 2800 Freibäder in Deutschland

Einer Abkühlung steht eigentlich nichts entgegen. Das nächste Freibad ist in Deutschland mit dem Auto im Schnitt und ohne Stau in zehn Minuten zu erreichen, mit dem Rad in 26 Minuten. Das rechnet Geograf Stefan Neumeier vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen vor. Seine Kollegen und er gehen für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft der Frage nach, wie es sich in Deutschland lebt. Sie erstellen dazu Karten und veröffentlichen diese im Landatlas: karten.landatlas.de/. Neumeier sagt: „Für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, die ein Auto nutzen können, ist ein Freibad nicht weit entfernt. Auf dem Land sind die Wege dabei manchmal allerdings etwas länger als in der Stadt.“ Insgesamt gebe es bundesweit derzeit gut 2800 Bäder im Freien.

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Nur: Die wenigsten davon sind neu. Die gibt es auch. Das schon. Das Gros aber wurde schon in den 50er Jahren gebaut, spätestens in den 70ern. Sie sind in die Jahre gekommen. Der Investitionsbedarf sei entsprechend groß, sagt Marc Elxnat, der sich beim Deutschen Städte- und Gemeindebund um Sportstätten kümmert. Das gelte auch für Turnhallen, Fußballplätze, Eisstadien. Aber allein für die Sanierung der Schwimmbäder, also von Hallen- und Freibädern zusammen, seien in den nächsten Jahren fünf Milliarden Euro zu veranschlagen.

Kommunen kämpfen mit steigenden Kosten

„Bisher haben die Kommunen versucht, an ihren Freibädern festzuhalten, es wurden nur vereinzelt mal welche geschlossen“, meint Christian Raffer vom Deutschen Institut für Urbanistik. Im Auftrag der Deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau befragt er mit seinen Kollegen regelmäßig die Finanzverwaltungen von Städten, Landkreisen, Gemeinden, wo es eng wird. Schwimmbecken, Duschen und Toiletten, auch technische Anlagen in Freibädern bräuchten demnach vielerorts eine Überholung. In den nächsten Jahren droht so einigen das Aus, wenn sich nichts ändert. Das Freibad sei wie ein Hallenbad „ein teures Unterfangen“, sagt Raffer, und die Lage der Kommunen so angespannt wie kaum zuvor.

2024 erreichte ihr Finanzloch, meldete jüngst das Statistische Bundesamt, den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung: 24,8 Milliarden Euro. So viel haben die Kommunen mehr ausgegeben als eingenommen. Sie seien, erklärt Raffer, nicht verpflichtet, Sportmöglichkeiten anzubieten. Soll heißen: Städte und Gemeinden sparen womöglich zuerst an der Kultur. Schwimmen ist aber auch nicht sicher. Aber das Freibad schließen? Raffer sagt: „Zuvor gibt es andere Möglichkeiten, die Kosten zu mindern.“ Er nennt drei: Eintrittspreise erhöhen, Wasser nicht mehr heizen, Öffnungszeiten verkürzen.

Der Preis hängt immer auch davon ab, wo man wohnt. Das zeigt ein Vergleich von 106 Freibädern der 20 größten deutschen Städte, den das Reiseportal HolidayCheck im vergangenen Jahr gemacht hat: 2024 zahlten Erwachsene in Köln für den Besuch im Freibad zum Beispiel 6,30 Euro, in München 6 Euro, in Bielefeld 5,50 Euro. Im Ruhrgebiet war die Abkühlung indes günstiger: In Essen kostete sie einen Erwachsenen vier Euro. Wie teuer es in diesem Jahr werden kann, macht die Hauptstadt vor: Das Wasser in Berliner Freibädern soll in der kommenden Saison dort, wo sonst mit Öl und Gas geheizt wurde, zwar nur noch durch die Sonne erwärmt werden. Trotzdem wird es teurer: Ein Tag im Sommerbad Kreuzberg wird regulär 7 Euro kosten - 1,50 Euro mehr als bisher. Auch wenn es Rabatte gibt, der Besuch nicht in allen Bädern Berlins so viel kostet, geht er ins Geld, Pommes und Eis noch gar nicht einberechnet.

Finanzierung und Modernisierung der Freibäder im Fokus

Verkürzt wird die Freibadsaison zudem, sie endet Anfang September, im vergangenen Jahr blieb zumindest das Sommerbad Kreuzberg bis Ende Oktober offen. Erledigt ist die Finanzfrage damit allerdings noch nicht. „Auch mit einem Eintrittspreis von 7 Euro dürften sich die Kosten eines Freibads nicht decken lassen“, erklärt Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. „Freibäder bleiben ein Zuschussgeschäft. Die Betriebskosten sind immer von der Größe abhängig. Ein durchschnittlich großes Freibad muss aber in etwa mit 500.000 Euro pro Jahr rechnen.“ Elxnat weiter: „Wir müssen Bäder neu denken.“ So werde künftig kaum noch jede Kommune ihr eigenes Becken bauen, sondern es sich mit den umliegenden Gemeinden teilen.

Erst einmal aber geht es eher darum, die alten Frei- und Hallenbäder in Schuss zu halten. Liebhaber des Freibads dürften nun wie Elxnat nach Berlin schauen, wo daran gearbeitet wird, die nächste Bundesregierung zu bilden. Die Verhandler der neuen Koalition von CDU, CSU und SPD versprechen in ihren ersten Papieren: „Wir helfen Ländern, Kommunen und Vereinen nach Bedarf bei der Modernisierung und Sanierung von Sportstätten. Dafür stellen wir mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr zur Verfügung.“ Davon würden auch die Freibäder profitieren. Das sei auch nötig, meint Elxnat: „Menschen erholen sich dort, lernen schwimmen.“ Der Beckenrand – er soll ein sommerlicher Treffpunkt für alle bleiben.

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