Berlin. Weil Deutschland bei schnellem Internet im europäischen Vergleich zu langsam ist, hat der Bundestag gerade dem Glasfaserausbau per Gesetz überragende gesellschaftliche Bedeutung verliehen. In vielen Orten sind Mitarbeiter verschiedener Telekommunikationsfirmen unterwegs, um Anschlüsse ans schnelle Netz zu verkaufen. Lohnt sich das? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Welche Hauptanschlussarten für Internet gibt es in Deutschland?
Internet kommt meist über drei Kabelarten ins Haus: das Kupferkabel des Telefonnetzes, das Koaxialkabel des Kabelfernsehens oder Glasfaser. In Deutschland ist DSL (Digital Subscriber Line, etwa Digital-Abo-Anschluss) am meisten verbreitet, das das Telefonnetz nutzt. HFC (Hybrid Fiber Coax) kombiniert Glasfaser bis zum Haus mit Koaxialkabeln im Haus. Das Netz ist in Deutschland nicht flächendeckend verlegt. Glasfaseranschlüsse sollen die Zukunft sein.
Wie unterscheiden sich die Kabelarten?
Bei DSL läuft, sehr vereinfacht, Strom durch Kupferkabel. Die Technik stößt an Grenzen. Sie kann Daten bis zu 50 Mbit pro Sekunde transportieren. Im sehr guten deutschen DSL-Netz sind bis zu 250 Mbit möglich, meist in Städten, wo die Kabelstrecken von den Verteilkästen nicht zu lang sind. Bei Glasfaser läuft Licht durch die Leitungen. Sie liefert in Deutschland 1000 Mbit, teils sogar schon 2000 Mbit. Möglich sind bis zu 10.000 Mbit – alles mit demselben Kabel. Glasfaser ist zudem nicht so anfällig für Feuchtigkeit oder Störungen durch andere leitende Kabel wie Kupfer. Zudem ist die DSL-Technologie veraltet. HFC erreicht auch bis zu 1000 Mbit, ist allerdings nicht so stabil wie ein reiner Glasfaseranschluss.
Was bringt Glasfaser?
Im Wesentlichen bietet Glasfaser hohes Tempo. Das merkt, wer gerne Filme in hoher Auflösung übers Netz streamt. Nichts ruckelt. Zudem lassen sich mehr Daten als bei DSL durch die Leitungen schicken. Bereits heute hat jeder Haushalt im Schnitt 15 bis 20 Geräte im Netz: Mähroboter, automatische Staubsauger, die Waschmaschine, die per Smartphone gesteuert wird. Dazu Mobiltelefone, Fernseher, Computer. Und der Bedarf steigt: Onlinespiele mit realistischen Bildern brauchen mehr Daten, Filme, die in herausragender Qualität über das Netz angesehen werden, ebenfalls. Dann sind da auch Videokonferenzen aus dem heimischen Büro. Ein weiterer Grund, den die Netzausbaufirmen nennen: Der Wert einer Immobilie steigt, wenn sie technisch auf Zukunft ausgerichtet ist.
Was bedeutet die Gesetzesänderung?
Weil Glasfaser jetzt von überragendem öffentlichen Interesse ist, können Kommunen Ausbauanträgen schneller zustimmen. Die Hoffnung: Die Telekommunikationsunternehmen können schneller die Bagger anrücken lassen. Ende 2024 hatten laut Bundesnetzagentur rund 22 Millionen der 45,7 Millionen Haushalte in Deutschland im Prinzip Zugang zum Glasfasernetz. 2025 sollen es dem Telekommunikationsverband VATM zufolge 24,8 Millionen sein. Bis 2030 soll jeder Haushalt ans Glasfasernetz angeschlossen sein.
Warum dauert das alles so lange?
Das sehr gute DSL-Netz in Deutschland liefert dank technischer Tricks viel Datendurchsatz. Die Bundesbürger hatten bisher wenig Interesse, den Anschluss zu wechseln. Staaten wie Frankreich, Portugal, Schweden und Spanien setzten wegen ihres schlechteren Kupfernetzes viel eher auf Glasfaser. Dort wird zum Teil auch oberirdisch an Masten verlegt, was schneller geht.
Wer baut aus?
Rund 150 Firmen verlegen der Bundesnetzagentur zufolge Glasfaser in Deutschland. Die größte ist die Deutsche Telekom, vor der Deutschen Glasfaser, die sich vor allem auf ländlichen Raum und kleinere Städte konzentriert. Andere Firmen sind Deutsche Giganetz, GVG Glasfaser, Pyur oder Unsere Grüne Glasfaser. Dazu kommen viele regionale Anbieter wie Eurofiber mit Kabeln entlang des Fernwärmenetzes in Berlin.
Wie genau geht der Ausbau vor Ort vonstatten?
Die Glasfaserfirmen gehen großflächig vor, verlegen Leitungen in ganzen Stadtvierteln oder Dörfern. Die Telekom nutzt unter anderem die 330.000 grauen Verteilerkästen am Straßenrand, die schon mit Glasfaser verbunden sind. Sie legt dann nur noch die Anschlüsse vom Kasten durch die Straßen und in die Häuser. Andere Anbieter verlegen Leitungen komplett neu. Einfamilienhäuser werden direkt angeschlossen. Bei einem Mietshaus mit mehreren Einheiten sind noch Verteilleitungen im Haus vom zentralen Anschluss in die Wohnungen nötig. Genutzt werden dafür etwa bereits vorhandene Kabelschächte. Sollen die Glasfaserfirmen die Leitungen legen, muss der Eigentümer oder die Eigentümergemeinschaft zustimmen.
Was kostet das Ganze?
Den Ausbau finanzieren die Netz-Unternehmen, die hoffen, langfristig Geld zu verdienen – mit Endkunden und über die Vermietung ihrer Leitungen an Konkurrenten. Deshalb ist der Anschluss für die, die einen Glasfaservertrag unterzeichnen, meist kostenlos. Anders kann es aussehen, wenn sich jemand erst entscheidet, doch angeschlossen zu werden, wenn die Bautrupps schon durch sind. Dann kann es teuer werden. Die Telekom etwa berechnet den einzelnen Hausanschluss mit 799 Euro. Und es könnte dauern. Weil bundesweit sehr viele Leitungen verlegt werden, die Arbeiten eng getaktet sind und Baufirmen knapp, kann es schwierig werden, nachträglich schnell angeschlossen zu werden.
Wer bietet Glasfasertarife an?
Alle großen Telekommunikationsunternehmen haben Glasfasertarife mit unterschiedlichen Datenmengen. 300 Mbit pro Sekunde kosten in der Regel zwischen 40 und 50 Euro im Monat. So viel kann auch ein deutlich langsamerer DSL-Anschluss kosten. Dazu können noch Fernsehangebote oder vergünstigte Mobilfunktarife kommen. Preisvergleiche lohnen sich. Die Anbieter gewähren teils hohe Preisrabatte etwa in den ersten Monaten oder Boni für den Router. Denn für Glasfaser ist eine neue Box nötig, an die das Telefon angeschlossen ist und die drahtloses Internet (WLAN) im Haus oder der Wohnung bereitstellt.
Kann ich meinen bestehenden Telefon- und Internetvertrag mitnehmen?
Das kommt darauf an. Die Deutsche Telekom gilt immer noch als marktbeherrschendes Unternehmen und ist gesetzlich verpflichtet, ihr Netz der Konkurrenz zu öffnen. Wie auch im DSL-Netz muss sie Angebote der Wettbewerber zulassen. Wer vorher einen Vertrag etwa vom großen Konkurrenten 1&1 hatte, kann den in der Regel auch auf Glasfaser umstellen. Möglicherweise lässt sich ein Telekom-Vertrag aber nicht auf einen regionalen Glasfaseranbieter übertragen, weil der das nicht will oder die Telekom keine Netzmiete zahlen möchte.
Wo sehe ich, ob bei mir ein Glasfaseranschluss möglich ist?
Bei jedem Anbieter lässt sich online mit Angabe der Adresse sehen, ob ein Glasfaseranschluss möglich ist. Konkurrenz-Angebote werden aber nicht angezeigt. Vergleichsportale wie Check24 und Verivox haben einen breiteren Überblick. Grundsätzlich gilt: Dort, wo die Telekom eine Anschlussmöglichkeit bietet, lassen sich auch Verträge der Konkurrenten abschließen, vor allem von überregionalen großen Anbietern wie 1&1, Telefonica oder Vodafone.
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