Gesundheit

Was bringt die elektronische Patientenakte?

Arztpraxen führen die elektronische Patientenakte ein - zunächst in Testregionen, später bundesweit. Die Politik schwärmt, doch es gibt auch Sicherheitsbedenken.

Von 
Wolfgang Mulke
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Intensivmediziner warnen vor einem übereilten Widerspruch gegen die elektronische Patientenakte. © Rolf Vennenbernd/dpa

Berlin. Ab diesen Mittwoch wird die elektronischen Patientenakte (ePA) in einer vierwöchigen Pilotphase in Nordrhein-Westfalen, Franken (Bayern) und Hamburg im Praxisbetrieb erprobt. Nach dem Test wird mit bis zu 70 Millionen E-Akten in Deutschland gerechnet. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist die elektronische Patientenakte (ePA)?

Die ePA ist eine digitale Datei, auf der Ärzte wichtige Informationen über ihre Patienten eingeben müssen. Das ist ab dem 15. Januar verpflichtend. Dazu gehören zum Beispiel verordnete Medikamente, Befunde oder Arztbriefe. Auf diese Weise besteht stets eine Übersicht über die Medikation von Patienten. Zudem können Versicherte von ihrer Krankenkasse verlangen, schon auf Papier vorliegende Informationen zu digitalisieren. Auf längere Sicht sollen weitere Daten in der ePA angelegt werden, etwa Laborbefunde.

Ist die ePA freiwillig?

Zunächst wird die ePA zwar von den Krankenkassen für alle Versicherten eingerichtet. Doch darf der Nutzung jeder widersprechen. Das müssen die Versicherten ihrer Krankenkasse nur mitteilen. Es ist ebenso möglich, auch nach einer Zeit der Nutzung auszusteigen und die Daten im Ordner löschen zu lassen. Die ePA soll dauerhaft freiwillig bleiben.

Wie verläuft die Einführung?

Ab dem 15. Januar startet die ePA in drei Pilotregionen. In Hamburg, NRW und Franken wird dann die Zuverlässigkeit des Verfahrens kontrolliert. Anschließend wird die ePA für das gesamte Bundesgebiet freigegeben. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet damit frühestens Mitte Februar. Versicherte, die nicht in einer Pilotregion wohnen, können aber auch schon vorher Daten in ihre ePA einstellen lassen.

Wie erhalten Versicherte ihre digitale Patientenakte?

Sie wird automatisch eingerichtet. Um darauf zuzugreifen, laden sich Versicherte die ePA-App ihrer Krankenkasse herunter und legen dort einen Zugang an. Da es sich bei der ePA um sensible Daten handelt, ist die Sicherheitsüberprüfung bei der Einrichtung eines Zugangs streng. Benötigt wird entweder ein elektronischer Personalausweis nebst PIN oder die elektronische Gesundheitskarte mit PIN. Diese PIN können Versicherte bei ihrer Krankenkasse anfordern. In einer Filiale der Kasse reicht der Personalausweis. Ansonsten wird die Identität über das Postident-Verfahren verifiziert.

Haben Versicherte Einblick in ihre Daten?

Über die ePA-App ihrer Krankenkasse können Versicherte ihren Datenbestand jederzeit einsehen. Ärzte sehen die Daten, nachdem sie die Gesundheitskarte ihres Patienten in die EDV der Praxis eingelesen haben. Versicherte können auch selbst Daten in die Akte hochladen, zum Beispiel Impfungen und Patientenbriefe. Zudem können sie festlegen, wer außer ihnen die Daten einsehen darf. Im Sommer ist eine zusätzliche Erweiterung des Datenstamms geplant. Dann dürfen Patienten auch nicht-verschreibungspflichtige Arzneien in ihre Akte eintragen.

Warum wird die ePA eingeführt? Nutzt die digitale Akte den Patienten?

Künftig können Ärztinnen und Ärzte Behandlungen oder Medikationen sofort abrufen. Der Austausch von Daten in Papierform, zum Beispiel zwischen Krankenhäusern und Arztpraxen, ist nicht mehr nötig. Ärzte kennen so die aktuellen Diagnosen und können, so versprechen es Krankenkassen, schneller behandeln. „Sie können etwa Befunde in Ruhe durchgehen und beim nächsten Arzttermin gezielt Rückfragen stellen“, wirbt das Bundesgesundheitsministerium, „dadurch sind Sie in Zukunft noch besser über Ihre Gesundheit informiert“.

Wie steht es um die Datensicherheit?

Hier gehen die Meinungen auseinander. Das Bundesgesundheitsministerium versichert einen umfassenden Schutz der Daten. So werden die gespeicherten Informationen nur auf Servern in Deutschland gelagert und dort verschlüsselt abgelegt. Den Zugriff darauf erhalten nur die Versicherten selbst oder von ihnen freigegebene Vertreter und Ärzte. Die Krankenkassen dürfen nicht auf die Informationen zugreifen. Zweifel an der Datensicherheit hat kürzlich der Chaos Computer Club (CCC) geäußert.

Sicherheitsforscher haben demnach herausgefunden, dass sich gültige Praxisausweise sowie Gesundheitskarten mit wenig Aufwand beschaffen lassen und Kriminellen so den Zugang zu den Daten ermöglichen könnten. Laut Gesundheitsministerium ist dies nur ein „theoretisches Problem“. Dies werde bis zum bundesweiten Start gelöst sein. „Solange berechtigte Zweifel an der Sicherheit der ePA-Daten bestehen, darf es keinen bundesweiten Roll-Out geben“, fordert Thomas Moormann, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentralen.

Was sagen Ärzte dazu?

Die Vereinigung der Intensiv- und Notfallmediziner (DIVI) warnt vor einem übereilten Widerspruch gegen die Nutzung der ePA wegen des Datenschutzes. Das Risiko sei gering, betont DIVI-Generalsekretär Uwe Janssens. Die Menschen gäben im digitalen Alltag vom Online-Banking bis zu sozialen Medien viel mehr sensible Daten preis als bei der ePA. Gerade in Notfällen sehen die Mediziner einen hohen Nutzen der elektronischen Akte. Sie würde die Versorgung massiv verbessern, vereinfachen und sicherer machen, glaubt Janssens.

Korrespondent

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