Flugverkehr

Was bringt der CO2-Ausgleich bei der Lufthansa?

Die Lufthansa bietet neue grüne Tarife an: Klimaschützer sehen diese "Green Fares" allerdings mit gemischten Gefühlen

Von 
Sabine Rößing
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Damit Passagiere mit gutem Gewissen reisen können, spendet Lufthansa bei den neuen „Green Fares“ an Klimaschutzorganisationen. © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Frankfurt. Die Deutsche Lufthansa will es ihren Kunden leichter machen, möglichst klimaschonend zu fliegen. Seit diesem Frühjahr bietet die Lufthansa neue Flugtarife an, die einen Ausgleich der durch das Fliegen verursachten CO2-Emissionen herstellen sollen. Die „Green Fares“ gelten für die gesamte Lufthansa Gruppe, also unter anderem auch für Austrian- und Brussels Airlines oder SWISS und für Flüge innerhalb Europas, nach Marokko, Algerien und Tunesien. Buchbar sind sie sowohl in der Economy als auch in der Business Class.

Die Kompensation erfolge zu 20 Prozent über den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe, so genannter Sustainable Aviation Fuels (SAF), teilt die Lufthansa mit. Diese klimafreundlicheren Treibstoffe sind bislang aber nur in geringen Mengen verfügbar. Außerdem sind sie drei bis fünf Mal teurer als Kerosin.

Den überwiegenden Teil des versprochenen CO2-Ausgleichs stellt die Lufthansa über Spenden an Klimaschutzprojekte her. Unter anderem ist die Lufthansa Kundin der Organisation Atmosfair, die Lösungen anbietet für den Klimaausgleich von Treibhausgasen durch erneuerbare Energien. Firmenkunden stellt die Lufthansa Zertifikate aus, die die Unternehmen auf ihre eigenen Klimaschutzziele anrechnen können.

Das Prinzip, zur Beruhigung des grünen Gewissens einen Aufpreis auf die Fahrt- oder Flugkosten zu bezahlen, ist nicht neu. Bislang mussten Interessenten sich die Angebote aber selbst zusammensuchen und getrennt buchen. Deshalb stießen sie bislang auf geringes Interesse – nur ein Prozent der Lufthansa-Kunden nutzten sie nach Angaben des Unternehmens bislang.

Mangel an Transparenz

Die Lufthansa sei die erste Airline mit einem grünen Tarif, erklärt der Branchenexperte Heinrich Großbongardt. „Die Green Fares wurden bereits im vergangenen Jahr erfolgreich für Flüge ab Dänemark, Schweden und Norwegen getestet“, sagt Harry Hohmeister, Vorstand Globale Märkte und Netzmanagement der Lufthansa Gruppe. Dabei habe sich gezeigt, dass die Nachfrage nach nachhaltigeren Reiseangeboten steigt.

Kompensationsangebote werden inzwischen von Industrieunternehmen aller Branchen genutzt. Sogar Flixbus-Kunden können durch Zuzahlung den negativen Klimaeffekt ihrer Reise zu mindern suchen. Die auf der Fahrt entstehenden CO2-Emissionen würden kilometergenau berechnet, sagt Flixbus.

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Die Bandbreite der zum CO2-Ausgleich herangezogenen Projekte ist groß, von der Errichtung von Biogasanlagen über die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser in Afrika bis zu Aufforstungsmaßnahmen in Regenwäldern. Ihre Wirkung sei schwer messbar, kritisiert Branchenexperte Großbongardt. Zum Problem werde der Mangel an Transparenz: „Als Lufthansa-Kunde weiß ich nicht, wie viel von meinem Ticketpreis für den Klimaschutz aufgewendet und welche Projekte unterstützt werden. Das wird viele Menschen stören.“

Reines Gewissen gegen Geld? Kritik an Kompensationsangeboten

Klimaschützer betrachten das Geschehen mit gemischten Gefühlen. Sie kritisieren, dass Kompensationsangebote Menschen verleiten könnten, sich mit geringem Aufwand ein reines Gewissen zu erkaufen, ohne wirklich ihr Verhalten zu ändern. Eine sofortige Klimaneutralität gebe es nicht, sagt Großbongardt: „Das ist Augenwischerei.“ Finanztest hat im November die Kompensationsversprechen verschiedener Anbieter verglichen: Beim Fliegen zählten nicht nur die Menge des ausgestoßenen Treibhausgases, sondern unter anderem auch die Tatsache, dass der Ausstoß in großer Höhe erfolgt, bemerken die Autoren. Das Lufthansa-Programm zeige gute Ansätze, allerdings rechne die Airline den Treibhausgaseffekt zu klein: „Die kompensierte Menge müsste dreimal so hoch sein.“

Billig ist das klimabewusste Fliegen für die Kunden nicht: So verteuert sich ein Eco-Light-Ticket nach einer Beispielrechnung der Lufthansa von 129 auf 239 Euro im Tarif „Economy Green“. „Die Unternehmen müssen die Kosten weitergeben, sagt Großbongardt. „Am Ende landet die Rechnung beim Kunden.“ Immerhin bieten die grünen Tickets der Lufthansa neben ihrem Klimabeitrag auch weitere Vorteile wie die Möglichkeit einer kostenlosen Umbuchung.

Kunden müssen umdenken

Solange Klimaneutralität nicht allein durch technische Innovationen erreicht werden kann, seien kompensatorische Instrumente unverzichtbar, argumentieren die Airlines. Wesentlicher für eine tatsächlich ausgeglichene Klimabilanz sind aber wohl Instrumente, die direkt am Fluggeschehen ansetzen, wie die stärkere Nutzung von SAF, eine beschleunigte Flottenmodernisierung zur Reduzierung des Kerosinverbrauchs oder die Optimierung des Flugbetriebs. Aber auch die Kunden müssen umdenken. Klimasensibel Reisen wird noch eine Weile mit höheren Kosten verbunden sein: „Für 19 Euro“, sagt Großbongardt, „kann niemand klimaneutral nach Mallorca fliegen“.

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