Frankfurt. Eine private Zusatzrente gilt vielen als unverzichtbar, um den Lebensstandard im Alter halten. Zum Vermögensaufbau taugten sie aber nur bedingt, warnen Verbraucherschützer. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sorgt mehr als die Hälfte der Deutschen privat für das Alter vor. Die Stiftung Warentest hat 14 private Rentenversicherungen getestet. Das Fazit klingt ernüchternd: „Die garantierten Renten fallen äußerst mäßig aus“, urteilen die Tester. In einigen Fällen lägen sie sogar unter dem eingezahlten Betrag.
Untersucht wurden klassische und fondsgebundene Rentenversicherungen. Für ‚gut‘ wurden drei Produkte befunden, einmal gab es ‚befriedigend‘ und neunmal ‚ausreichend‘. Das Urteil ‚sehr gut‘ gab es gar nicht.
Anders als die Kosten sind die Renditen meist nicht vertraglich festgelegt
Ein Grund sind offenbar die hohen Abschluss- und Vertriebskosten, die den Vermögensaufbau besonders in den ersten Vertragsjahren belasten. Deshalb seien Kapital-Lebensversicherungen, private Rentenversicherungen, fondsgebundene Rentenversicherungen und Indexpolicen meist nicht zum Vermögensaufbau geeignet, befindet die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Anders als die Kosten seien die Renditen meist nicht vertraglich festgelegt. Und selbst, wenn doch, gibt es einen Haken: Schließlich werde der Garantiezins nur auf die Beiträge gewährt, die nach Abzug von Kosten und Risikovorsorge übrigbleiben, erläutert die Verbraucherzentrale.
In ihrer aktuellen Untersuchung legt die Stiftung Warentest einen Modellfall zu Grunde: Danach zahlt eine Kundin 30 Jahre lang 200 Euro monatlich in ihre Rentenversicherung ein. Zu Beginn der Rente komme sie auf 72.000 Euro, rechnen die Tester vor. Fünf Versicherer garantierten weniger als diese Summe als direkte Auszahlung, drei genau den vollen Betrag.
Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Rentenversicherungen, die sich in der Art der Auszahlung unterscheiden: Eine Rentenversicherung mit lebenslanger Rente oder eine mit einer einmaligen Auszahlung des angesparten Kapitals zum Renteneintritt. Nach Angaben der Stiftung Warentest bestand in allen 14 untersuchten Tarifen die Möglichkeit, sich zwischen einer lebenslangen monatlichen Rente oder einer einmaligen Kapitalzahlung zu entscheiden.
Letztere ist deutlich häufiger. Wer sich für eine lebenslange Rentenzahlung entscheidet, sollte von einer hohen Lebenserwartung ausgehen: „Für eine attraktive Rendite müssen Sie steinalt werden“, warnt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Für den Modellkunden aus dem aktuellen Rentenversicherungsvergleich der Stiftung Warentest wären es 90 Jahre – „selbst mit einem guten Tarif“.
Die Alternative zur klassischen Rentenversicherung für etwas risikobereitere Sparer sind fondsgebundene Rentenversicherungen. Hier werden die Beiträge während des Anlagezeitraums in Fondsanteile investiert. In der Ansparphase können Fonds innerhalb der Versicherung steuerfrei gewechselt werden. Allerdings gilt laut aktuellem Test auch hier: „Die Kosten sind zu hoch“.
Rentenversicherung
Was ist eine private Rentenversicherung? Diese Versicherung dient der Altersvorsorge.
Versicherte zahlen während ihres Berufslebens Beiträge ein und erhalten später eine regelmäßige Rentenzahlung.
Diese kommt entweder lebenslang oder für einen bestimmten Zeitraum. sar
Ein ETF-Sparplan sei zwar steuerpflichtig, aber am Ende häufig einfacher und günstiger, finden die Tester. Auch das Vergleichsportal Verivox warnt: Ein ETF-Sparplan könne über 30 Jahre ein deutlich höheres Vermögen aufbauen als eine teure Fondspolice. Laut aktueller Stiftung-Warentest-Analyse der Rentenversicherungen schwankten die Kosten im Test zwischen 0,38 Prozent und 1,35 Prozent der eingezahlten Beiträge.
„Schließen Sie Ihre Rentenversicherung als fondsgebundene Versicherung ab, tragen in der Regel Sie als der Versicherungsnehmer das Kapitalmarktrisiko“, mahnt die Banken- und Versicherungsaufsicht Bafin. Wer eine Lebens- oder Rentenversicherung vorzeitig kündigt, muss überdies wegen hoher Abschlusskosten und Stornoabschläge meist herbe Verluste hinnehmen. Bei Fondspolicen rechnet die Bafin aktuell damit, dass jedes Jahr über drei Prozent der Verträge vorzeitig beendet werden.
Verkauf völlig an den Bedürfnissen der Verbraucher vorbei
In diesem Zusammenhang kritisieren Verbraucherschützer die gängige Vertriebspraxis von Renten- und Lebensversicherungen. Versicherungsvermittler erhalten in der Regel eine Abschlussprovision, die sich nach der Beitragssumme der Versicherung richtet: „Unsere Erfahrung ist, dass Lebens- und Rentenversicherungen grundsätzlich völlig an den Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbei verkauft werden“, kritisiert Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Im Finanzvertrieb wird verkauft, was dem Vertrieb hohe Provisionen bringt“.
Selbst in unsicheren Zeiten mit Rücksetzern an der Börse führen Anleger oft besser als Rentensparer, urteilt Stiftung Warentest: Das Sparen mit Aktien-ETF oder einer Mischung aus Aktien und Anleihen-ETF sei eine sinnvollere Form der Altersvorsorge.
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