Gaspreise

Mieter sollen geschützt werden

Expertenkommission empfiehlt Hilfsfonds für Haushalte, die in Zahlungsverzug geraten

Von 
Theresa Münch, Martina Herzog
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Die Bundesregierung will noch in dieser Woche über die Gaspreisbremse und eine Einmalzahlung für Verbraucher im Dezember entscheiden. © Peter Kneffel/dpa

Berlin. Neben einer Einmalzahlung im Dezember und einer Gaspreisbremse ab März empfiehlt die Expertenkommission für Gas und Wärme der Bundesregierung auch einen vorübergehenden Kündigungsschutz für stark belastete Mieterinnen und Mieter. „Mindestens ein halbes Jahr Zeit muss den Mieterhaushalten gewährt werden, um ihre Energieschulden zu begleichen“, heißt es in dem 34-seitigen Papier, das die Vorsitzenden der Kommission am Montag an die Bundesregierung in Berlin übergaben. Auch zu Energiesparkampagnen und -beratungen sowie zur Unterstützung der Industrie machen die Fachleute neue Vorschläge. Was die Bundesregierung davon umsetzt, ist allerdings offen.

Was soll der Hilfsfonds für Mieter und Vermieter bringen?

Damit Vermieterinnen und Vermieter nicht auf den Kosten sitzen bleiben, wenn Mieter mit Zahlungen für ihren Energieverbrauch in Verzug geraten, sollen sie eine zinslose sogenannte Liquiditätshilfe bekommen. Das Geld soll aus einem für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 geplanten Sofort-Hilfsfonds kommen. Mit dessen Mitteln sollen auch Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen unterstützt werden, die die wachsenden Kosten nicht selbst tragen können. Relevant sollen hier das Einkommen und die Höhe der Energiekosten sein. Für soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime soll es einen eigenen Hilfsfonds geben.

Was wird aus der Einmalzahlung im Dezember?

Die Kommission schlägt vor, dass private Haushalte und kleine Firmen im Dezember eine Einmalzahlung bekommen – und zwar auf Basis der Abschlagszahlung aus September 2022. Das soll eine Art finanzielle Brücke sein. Wer mehr als 75 000 Euro im Jahr verdient, soll die Hilfe aber versteuern müssen. Das Wirtschaftsministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der noch in dieser Woche im Kabinett beschlossen werden soll und davon minimal abweicht: Der Staat soll grundsätzlich die Dezember-Abschlagszahlung übernehmen. Dafür gibt es eine Formel: Die Entlastung soll dem Produkt aus einem Zwölftel eines Jahresverbrauchs und dem für Dezember 2022 vereinbarten Preis entsprechen. Das soll gewährleisten, dass die teils erheblichen Preisanstiege zum Ende des Jahres berücksichtigt werden.

Und wie könnte die Gaspreisbremse funktionieren?

Hier gibt es noch keinen Entwurf der Bundesregierung, sondern nur den Vorschlag der Gaspreisbremsen-Kommission mit zwei Stufen: Ab dem 1. Januar könnte der Gaspreis bereits für große Industrieunternehmen gedrückt werden, das soll etwa 25 000 Firmen in Deutschland betreffen. Privathaushalte und kleine Unternehmen sollen in einem zweiten Schritt ab Frühjahr von gebremsten Preisen profitieren.

Nach den Vorstellungen der Kommission könnte der Gas-Beschaffungspreis großer Unternehmen für die ersten 70 Prozent des Verbrauchs auf sieben Cent je Kilowattstunde begrenzt werden. Die Firmen müssten die Teilnahme an dem Programm bei ihrem Versorger jedoch anmelden und öffentlich machen. Außerdem sollen sie garantieren, dass der Standort längerfristig erhalten bleibt. Privatleute könnten ein Grundkontingent an Gas für 12 Cent pro Kilowattstunde bekommen – verbrauchen sie mehr, würde es teurer.

Wann soll der Startpunkt der Preisbremse für Privatleute sein?

Vielen ist der von der Kommission vorgeschlagene 1. März zu spät, sie fordern eine Entlastung schon ab 1. Januar. Über diese Frage werde zwischen Kanzleramt, Wirtschafts- und Finanzministerium noch gesprochen, hieß es zuletzt aus der Bundesregierung. DGB-Chefin Yasmin Fahimi und auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält das nicht für nötig: Die Einmalzahlung habe auf die Monate Dezember, Januar und Februar gerechnet „die gleiche, jedenfalls ähnliche Wirkung“ wie die geplante spätere Gaspreisbremse, argumentieren beide. Sie sei deswegen nötig, weil die Versorger die Preisbremse nicht schneller umsetzen könnten.

Und wie sieht es mit der Preisbremse für Betriebe aus?

Die Dezember-Einmalzahlung werde nicht ausreichen, um energieintensive Handwerksbetriebe bis in den März zu tragen, befürchtet der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. Es brauche eine „Härtefallbrücke“.

Wie ist kurz vor dem Winter die Lage bei der Gasversorgung?

In den deutschen Gasspeichern lagert so viel Erdgas wie nie zuvor. Dies geht aus Daten der europäischen Gasspeicherbetreiber hervor. Demnach überschritt die gespeicherte Menge bereits am 24. Oktober mit 239,64 Terawattstunden den bisherigen Höchstwert vom 10. November 2019, als 239,62 Terawattstunden Energiegehalt registriert wurden. Mittlerweile ist der Wert auf 241,62 Terawattstunden gestiegen (vorläufiger Stand vom 29. Oktober). Zum Vergleich: Im Januar und Februar 2022 wurden in Deutschland insgesamt knapp 227 Terawattstunden Erdgas verbraucht. Die deutschen Speicher sind insgesamt zu 98,52 Prozent gefüllt. dpa

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