Mannheim. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hatte am Mittwoch ein ziemlich vollgepacktes Programm: Die baden-württembergische Wirtschaftsministerin besuchte im Rahmen ihrer Sommerreise die Rhein-Neckar-Region und war, wie sie sagte, „beeindruckt“. Die Themen: die Gesundheitswirtschaft und der Einsatz und die Nutzung der Künstlichen Intelligenz (KI).
In einem Hörsaal der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg sagte die CDU-Politikerin vor Forscherinnen und Forschern, dass diese beiden Themen immer mehr an Bedeutung gewinnen würden. „Rund jeder sechste Erwerbstätige im Land ist in der Gesundheitsindustrie tätig. Rund jeder achte Euro der Bruttowertschöpfung wird in diesem Bereich generiert“, fasste sie zusammen. „Wir brauchen gar nicht darüber zu diskutieren: Die Gesundheitswirtschaft und KI sind die großen Zukunftsthemen – und die großen Chancen – für das Land Baden-Württemberg.“
Cluster erhält Auszeichnung
Nach ihrer Auftaktrede ging es dann los: Forscherinnen und Forscher des Uniklinikums hielten Vorträge über modernste Verfahren der Bildgebung, wie KI-Algorithmen in der Medizin helfen können, die Diagnostik und die Therapie eines Krebspatienten zu individualisieren. Die Ministerin navigierte sich mit einer Maus durch eine dreidimensionale Aufnahme einer Prostata, die durchwuchert war mit bösartigen Tumoren.
Jan Stallkamp, Leiter der Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie (PAMB) des Fraunhofer-Instituts IPA, führte in einem kleinen Labor vor, wie KI dazu eingesetzt werden kann, Roboter zu automatisieren. „Vielleicht ist es in einigen Jahren möglich, dass ein medizinisches Gerät allein in der Lage ist, mit einem Nadelstich Gewebeproben zu entnehmen. Bis dahin müssen wir aber noch eine Menge an Daten gewinnen“, so Stallkamp. Es ist also alles auch ein bisschen Zukunftsmusik.
Bei ihrer Sommerreise übergab die Ministerin auch die Urkunde des Qualitätslabels „Cluster-Exzellenz Baden-Württemberg“ an die Clusterinitiative „Medizintechnologie in Mannheim“. Hoffmeister-Kraut: „Die Stadt Mannheim und die Region bilden europaweit einen Hotspot in der Medizintechnologie. Die Clusterinitiative gehört mit ihren rund 100 Mitgliedern zu den leistungsstärksten Clustern in Baden-Württemberg.“
Zu einem Programm der „Medizintechnologie Mannheim“ zählt der Bau des Mannheim Medical Technology Campus (MMT) zwischen Uniklinikum und dem Hauptfriedhof. Akteure aus Unternehmen, Klinik und Forschung sollen auf diesem Campus die Medizinprodukte der Zukunft entwickeln. Bis 2030, schätzt Elmar Bourdon, Fachbereichsleiter bei der städtischen Wirtschaftsförderung und Hauptverantwortlicher für das Areal, wird alles fertig. „Wir kommen aber schneller voran als gedacht und suchen jetzt nach einem Platz für ein neues Frauenhofer-Institut“, so Bourdon.
Bei Roche Diagnostics ging es schwerpunktmäßig um die Corona-Pandemie. Christian Paetzke, Geschäftsführer des Pharmaunternehmens, erklärte, dass die Politik Gesundheit nicht mehr als „Kostenblock“ ansehe, sondern als Investment in eine funktionierende Gesellschaft. „Bei einer zweiten Welle wird es darauf ankommen, so schnell wie möglich auf einzelne Ausbrüche zu reagieren“, sagte Paetzke.
Auf ihrer letzten Station in Heidelberg besuchte die Ministerin den Biotechnologie-Cluster Rhein-Neckar (BioRN) im Business Development Center. Julian Specht, Mitgründer des Start-ups „Living Brain“, erklärte, wie eine Virtuelle-Realität-Brille beispielsweise einem Schlaganfall-Patienten helfen kann, sich kognitiv zu rehabilitieren.
China die Stirn bieten
„Die Rhein-Neckar-Region ist ganz stark aufgestellt. Sie verfügt über den klinischen und wissenschaftlichen Bereich, die anwendungsorientierte Forschung und ist angebunden an die Wirtschaft“, lobte Hoffmeister-Kraut. Nun gelte es, das Wissen in marktreife Produkte zu überführen und diese auch in Baden-Württemberg herzustellen. Da ist die Ministerin optimistisch: „Wir haben im Land eine exzellente Forschung und auch die nötigen Schlüsseltechnologien. Nun kommt es darauf an, den Standort zu festigen und auszubauen. Den großen Techunternehmen in China oder den USA werden wir schon die Stirn bieten.“
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