Berlin. Beim Ausbau der Glasfasernetze lag Deutschland im internationalen Vergleich jahrelang abgeschlagen auf hinteren Plätzen. Doch seit gut einem Jahr ist auch hierzulande Bewegung beim Glasfaser-Ausbau zu beobachten. So treibt die Telekom den Ausbau ihres Festnetz-Angebots mit Glasfaser-Leitungen stark voran. Allein dieses Jahr werde eine Zahl von drei Millionen anschlussfähigen Haushalten angepeilt, sagte Konzernchef Tim Höttges im Februar. Es steht aber der Vorwurf im Raum, die Telekom plane oder baue Leitungen, obwohl ihr der Zugang zu Leitungen der Konkurrenz zur Verfügung stünde.
Die Telekom-Konkurrenten haben sich nun über Branchenverbände in einem Brandbrief an Digitalminister Volker Wissing (FDP) gewandt und vor den Folgen eines unkoordinierten Glasfaserausbaus gewarnt. In dem Schreiben werfen die Breitband-Verbände Anga, Breko, Buglas und VATM sowie der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) der Telekom vor, durch „strategische Manöver“ den Glasfaserausbau auszubremsen und damit die Breitband-Ausbauziele der Bundesregierung zu gefährden.
Die Verbände monieren, die Telekom mache vorhandenen Glasfasernetzen von Wettbewerbsunternehmen mit eigenen Leitungen Konkurrenz oder verunsichere mit vagen Ausbauankündigungen Anwohner. Betroffen vom Vorgehen der Telekom seien auch Netze von Telekom-Konkurrenten, die seit geraumer Zeit in Planung seien. Mit dem Vorgehen zerstöre die Telekom Geschäftspläne der ausbauenden Unternehmen und vereitele deren Ausbauaktivitäten, heißt es in dem Brief. „Zurück bleiben Kommunen, die am Ende oft nur teilweise von der Telekom ausgebaut werden, und Bürgerinnen und Bürger ohne Glasfaseranschluss“. Dies betreffe nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen mehr als die Hälfte der Postleitzahlen-Regionen Deutschlands.
Telekom-Manager Thilo Höllen, für die Breitbandkooperationen des Konzerns zuständig, weist diese Vorwürfe stets zurück. Der so genannte Überbau mache nur einen Bruchteil des Netzausbaus in Deutschland aus, schrieb Höllen in einem Gastbeitrag des Branchendienstes „Tagesspiegel Background“.
Die Telekom-Wettbewerber beklagen sich über ein unfaires Agieren eines marktbeherrschenden Unternehmens. Durch Ankündigung oder den tatsächlichen punktuellen Ausbau nur in besonders lukrativen Gebieten würden Investitions- und Ausbaupläne von Wettbewerbern für die Versorgung ganzer Kommunen im Rahmen einer Mischkalkulation unrentabel. Sie fordern die Bundesregierung als Großaktionärin der Deutschen Telekom auf, ihren 30-prozentigen Anteil in die Waagschale zu legen und das Telekom-Management zum Kurswechsel beim Glasfaser-Überbau zu bewegen.
Die Gelegenheit dazu wird sich bald ergeben: Das Digitalministerium hat nach Angaben eines Sprechers das Beratungsunternehmen WIK-Consult aus Bad Honnef beauftragt, den umstrittenen Doppelbau unter die Lupe zu nehmen. Die Ergebnisse würden voraussichtlich Mitte Mai vorliegen und mit den Beteiligten besprochen werden. dpa
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