Ratgeber Geld

Für wen sich ein kostenloses Girokonto lohnt – und für wen nicht

Banken werben wieder verstärkt um Privatkunden. Kostenlos bedeutet dabei nicht immer, dass Kunden nichts bezahlen müssen. Worauf man beim Kontowechsel achten sollte.

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Sabine Rößing
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Verbraucherschützer empfehlen, beim Kontowechsel auf versteckte Kosten zu achten. © picture alliance / dpa

Frankfurt. Lange Zeit vernachlässigt, stehen die Inhaber von Girokonten bei ihren Banken heute wieder höher im Kurs. Vor allem, wer bereit ist, zu wechseln und keine Betreuung durch eine Filiale braucht, kann auf gute Konditionen hoffen. Nicht jedes als kostenlos ausgelobte Angebot ist jedoch auch frei von Kosten.

Die Postbank geht aktuell mit einem gebührenfreien Girokonto für die Online-Kundschaft in die Offensive. Die deutsche Tochter der niederländischen Großbank ING offeriert ein kostenloses Gehaltskonto plus gratis Visa-Card. Wer einen neuen Nutzer wirbt, erhält eine Prämie von 50 Euro. Für jede erfolgreiche Weiterempfehlung eines Girokontos spendiert die Sparda-Bank Baden-Württemberg eine Werbeprämie von 25 Euro. „Viele Banken sind aktuell auf der Suche nach Neukunden und loben daher Startguthaben aus, um Interessenten zu deinem Girokonto-Wechsel zu bewegen“, sagt Tim Koniarski von der Vergleichsplattform Check24.

Offerten sind oft an Bedingungen geknüpft

Der Wettbewerb um die lange Zeit vernachlässigten Privatkunden hat in den vergangenen zwei Jahren zugenommen. „Mit dem Ende der Nullzinsphase sind Girokonten für Banken wieder attraktiver geworden, weil sie mit den Guthaben ihrer Kunden mehr Zinsen einnehmen“, erklärt Rudolf Krux von der Verbraucherplattform Biallo. Das gilt allerdings nur, wenn die Kunden das Konto auch nutzen und entsprechend hohe Beträge darauf liegen haben. Deshalb werden die Offerten oft an Bedingungen geknüpft, etwa einen regelmäßigen Geldeingang.

Andere Girokonten sind kostenlos, weil sie sich an eine bestimmte Zielgruppe richten, oftmals Studenten, Schüler oder Auszubildende. Oder sie werden in Verbindung mit rentablen Anlageprodukten angeboten. Der aktuelle Biallo-Vergleich listet 36 Girokonten auf, bei denen deutsche Banken, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken generell oder unter gewissen Bedingungen auf eine monatliche Grundgebühr verzichten. Das Problem: Nicht jedes Konto, das als kostenlos beworben wird, ist auch tatsächlich frei von Kosten. „Konditionen der Kontomodelle werden nicht nur verbessert“, warnt Koniarski von Check24.

„Kunden, die nicht in das Raster passen, haben dieses Jahr auch schon Preiserhöhungen gesehen“

So habe die Commerzbank erst unlängst angekündigt, Kontogebühren einzuführen, sofern die Kontoinhaber keine Einlagen von mindestens 50.000 Euro vorweisen können. Bislang war das Basis-Konto der Commerzbank bei einem Geldeingang ab 700 Euro im Monat kostenfrei. Das gilt künftig nur noch für Konten der Online-Tochter Comdirect. Auch die ING macht einen regelmäßigen Geldeingang von 1.000 EUR zur Bedingung. „Insofern liegt ein differenziertes Bild vor“, sagt Koniarski. „Kunden, die nicht in das Raster passen, haben dieses Jahr auch schon Preiserhöhungen gesehen“, registriert Biallo.

Beispiel Postbank: Dort kostete das günstige, für alle Kunden verfügbare Konto Anfang des Jahres regulär noch 1,90 Euro im Monat. Jetzt sind es 5,90 Euro, falls weniger als 900 Euro eingehen. „Wir sehen also einerseits neue kostenlose Girokonten, andererseits strengere Bedingungen für diese Gebührenfreiheit.“ Verbraucherschützer empfehlen beim Kontowechsel ohnehin, auf versteckte Kosten zu achten: Gebühren für Überweisungen, Geldabhebungen oder Zusatzkosten für Kreditkarten. Auch die Bedingungen, die an Wechselprämien geknüpft sind, sollten sich die potenziellen Neukunden gut durchlesen. „Ein Girokonto mit Prämie mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, doch hohe Gebühren können die Vorteile der Prämie schnell zunichtemachen“, warnen die Verbraucherzentralen.

Die Zeit der besonders guten Angebote geht langsam zu Ende

Für die Wahl des Kreditinstitutes sollten Interessenten nicht nur die Konditionen für die Kontoführung selbst beachten. Wem eine Betreuung durch einen Mitarbeiter vor Ort wichtig ist, muss bedenken, dass Direktbanken in der Regel keine Geschäftsstellen unterhalten. Alle Geschäfte müssen via Telefon, Fax oder Computer erledigt werden. Die Wahl des Girokontos hänge sehr stark von den persönlichen Präferenzen ab, mahnt auch Check24. Wer keinen Wert auf eine Filialbankbetreuung legt, könne sehr wahrscheinlich auf Kontoführungsgebühren verzichten. „Auch das Geldabheben und Bezahlen sollte dann weltweit kostenlos möglich sein.“

Wichtig auch: Die Zeit der besonders guten Angebote geht langsam zu Ende. Bislang haben viele Kreditinstitute nach Analyse des Vergleichsportals Verivox die Zinssenkungen der EZB aus Wettbewerbsgründen relativ moderat an ihre Sparer mit Tagesgeldkonten weitergegeben. Doch bereits im Februar habe sich das Bild gedreht: „Die Banken geraten zunehmend unter Margen-Druck“, registriert Verivox.

Bei niedrigeren Zinsen wird das Vorhalten von Girokonten wieder teurer. Banken suchen nach anderen Möglichkeiten, ihre Kosten zu decken. Sie können versuchen, ihre Kunden zur Nutzung lukrativerer Produkte wie Depots zu animieren. Sie können die Gebühren erhöhen, oder das Angebot an Filialen oder Geldautomaten reduzieren. Trotz der aktuell wieder sinkenden Zinsen verdienten die Institute mit den Kundeneinlagen weiterhin Geld, sagt Koniarski. „Insofern gehe ich auch für 2025 davon aus, dass die Banken versuchen werden, Neukunden für sich zu gewinnen.“

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