Kryptowährung

Der Bitcoin ist raus aus der Nische - was das für Anleger bedeutet

Der Bitcoin hat erstmals den Kurs von 80 000 Dollar überschritten und arbeitet sich immer mehr in die konventionellen Finanzmärkte hinein

Von 
Hannes Koch
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Auch der Wahlsieg von Donald Trump in den USA hat den Bitcoin-Kurs enorm beflügelt. © Fernando Gutierrez-Juarez/dpa

Berlin. Die Kryptowährung Bitcoin setzt ihren Höhenflug in dieser Woche fort. Kürzlich war der Kurs erstmals über 80 000 Dollar pro Einheit gestiegen, was knapp 75 000 Euro entspricht. Welche Gründe hat die Rallye, und welche Rolle spielen digitale Anlageprodukte mittlerweile? Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was hat den jüngsten Kurssprung ausgelöst?

Ein starker Kurssprung fand bereits am Mittwoch, 6. November, statt. An diesem Tag wurde klar, dass Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA gewonnen hatte. In den Wochen zuvor warb der Kandidat um die Stimmen von Anlegern und Firmen der Kryptobranche, indem er ihnen Erleichterungen für die Genehmigung neuer Finanzprodukte auf der Basis von Kryptowährungen versprach. Deswegen hoffen Investoren auf künftige Gewinne und sind bereit, einen höheren Preis für Bitcoins zu zahlen.

Was genau sind Kryptowährungen?

Bitcoin, Ethereum, Tether und andere sind private Währungen, deren Wert nicht durch staatliche Notenbanken abgesichert wird. Privatleute und Firmen erzeugen sie in leistungsstarken Computern. Die Buchungsvorgänge werden nicht nur in wenigen Rechenzentren beispielsweise von Banken dokumentiert, sondern dezentral auf Millionen Computern weltweit. Das gleichzeitige Ablegen in vielen Speichern gilt als Weg, die Buchungen automatisiert vergleichbar und fälschungssicher zu machen. Die Befürworter treibt unter anderem die Hoffnung, Geld zu schaffen, das nicht von Staaten kontrolliert wird. Ein Vorteil soll darin bestehen, Geldentwertung zu verhindern. Deshalb existiert beim Bitcoin die Obergrenze von 21 Millionen Einheiten – mehr soll es niemals geben.

Wie verlässlich ist die Kursentwicklung?

Der Kurs des Bitcoin schwankt extrem. Beispielsweise stieg der Wert einer Einheit zwischen 2020 und 2021 um mehrere hundert Prozent, von rund 10 000 auf fast 60 000 Euro. Den größten Teil des Gewinns büßte die Kryptowährung bis Ende 2022 aber auch wieder ein. Die angebliche Sicherung gegen einen Kaufkraftverlust funktioniert in solchen Schwächephasen nicht. Anschließend ging es in mehreren Etappen mit dem Kurs steil auf und ab, bis der aktuelle Rekord erreicht war.

Welche Rolle spielt das Computergeld heute?

Der Wert aller 20 Millionen ausgegebenen Bitcoin beträgt augenblicklich in der Summe etwa 1,5 Billionen Euro (1500 Milliarden Euro). Das ist etwas weniger als der Börsenwert aller 40 im Deutschen Aktienindex Dax gelisteten Unternehmen, von SAP über Siemens bis zu Porsche und Zalando. Es handelt sich also um erhebliche Größenordnungen, zu denen man Bitcoin-Derivate – abgeleitete Finanzprodukte auf die Kryptowährung – noch hinzurechnen muss.

Andererseits spielen Investitionen in Kryptowährungen eine geringe Rolle im Vergleich zu den hunderten Billionen Euro, die weltweit in Aktien, Anleihen und anderen Anlageprodukten stecken. Aber Bitcoin und Co. werden wichtiger. „Bei den unter 35-Jährigen finden sich in Deutschland 1,8 Millionen Kryptobesitzer im Vergleich zu 300 000 Anleihe- und 2,8 Millionen Aktienbesitzern in dieser Altersklasse“, schreiben Markus und Vera Demary vom Institut der deutschen Wirtschaft in ihrem aktuellen Papier „Krypto-Regulierung in der EU“. Anlegerinnen und Anlegern, die über 50 Jahre alt sind, investieren dagegen kaum in Krypto-Produkte. „Bitcoin hat die Nische verlassen und ist im Mainstream angekommen – mindestens bei der jüngeren Generation“, sagt Markus Demary.

Warum hat sich der Bitcoin noch als Anlageform etabliert?

Zu Beginn dieses Jahres ließ die US-Börsenaufsicht SEC erstmals den Börsenhandel mit ETFs zu, die auf Bitcoin basieren. So dringt die Kryptowährung nun in die traditionellen Finanzmärkte vor. Ähnliches ist in Europa zu beobachten. Hier arbeitet die EU daran, das neue Computergeld in die Regulierung des Finanzmarktes zu integrieren, also ähnlich zu behandeln wie konventionelle Produkte. Das EU-Regelwerk erfasst bereits bestimmte Dienste wie Kryptobörsen, die etwa Bitcoin in Euro tauschen. Diese Firmen müssen deshalb bestimmte Maßnahmen zum Schutz der Anleger ergreifen.

Und wie sieht es mit dem Risiko für Anleger aus?

Kryptowährungen dienen vornehmlich zur Geldanlage und Spekulation – angesichts der starken Kursschwankungen ein risikoreiches Unterfangen. „Wer in Bitcoin und andere Kryptowährungen investiert, muss hohe Verluste einkalkulieren“, sagt Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Außerdem nutzen Privatleute das Computergeld für Überweisungen zwischen Staaten, etwa wenn ihnen der normale Transfer von Bank zu Bank zu langsam erscheint. Schließlich dienen Bitcoin und Co. hier und da als Zahlungsmittel. Damit seien aber ebenso „extreme Risiken verbunden“, warnt Schäfer. Sinkt beispielsweise der Wert des Computergeldes stark und schnell, was keine Seltenheit ist, können sich die Besitzer deutlich weniger in Euro oder Dollar berechnete Produkte leisten. Zum alltäglichen Bezahlen eignen sich Kryptowährungen deshalb eher nicht.

Korrespondent

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