Mannheim. Der Getränkekonzern Coca-Cola setzt bei der Produktion von Einwegplastikflaschen verstärkt auf recycelten Kunststoff (rPET) – auch am großen Abfüllstandort Mannheim. Wie der Konzern mitteilt, ist die Abfüllung kleiner PET-Einwegflaschen bis 0,5 Liter zu 100 Prozent auf recyceltes Material umgestellt. Auch die ersten 0,33-Liter-Flaschen aus rPET laufen in Mannheim bereits vom Band. Was der Konzern als wichtigen Schritt zur Umsetzung seiner Nachhaltigkeitsstrategie hervorhebt, löst bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) allerdings keine allzu große Begeisterung aus.
„Nicht automatisch gleichwertig“
Coca-Cola verweist darauf, dass der Umstieg auf rPET spürbare Auswirkungen auf die Umwelt habe. So spare das Unternehmen in Deutschland in diesem Jahr rund 32 000 Tonnen PET-Neumaterial und 57 000 Tonnen CO2 ein. „Wir hatten uns für Deutschland das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2023 einen Anteil von 50 Prozent rPET in unseren Einwegpfandflaschen zu haben“, sagte Tilmann Rothhammer, Geschäftsführer Kundenservice, Produktion und Logistik bei Coca-Cola European Partners Deutschland (CCEP DE), der Mitteilung zufolge. „Dieses Ziel erreichen wir nun zwei Jahre früher als geplant, und wir werden es mit 70 Prozent auch noch deutlich übertreffen.“
Die DUH will sich dem Lob für rPET nur eingeschränkt anschließen. „Natürlich ist es besser, recyceltes statt neues Material für Einwegflaschen zu verwenden“, sagt Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der DUH. „Auch wenn sich mit Recyclingmaterial die Umweltauswirkungen und der CO2-Ausstoß verringern lassen, ist es aber nicht automatisch ökologisch gleichwertig oder gar vorteilhafter als etwa eine regionale Mehrweglösung.“
Der Experte betont, dass die Aufbereitung gebrauchter PET-Einwegflaschen auch „viel Energie, Wasser und Chemikalien verbraucht“. Dafür sorgten die aufwendigen Reinigungs-, Verarbeitungs- und Veredelungsprozesse, bis aus dem Kunststoff eine neue Flasche wird. Das Spülen von Mehrwegflaschen verbraucht nach Fischers Worten dagegen deutlich weniger Energie und Rohstoffe – weshalb es besser sei, eine Flasche so häufig wie möglich wiederzuverwenden.
Zudem müsse dem Kreislauf beim PET-Recycling immer wieder frischer Kunststoff beigefügt werden. „Bei den zahlreichen Prozessschritten des Recyclings können schnell bis zu fünf Prozent des Materials verloren gehen – einen vollständigen Kreislauf gibt es bei der PET-Wiederverwertung deshalb nicht“, sagt Fischer.
Generell bekräftigt die DUH ihre Ablehnung von Einwegprodukten aus Plastik: Angesichts von jährlich 450 000 Tonnen Kunststoff, die für die Herstellung von Einwegflaschen verbraucht werden, müsse der Mehrweganteil deutlich gesteigert werden – gerade bei Coca-Cola sei dieser in den vergangenen Jahren aber von mehr als 50 Prozent spürbar gesunken. „Da geht die Tendenz deutlich nach unten“, sagt Fischer.
Eine Unternehmenssprecherin verweist auf Anfrage dieser Redaktion darauf, dass Ein-Liter-PET- sowie Glas-Mehrwegflaschen „zentrale Verpackungsangebote“ blieben. Dazu habe CCEP DE in den vergangenen drei Jahren knapp 150 Millionen Euro in diesen Bereich investiert, davon allein rund 30 Millionen Euro ins Werk Mannheim. Den Mehrweganteil bei Coca-Cola in Deutschland gibt die Sprecherin für das vergangene Jahr mit etwas mehr als 36 Prozent an. Dies sei deutlich mehr gewesen als der Marktdurchschnitt bei alkoholfreien Erfrischungsgetränken von 22 Prozent. Wegen der langen Corona-bedingten Schließungen in der Gastronomie sei der Anteil bei Coca-Cola 2020 leicht gesunken.
Der Einsatz von rPET in der Produktion beseitigt aus Sicht der DUH auch einen weiteren grundsätzlichen Nachteil von Einwegflaschen nicht: die langen und damit umweltbelastenden Transportwege. Für Einwegflaschen gibt es nach DUH-Angaben bundesweit rund 200 Abfüller, die wenige Produkte über vergleichsweise lange Transportstrecken bundesweit vertreiben.
Lieferung in den Südwesten
Dem stünden mehr als 1800 regionale Getränkeproduzenten gegenüber. Mineralwasser in Mehrwegflaschen legt nach DUH-Berechnungen mit durchschnittlich 250 Kilometern nur rund die Hälfte der Transportkilometer einer Einweg-Plastikflasche zurück – diese ist im Schnitt cirka 480 Kilometer unterwegs.
Coca-Cola verweist in diesem Punkt darauf, vom Abfüllstandort Mannheim aus weite Teile Südwestdeutschlands zu versorgen: neben dem Rhein-Neckar-Raum die Vorder-, Süd- und Nordpfalz. Dazu trage auch die neue Mehrweg-Glasanlage bei, die 2019 in Betrieb genommen wurde. „Wir haben dafür gesorgt, dass unsere kleinen Mehrweg-Glasflaschen im Rhein-Neckar-Raum auf noch kürzerem Weg auf den Tisch kommen“, hatte der Mannheimer Betriebsleiter Wolf-Dieter Bethlehem damals erklärt.
Coca-Cola in Mannheim
- Die Coca-Cola European Partners Deutschland GmbH (CCEP DE) beschäftigt am Standort Mannheim mehr als 400 Menschen.
- Das Unternehmen füllt auf drei Produktionslinien kohlensäurehaltige Getränke in Einweg- und Mehrwegpfandflaschen ab – für die Gastronomie und den Handel. Dazu gehören neben Coca-Cola auch Marken wie Fanta, Sprite, Mezzo Mix sowie zuckerfreie Varianten.
- Eine Linie produziert Ein-Liter-Mehrwegflaschen aus Kunststoff (PET), eine weitere PET-Einwegflaschen in drei Größen (0,33, 0,5 sowie künftig auch 1,25 Liter). Auf der dritten Linie werden Glas-Mehrwegflaschen (0,2, 0,33 sowie 0,5 Liter) abgefüllt.
- Die drei Produktionslinien können zwischen 40 000 und 100 000 Flaschen pro Stunde abfüllen. red
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Bergsträßer Anzeiger Plus-Artikel Kommentar Bei der Getränkeflasche hat jeder die Wahl