Berufseinsteiger

Aus Angst vor zu wenig Rente: Wie ich mit 24 Jahren fürs Alter vorsorge

Jungredakteurin Sophia Gehr, 24, will sich der Angst vor Altersarmut „besser heute als morgen“ stellen. Doch was lohnt sich überhaupt noch? Ein Erfahrungsbericht.

Von 
Sophia Gehr
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Mit dem Berufseinstieg haben viele erstmals tatsächlich die Mittel dazu, in jungen Jahren bereits an ihre Rente zu denken. Doch die vielen, unübersichtlichen Möglichkeiten zu Altersvorsorge können abschrecken. © Arne Immanuel Bänsch/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Viele junge Menschen fühlen sich beim Thema Altersvorsorge schlecht informiert. Gleichzeitig bewerten sie Altersarmut als drittgrößtes Problem ihrer Generation.
  • Wer dieses Problem angehen möchte, sollte zunächst drei wichtige Empfehlungen beachten.
  • Zudem gibt es Angebote, vor denen Verbraucherschützer ausdrücklich warnen.
  • Ich habe die für mich passende Möglichkeit gefunden, wie ich bereits mit kleinen Summen und geringem Risiko fürs Alter vorsorgen kann.

Mannheim. Die staatliche Rente reicht nicht mehr aus. Diesen Satz habe ich zuletzt bei einem Termin mit meiner Hausbank gehört. Der Grund dafür ist bekannt. Die Gesellschaft in Deutschland wird älter, künftig müssen immer weniger Erwerbstätige immer mehr Renten finanzieren. 1409 Euro – so das Ergebnis einer Erhebung der Alterssicherung in Deutschland – betrug die durchschnittliche Brutto-Rente der Männer ab 65 Jahren im Jahr 2019. Bei Frauen lag die staatliche Rente im Durchschnitt bei 833 Euro. Ohne späteres Eigenheim oder Wohnung ist das zu wenig. Da ich mit dem Berufseinstieg nun auch wirklich die Mittel dafür habe, will ich die Warnung meiner Bankberaterin ernst nehmen und das Thema Altersvorsorge „besser heute als morgen“ angehen – wäre es nicht so komplex.

Betriebsrente, Riester-Verträge, Lebensversicherungen, Sparbücher, Immobilien, Wertpapiere oder Fonds: Die vielen Möglichkeiten sind überfordernd und bergen Risiken. Was lohnt sich überhaupt noch, wenn Sparer aktuell so gut wie keine Zinsen mehr bekommen? Ich fühle mich schlecht informiert – und bin damit nicht alleine. Laut einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag des Versicherers Generali gab mehr als die Hälfte der rund Tausend Befragten im Alter zwischen 18 und 32 Jahren an, beim Thema Altersvorsorge grundsätzlich ein Informationsdefizit zu haben. Gleichzeitig bewerten sie Altersarmut – nach dem Klimawandel und Pandemien – als drittgrößtes Problem ihrer Generation. Ich habe mir für die Lösung dieses Problems Unterstützung gesucht.

Riester-Verträge, Lebensversicherungen, Betriebsrente oder doch Fonds? Online-Redakteurin Sophia Gehr hat sich für das komplexe Thema Altersvorsorge Hilfe gesucht. © Gehr

Verbraucherschützerin warnt: "Im Versicherungsbereich gibt es kaum noch gute Angebote"

Finanzexpertin Bettina Bißwanger von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg berät Kundinnen und Kunden in Mannheim und Heidelberg. Sie hat gleich zu Beginn eine beruhigende Nachricht für mich: Es braucht nicht alle Angebote und anfangs auch keine hohen Investments für eine sichere Altersvorsorge. „Kleinere Beiträge, die über Jahre hinweg angelegt werden, sind ein guter Weg für Berufseinsteiger“, sagt sie. Doch wo anlegen? Ich denke an das Gespräch mit meiner Bankberaterin zurück. Auch sie hat mir bereits Verträge mit niedrigen Monatsbeiträgen vorgerechnet. Doch Verbraucherschützerin Bißwanger warnt: Gerade im Versicherungsbereich gäbe es kaum noch gute Angebote. „Oft haben die Versicherungen keine Garantien und die ersten fünf Jahre wird meist zunächst die gesamte Vertragslaufzeit in Kosten gestellt. Das heißt, für sich selbst spart man erstmal gar nicht.“ Wirklich lohnen würde sich die Versicherung mitunter erst dann, wenn ich über 100 Jahre alt werden würde. Unwahrscheinlich.

Eine Ausnahme ist die Betriebsrente. Sie kann sich rechnen. „Hier sollte man besonders darauf achten, wie viel der Arbeitgeber dazugibt und ob dieser Rentenfaktor garantiert ist“, erklärt Bißwanger. Grundsätzlich müssen Arbeitgeber das Sparvorhaben bei Neuverträgen seit 2019 mit mindestens 15 Prozent des Umwandlungsbetrages unterstützen. Die Verbraucherschützerin empfiehlt einen Vertragsabschluss erst ab mindestens 30 Prozent. Für Berufseinsteiger muss die Betriebsrente aber nicht der erste Schritt in eine zusätzliche Vorsorge sein – vor allem, wenn man noch gar nicht weiß, wie lange man eigentlich beim ersten Arbeitgeber bleiben möchte. Und es gilt auch, noch ein paar Dinge vorab zu klären – laut Bißwanger genau drei.

Auf einen Blick: Die drei wichtigen Schritte vor dem Investieren

 

  1. Schuldenfrei starten: Müssen aktuell noch Kredite - etwa für das Studium - abbezahlt werden, hat dies Vorrang.
  2. Puffer ansparen: Immer mal wieder werden Reparaturen oder größere Anschaffungen nötig. Dann ist es wichtig, dass man im Notfall nicht die Altersvorsorge angreifen muss. Zwei bis drei Netto-Gehälter sollte man laut Verbraucherschützerin Bettina Bißwanger beiseite legen.
  3. Risiken absichern: Müssen bestimmte Risiken abgesichert werden? Wer bereits daheim ausgezogen ist, braucht beispielsweise zunächst eine Hausratsversicherung. Auch wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen will, sollte dies - so Bißwanger - ebenfalls vorab tun. soge

Schuldenfrei und mit Puffer starten

„Man sollte noch nicht an die Altersvorsorge denken, wenn man noch Kredite - etwa fürs Studium - abbezahlen muss“, sagt die Verbraucherschützerin. Schritt eins lautet also: Schuldenfrei werden oder sein. Dann sollte man zwei bis drei Netto-Gehälter ansparen und beiseitelegen. „Das Geld dient größeren Anschaffungen oder beispielsweise Reparaturen, die immer mal wieder anfallen können“, so Bißwanger. „Und es ist dafür da, dass man in finanziellen Notfällen nicht die Altersvorsorge angreifen muss.“ Zum Schluss gilt es abzuklären, ob bestimmte Risiken abgesichert werden müssen – wie etwa eine Hausrats- oder Berufsunfähigkeitsversicherung.

Bleibt danach monatlich noch etwas übrig, kann ich investieren – und zwar am besten in sogenannte Exchange Traded Funds, kurz ETFs. Das sind sehr günstige Fonds, die sehr viele weltweite Aktien beinhalten. Das bedeutet, man kauft Anteile von vielen Unternehmen auf einmal und hat die Chance, mit geringem Risiko an den Gewinnen beteiligt zu sein. Da ETFs – im Vergleich zu Fonds von Banken – ohne Manager auskommen, spart man Geld. Historisch betrachtet seien Aktien rentabler als Immobilien, so Bißwanger. Und loslegen könne man bei ETF-Sparplänen monatlich bereits mit sehr kleinen Summen.

ETFs: Mit kleinen Beträgen und geringem Risiko in die Weltwirtschaft investieren

Das rät mir auch Hendrik Buhrs, Redakteur für Geldanlagen beim Ratgeber Finanztip. Das Online-Portal ist Teil der gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Buhrs empfiehlt eine Start-Summe ab 25 Euro. „Die Investitionen kann man dann jederzeit stoppen, erhöhen oder senken“, so Buhrs. Anders als bei manchen Versicherungen lege man sich eben nicht auf Jahre fest.

Auf einen Blick: Wie investiert man in ETFs?

 

  • Das Ratgeber-Portal Finanztip hat vielseitige Fonds bereits auf ihre jeweiligen Renditen und ihre Laufzeit überprüft. Über eine Liste kann man sich die konkrete Codenummer des gewünschten Fonds raussuchen und später beim Kauf angeben. Auch vier nachhaltige ETFs werden von Finanztip empfohlen.
  • Für den Kauf empfiehlt Finanzexperte Hendrik Buhrs eine Direktbank - dort fallen die Gebühren deutlich geringer aus. Bei der Bank lässt man sich ein Depot einrichten.
  • Dann wird ein Sparplan erstellt. Dies funktioniert wie das Erstellen eines Dauerauftrags beim Online-Banking - mit der gewünschten Summe, die man monatlich investieren will.
  • Bei der Wahl eines thesaurierenden ETFs werden die Dividenden automatisch wieder investiert und so ein Vermögen aufgebaut.
  • Etwa zehn bis 15 Jahre sollte mindestens investiert werden. Buhrs empfiehlt, erst zehn Jahre vor Rentenbeginn das Börsenniveau zu checken und gegebenenfalls erste Fondsanteile zu verkaufen. Auch das funktioniert ganz einfach per Mausklick. soge

„Für viele hängt das Thema Börse mit der richtigen Auswahl an Aktien und dem richtigen Zeitpunkt des Kaufes zusammen“, sagt er. „Man kann es sich aber auch sehr einfach machen, indem man quasi alles kauft, was es an der Börse gibt. Denn genau das ermöglichen ETFs.“ Vielseitige Fonds bauen einen ganz großen Aktienindex nach und beinhalten zum Beispiel etwa 1600 Unternehmen weltweit. Dadurch würden sich mögliche Verluste auch gut ausgleichen. „Man investiert damit in die Weltwirtschaft“, erklärt der Finanz-Experte. „Das Risiko ist sehr gering.“

Seit den 70er Jahren lag die Durchschnittsrendite von weltweit anlegenden ETFs laut Buhrs bei jährlich über sieben Prozent. Um wirklich zu profitieren, brauchen Sparer jedoch einen längeren Atem: Zehn bis 15 Jahre sollte mindestens investiert werden. „Das heißt, man darf nicht täglich den Gewinn kontrollieren und panisch aussteigen, wenn der Wert der Aktien kurzzeitig schwankt“, so Buhrs. Wer zehn Jahre vor Rentenbeginn ein noch nie da gewesenes Börsenhoch feststellt, könne dann immer noch in aller Ruhe die ersten Fondsanteile verkaufen. Das funktioniert bei den weltweiten Fonds – wie auch schon der Kauf – ganz einfach per Mausklick.

Nicht komplizierter als Online-Shopping

Es klingt also nicht komplizierter als Online-Shopping und scheint für mich der perfekte Einstieg in eine sichere Altersvorsorge zu sein. 25 Euro kann ich monatlich investieren und ich muss nicht regelmäßig die Börse im Blick behalten, denn ich vertraue - so hat es mir Finanz-Experte Buhrs erklärt - auf das allgemeine Wachstum der Weltwirtschaft. Das Ratgeber-Portal Finanztip hat auf seiner Internetseite konkrete Codenummern zu ETFs aufgelistet – darunter auch vier mit ausschließlich nachhaltigen Unternehmen –, die bereits auf ihre jeweiligen Renditen und Laufzeit überprüft wurden. Hier werde ich mir einen ETF aussuchen.

Der Kauf wird über die Bank geregelt. Buhrs rät zu einer Direktbank wie etwa der ING. Denn dort werde für das Einrichten eines Depots lediglich ein einmaliger Betrag zwischen null und zehn Euro für das gewünschte Wertpapier fällig. Filialbanken würden dagegen oft jährliche Verwahrkosten verlangen.

Dann richtet man einen Sparplan ein. Wie beim Online-Banking mit Dauerauftrag wird so monatlich Geld auf das Depot überwiesen. Die Dividenden werden automatisch wieder angelegt und somit ein Vermögen aufgebaut. „Das ist die Version eines sogenannten thesaurierenden ETFs“, sagt Buhrs. Und diese Version wird meine erste Investition gegen die Angst vor Altersarmut.

Redaktion Online-Redakteurin, zudem zuständig für redaktionelle Videos

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