Berlin. Frühestens mit 63 winkt Arbeitnehmern die gesetzliche Rente, und das mit erheblichen Abschlägen. Nur Schwerbehinderte können sie bereits etwas früher bekommen. Wer noch früher aus dem Berufsleben aussteigen will, dem bieten sich nur Möglichkeiten außerhalb der gesetzlichen Rente: Er oder sie können kündigen und von den Ersparnissen leben – oder in Altersteilzeit gehen. Insbesondere größere Unternehmen bieten sie immer wieder Mitarbeitern an, um auf diesem scheinbar eleganten Weg Personal abzubauen oder die Belegschaft zu verjüngen. So sehen die wichtigsten Regeln aus:
Was ist Altersteilzeit?
Das Altersteilzeitgesetz trat bereits Anfang 1989 in Kraft. Die Grundidee war, älteren Mitarbeitern einen gleitenden und frühzeitigen Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Zudem sollten Anreize geschaffen werden, dass die Betriebe die Arbeitsplätze neu besetzen. Daher zahlten die Arbeitsagenturen Zuschüsse. Dies ist allerdings schon lange ausgelaufen: Es galt nur für Arbeitnehmer, die die Altersteilzeit bis Ende 2009 angetreten hatten. Die übrigen Regeln dagegen bestehen weiter. Die Altersteilzeit wird rege genutzt: Nach den neuesten Zahlen der Deutschen Rentenversicherung, bei der sie gemeldet werden muss, waren Ende 2023 insgesamt 284.000 Beschäftigte in Altersteilzeit. Ende 2013 waren es 381.000, fünf Jahre später 241.000. Die Zahlen zeigen, dass es erhebliche Schwankungen je nach der Konjunktur gibt.
Wann kann ich in Altersteilzeit gehen?
Frühestens mit 55 Jahren. Es gibt keine Mindestlaufzeit. Die Altersteilzeit muss mindestens so lange dauern, bis eine gesetzliche Altersrente bezogen werden kann. Das muss nicht die Regelaltersgrenze sein; möglich ist auch etwa die Rente mit 63 mit Abschlägen nach 35 Versicherungsjahren. In den letzten fünf Jahren vor dem Start der Altersteilzeit müssen Sie mindestens 1080 Kalendertage sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Dabei zählen auch der Bezug von Krankengeld oder Arbeitslosigkeit mit.
Wie läuft das praktisch ab?
Das Arbeitsverhältnis läuft weiter, aber die Arbeitszeit wird halbiert. Möglich ist das auch bei Teilzeitjobs. Es gibt verschiedene Wege. Am beliebtesten ist das Blockmodell: In der ersten Hälfte wird unverändert weitergearbeitet, in der zweiten, der Freistellungsphase, gar nicht. Möglich ist aber auch das Gleichverteilungsmodell: Über die ganze Laufzeit wird die Arbeitszeit halbiert, etwa mit halben Arbeitstagen oder weniger Tagen pro Woche. Andere Modelle sind möglich, etwa die stufenweise Reduzierung der Arbeitszeit.
Habe ich einen Anspruch auf Altersteilzeit?
Nein, im Gegensatz zur Frührente gibt es keinen Rechtsanspruch. Der Arbeitgeber muss mitspielen, schon weil es ihn Geld kostet. Er kann den Wunsch auch ablehnen. Allerdings ist Altersteilzeit häufig in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen geregelt.
Halbiert sich auch mein Gehalt?
Ganz so schlimm ist es nicht. Der Arbeitgeber muss das Teilzeitgehalt um mindestens 20 Prozent aufstocken, allerdings nur für maximal sechs Jahre. Dazu gehören auch regelmäßige Zahlungen oder Zuschläge, für die Steuern und Sozialbeiträge anfallen, etwa Schichtzulagen. So kommen Sie auf 60 Prozent des Vollzeitgehalts. Mancher Arbeitgeber stockt freiwillig stärker auf. Der große Vorteil: Den Aufstockungsbetrag gibt es ohne Abzüge, es fallen weder Beiträge zur Sozialversicherung noch Lohnsteuer an. Bei letzterer gibt es allerdings den sogenannten Progressionsvorbehalt: Beim Festlegen des Steuersatzes berücksichtigt das Finanzamt den Aufstockungsbetrag. Wegen des progressiven Steuertarifs verlangt es daher im Rahmen der Steuererklärung eine Nachzahlung.
Hat die Altersteilzeit negative Auswirkungen auf die Rente?
Ja, aber sie sind gering. Denn der Arbeitgeber muss mindestens 90 Prozent der bisherigen Rentenversicherungsbeiträge einzahlen. Praktisch läuft es so: Der Arbeitnehmer bekommt von seinem Teilzeitgehalt 9,3 Prozent Rentenbeitrag abgezogen. Der Arbeitgeber legt den gleichen Betrag dazu. Zusätzlich zahlt er für 80 Prozent des Teilzeitgehalts als fiktiven Aufstockungsbetrag den vollen Rentenbeitrag von 18,6 Prozent. Den Effekt zeigt ein Beispiel für ein Brutto-Gehalt in Vollzeit von 4000 Euro im Monat. In der Altersteilzeit ist es halb so hoch, also 2000 Euro. Davon bekommt der Arbeitnehmer 186 Euro abgezogen. Sein Arbeitgeber trägt den gleichen Betrag. Zusätzlich zahlt er alleine 297,60 Euro. In Summe werden bei der Rentenversicherung 669,60 Euro einbezahlt. Beim Vollzeitjob wären es 744 Euro gewesen. Wer überdurchschnittlich gut verdient, muss aufpassen: Bei der Berechnung spielt die Beitragsbemessungsgrenze eine Rolle.
Wie kann ich abschätzen, welche finanziellen Auswirkungen die Altersteilzeit hat?
Die Stiftung Warentest bietet auf ihrer Internetseite test.de gegen Gebühr einen Rechner. Beispielsweise sieht die Rechnung für eine oder einen 1970 geborenen Ledigen ohne Kinder, die bisher brutto 4000 Euro im Monat verdient haben, so aus (Stand 2025): Vom Teilzeitentgelt von 2000 Euro gehen 94,91 Euro Lohnsteuer sowie 431 Euro für die Sozialversicherung ab. Zum Nettolohn von 1474,09 Euro kommt der Aufstockungsbetrag von 400 Euro ohne Abzüge dazu. Insgesamt beträgt also das Altersteilzeitgehalt netto 1874,09 Euro. Bei Vollzeitarbeit wären es netto 2602,09 Euro. Bei dieser Rechnung ist allerdings der Progressionsvorbehalt nicht berücksichtigt.
Wie sehen die Regelungen in Tarifverträgen aus?
Sie müssen sich erkundigen, ob es für Ihre Branche oder ihren Betrieb einen Tarifvertrag gibt. In der Metallindustrie beispielsweise haben bis zu vier Prozent der Beschäftigten eines Betriebs Anspruch auf Altersteilzeit. Vorrang haben besonders belastete Beschäftigte, die frühestens mit 58 für bis zu fünf Jahre in Altersteilzeit gehen können. Die übrigen können sie frühestens mit 61 für vier Jahre nutzen. Die Aufstockung fällt in den unteren Entgeltbereichen höher aus als in den oberen.
Was ist sonst noch zu berücksichtigen?
Es gibt einige Risiken, weswegen sich jeder über die Konsequenzen genau informieren sollte. Auf Tariflohnerhöhungen besteht in der Freistellungsphase keinen Anspruch. Bei Krankheit in der Arbeitsphase gelten die normalen Regeln der Entgeltfortzahlung. Dauert sie allerdings länger als sechs Wochen, zahlt die Krankenkasse Krankengeld auf der Basis des Teilzeitgehalts ohne den Aufstockungsbetrag. Der Arbeitgeber kann dies steuer- und sozialabgabenfrei aufstocken, aber nur in gewissen Grenzen. Wird das Blockmodell gewählt, muss der Arbeitgeber eine Absicherung gegen Insolvenz abschließen. Denn in der Arbeitsphase wird ein Wertguthaben aufgebaut, das bei einer Insolvenz gefährdet wäre.
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