Ludwigshafen. Am Ludwigshafener Standort des US-Pharmakonzerns AbbVie werden Forschung und Entwicklung in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen. Die Produktion von Arzneimitteln hingegen wird zwar nicht an Bedeutung verlieren, gemessen an der Zahl der Mitarbeiter aber schrumpfen. Das kündigte Stefan Simianer, Deutschland-Chef für Forschung und Entwicklung beim US-Pharmakonzern AbbVie, im Gespräch mit dieser Zeitung an. "An 80 Prozent aller Entwicklungsprojekte des Konzerns ist Ludwigshafen beteiligt. Mehr als 1000 Mitarbeiter arbeiten in Ludwigshafen in Forschung und Entwicklung, so viele wie noch nie zuvor in der Unternehmensgeschichte."
Schrumpfen wird hingegen die Zahl der Mitarbeiter in der Produktion in Ludwigshafen. Hier sind - je nach Zuordnung - zwischen 600 und 700 Mitarbeiter beschäftigt. Vor drei Jahren wurde schon einmal ein Abbau von 200 Stellen in dem Bereich angekündigt. Weil dann aber zusätzliche Aufträge von Abbott kamen -Abbott und AbbVie hatten sich 2013 aufgespalten - wurde die Stellenstreichung verschoben, stattdessen kamen sogar neue Mitarbeiter hinzu.
Nun soll der Abbau in der alten Größenordnung in den nächsten drei Jahren vonstattengehen. Zahlreiche Modelle für einen sozialverträglichen Abbau seien mit dem Betriebsrat vereinbart worden, so Simianer. "Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden, aber die hat es bei AbbVie in der Vergangenheit sowieso noch nie gegeben", machte er klar.
Der Trend in der Branche gehe weg von der Massenproduktion von Medikamenten hin zu speziellen Arzneimitteln in kleinen Volumina. "Die Zukunft liegt nicht in der Masse, sondern in der Spezialität", sagt Simianer. Vor drei Jahren habe AbbVie diese strategische Stoßrichtung für Forschung und Entwicklung angekündigt. Ludwigshafen habe dafür beste Voraussetzungen und sogar eine Art Monopolstellung im Konzern in verschiedenen Bereichen.
So gebe es am Standort eine Pilotfabrik, eine Art Multifunktionsanlage, auf der komplexe biotechnologische Arzneimittel für Zulassungsstudien produziert werden. Zudem werde in Ludwigshafen ein neues Krebsmittel hergestellt und verpackt, und auch für die neue Hepatitis-C-Therapie stehe der Standort in den Startlöchern zur Produktion und Verpackung.
In frühen Forschungsphasen zu Alzheimer- und Multiple-Sklerose-Mitteln sei Ludwigshafen führend. Die enge Verbindung von Forschung und Produktion hebt Simianer als weiteres Plus für Ludwigshafen hervor: "Schnelle Wege, da muss man nur über die Straße." Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal sei eine Informationstechnologie zum Modellieren von Medikamentenwirkungen auf der Basis von Patientendaten. "Da lässt sich mathematisch vieles ableiten", erklärt Simianer.
Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind seit 2013 konzernweit um knapp die Hälfte gestiegen, "da partizipiert auch Ludwigshafen". Damit die gute Stellung im Konzern - Ludwigshafen ist der zweitgrößte Standort nach der Zentrale in Chicago - auch erhalten bleibt, werde weiter investiert. Die Investitionen werden über dem langfristigen Durchschnitt liegen, kündigte Simianer an. Das reiche von der Infrastruktur über die Labormodernisierung bis hin zur kürzlich eingeweihten Kindertagesstätte.
Von Knoll zu AbbVie
- 1886 gründeten Albert und Hans Knoll in Ludwigshafen die Pharmafirma Knoll & Co. 1975 kaufte die BASF die Aktienmehrheit und übernahm Knoll später komplett.
- 2001 wurde Knoll an Abbott verkauft. Im Jahr 2013 folgte die Aufspaltung des amerikanischen Mutterkonzerns in zwei Unternehmen.
- AbbVie wurde als forschendes Unternehmen mit patentgeschützten Medikamenten aufgestellt, unter dem alten Namen Abbott laufen die übrigen Aktivitäten weiter, darunter Generika (Medikamente ohne Patentschutz) sowie medizinische Geräte und Produkte. mir
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