Mannheim. Vier Bundestagsabgeordnete von der FDP bis zur Linken, die Mannheim gegenwärtig in Berlin vertreten, sowie eine Grüne, die es künftig gerne tun würde – eine illustre Runde hat sich das German Business Pannl (GBP) in die Aula der Universität Mannheim eingeladen, um über Wirtschaftspolitik zu diskutieren. Moderiert wird der Abend von Janina Klabes. Die Langfristbefragung eines Sonderforschungsbereichs, der unter anderem hier angesiedelt ist, erhebt seit fünf Jahren repräsentative Daten an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Sie zeigen vieles über die Stimmung im Mittelstand auf.
Bürokratieabbau
Durch Bürokratie gehen allein bei kleinen und mittelständischen Unternehmen 41 Milliarden Euro Gewinn im Jahr verloren, schließt BWL-Professor Dirk Simons aus einer GBP-Umfrage bei über 1000 Unternehmen. Was tun? „Wir machen keine Gesetze, um Unternehmen zu triezen“, betont Isabel Cademartori (SPD). In den vergangenen dreieinhalb Jahren habe es viele Verbesserungen gegeben. Aber Gesetze seien nur ein Teil. Es gehe auch um die Zusammenarbeit verschiedener staatlicher Ebenen und die Umsetzung bei Behörden. Gökay Akbulut (Linke) dagegen steht beim Abbau auf der Bremse: Wichtig sei, Standards einzuhalten, betonte sie mit Blick auf das Flüchtlingseinwanderungsgesetz. Da müsse viel mehr ins Personal investiert werden.
Konrad Stockmeier (FDP) hat sein Spezialthema Energiepolitik im Auge: Da könne radikal dereguliert werden. Das Heizungsgesetz beispielsweise könne viel besser funktionieren, wenn es von den vielen Energieeffizienzvorschriften befreit würde. Melis Sekmen, die im Juli von den Grünen zur CDU gewechselt war, setzt auf die praktischen Erfahrungen von Unternehmen. Bei eintägigen Praktika erfahre sie, wie es dort aussehe. So gebe es widersprüchliche Regeln: Die Unfallversicherung verlange etwa geriffelte Bodenfliesen, um Unfälle zu vermeiden.
Dagegen fordere die Stadt Mannheim aus hygienischen Gründen glatte Fliesen. Die Bürokratie stamme auch aus der Zeit, als die CDU an der Regierung gewesen sei, erinnert Wellenreuther, die für die Mannheimer Grünen in den Bundestag einziehen will. Das Ziel müsse sein, dass es zu keiner Mehrbelastung komme.
Umwelt und Soziales
Wellenreuther verteidigte die Pflicht für Unternehmen, über die Nachhaltigkeit zu berichten. Ausgerechnet der Liberale Stockmeier könnte sich aufgrund von Erfahrungen in den USA vorstellen, dass eine staatliche Stelle identifiziert, welche Unternehmen etwa in China Menschenrechte ignorieren – ein Ersatz für das Lieferkettengesetz.
Cademartori gibt zu bedenken, dieses sei ein guter Hebel gegen Ein-Euro-T-Shirts. Akbulut beklagt, Arbeitneh-merrechte würden in Entwicklungs- und Schwellenländern „mit Füßen getreten“. Sekmen hat als abschreckendes Beispiel ein mittelständisches Unternehmen in Mannheim mit 300 Mitarbeitern vor Augen, das wegen des Lieferkettengesetzes einen Menschenrechtsbeauftragten habe einstellen müssen. „Macht das Sinn?“, fragt sie.
Steuern
Sekmen will die Unternehmenssteuern von 30 auf 25 Prozent senken: „Der Staat muss sich auf seine Pflichtaufgaben konzentrieren.“ Cademartori sieht keinen Spielraum für Steuersenkungen. Stockmeier will die Steuerpolitik so gestalten, dass sie Wachstum anregt. „Wir müssen den Anspruch haben, dass die Torte wächst.“ Das bringe höhere Einnahmen. Wellenreuther gibt mit Blick auf ihre Erfahrungen aus den Etatberatungen des Gemeinderats zu bedenken: „Wir bekommen jetzt schon die Pflichteinnahmen nicht finanziert.“ Akbulut streicht die Forderung der Linken heraus, höhere Einkommen und Großkonzerne stärker zu besteuern.
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