Michael Mack, 68, bezeichnet sich selbst als „leidenschaftlichsten Biertrinker, den man sich überhaupt vorstellen kann“. Fast 20 Jahre führt er schon die Heidelberger Brauerei und ist mit ganzem Herzen dabei, das spürt man bei jedem Wort. Umso wichtiger ist Mack, dass seine Nachfolge geregelt wird. Und das ist sie nun.
Die Heidelberger Brauerei hat einen neuen Eigentümer: Weldebräu aus Plankstadt bei Schwetzingen. Welde-Chef Max Spielmann (35) übernimmt als Geschäftsführer. Die Ziele sind klar: Die Heidelberger Brauerei und Weldebräu sollen als gleichberechtigte Unternehmen auf Augenhöhe weiter ausgebaut und der Bestand der einzigen und letzten Brauerei in Heidelberg gesichert werden. Braustätte und Firmensitz bleiben rechtlich selbstständig in Heidelberg. Auch für die Beschäftigten soll sich nichts ändern.
Was Welde den Deal gekostet hat - dazu werden keine Angaben gemacht
„Max Spielmann hat eine Nähe zur Stadt und zu den Menschen hier. Wir fühlen uns gänzlich gut aufgehoben“, sagt Mack auf einer Pressekonferenz im historischen Brauhaus unweit der Bergheimer Straße in Heidelberg. Er selbst hat hier in den 1970er Jahren seine kaufmännische Ausbildung gemacht, damals noch bei der Heidelberger Schlossquell Brauerei AG.
Einen großen Konzern ins Boot zu holen, kam nie in Frage. Zu oft hatte Mack in den vergangenen 20 Jahren gesehen, was aus einer Marke, aus einer Brauerei wurde, die in die Hände eines Konzerns geriet: Der Standort wurde ausgebeint, die Braukunst kam unter die Räder, gebraut wurde irgendwo, aber nicht mehr vor Ort, Rohstoffe wurden billig eingekauft, und nach nur einer Woche waren die Biere fertig. Nichts blieb, nur der Name, um die Verbraucher zu halten. Binding und Henninger waren für Mack abschreckende Beispiele.
Er wusste allerdings, dass ein gutes Bier Zeit braucht, mindestens vier Wochen. Ihm gefiel, dass Spielmann seine Welde-Biere sechs bis acht Wochen reifen und sich vom „Slow Brewing Institut“ laufend zertifizieren lässt.
Und ihm gefiel, wie dieser junge Mann in die über 270-jährige Brauertradition der Familie hineingewachsen war - und mit Begeisterung die Fahne der regionalen Bierkultur und Biervielfalt hochhielt.
Ohne mit den großen Fernsehbier-Marken auch nur ein Wörtchen geredet zu haben, nahm Mack an einem Spätsommertag 2023 Spielmann zur Seite und bot ihm an, über eine Nachfolgeregelung zu sprechen. Zuvor hatten die Kinder von Mack klar signalisiert, dass sie ihre Zukunft nicht in der Bierbranche sehen.
Seit ein paar Tagen ist die Tinte unter den notariellen Verträgen zwischen Welde und der Heidelberger Brauerei trocken.
Mack ist noch ein Jahr an der Seite von Spielmann. In den nächsten 100 Tagen sei eine „gründliche Prozessanalyse“ für die Heidelberger Brauerei geplant. Danach sollen Details zu künftigen Vorhaben und Produkten folgen. Klar ist schon jetzt die „Aroma-Hopfen-Offensive“. Spielmann, der Kaufmann, Braumeister und Bier-Sommelier ist, erklärt: „Ich strebe für alle Brauprozesse, auch in Heidelberg, die Verwendung von hochwertigem Aroma-Hopfen an, den wir für Welde aus der Region um Tettnang am Bodensee und aus der Hallertau beziehen.“ Das sei genügend Arbeit für die erste Zeit.
Spielmann bleibt Geschäftsführer bei Welde, ist künftig also Chef von zwei Brauereien. Es werde sich zeigen, wie oft er in Heidelberg und wie oft er in Plankstadt sei, sagt Spielmann. Von Büro zu Büro brauche er lediglich neun Minuten.
Weldebräu ist größer als die Heidelberger Brauerei. In Plankstadt sind rund 55 Mitarbeiter beschäftigt, im Jahr werden 90 000 Hektoliter Bier produziert. Die Heidelberger Brauerei hat etwa 25 Mitarbeiter und stellt 25 000 Hektoliter Bier im Jahr her. Beide Unternehmen blicken auf eine lange Geschichte zurück - Welde wurde 1752 gegründet, die Wurzeln der Heidelberger Brauerei gehen auf das Jahr 1753 zurück.
„Gemeinsam werden wir jetzt das tun, was wir gut können: Regional Bier verkaufen und starke Marken im Heimatmarkt etablieren“, sagt Spielmann. Immerhin lebten in der Region Rhein-Neckar fast drei Millionen Menschen - Potenzial sei da. Aus seiner Sicht können die beiden Unternehmen voneinander lernen. Bei Welde etwa ist das Handelsgeschäft stärker, bei der Heidelberger Brauerei das Geschäft mit der Gastronomie.
Es werden dringend weitere Lagerflächen benötigt
Spielmann stellt Synergien beim Einkauf von Rohstoffen in Aussicht. Zudem gewinne Welde durch die Heidelberger Brauerei zusätzliche Lagerkapazitäten, die dringend benötigt würden. „Wir spielen uns jetzt die Bälle zu und bilden einen Gegenpol zu den Großen, die uns im Nacken sitzen.“ Damit meint Spielmann etwa Radeberger mit einer Braumanufaktur in Frankfurt, Dinkelacker aus Stuttgart oder die Rothaus-Brauerei aus dem Südschwarzwald.
Zukunftspläne für Heidelbergs einzige Brauerei gibt es also genügend. Wer Michael Mack erlebt, spürt auch, dass er innerlich ruht. „Wenn Sie bei so einer Entscheidung keinen Partner finden, der ähnlich denkt wie Sie, funktioniert es nicht. Denn es geht um so viele Emotionen.“
Infokasten: Erhoffter Schub durch die Fußball-Europameisterschaft
So wenig Bier wie im Jahr 2023 haben die deutschen Brauer seit der Wiedervereinigung noch nie verkauft. 8,4 Milliarden Liter bedeuten ein Rückgang um 4,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt zuletzt berichtete.
Das Traditionsgetränk schmeckt deutschen wie auch internationalen Kunden immer seltener. Neben dem Trend zu gesünderer Ernährung halten viele Verbraucher nach wie vor ihr Geld zusammen.
Max Spielmann berichtet, dass das erste Quartal sowohl bei Welde als auch bei der Heidelberger Brauerei bislang besser gelaufen ist als im Vorjahr. Er hofft, dass es dieses Jahr weiter deutlich bergauf geht.
Dabei helfen könnte die Fußball-Europameisterschaft im Sommer, da Bier und Fußball zusammengehören - in den Stadien, bei Public Viewings, in Bars, Restaurants oder heimischen Wohnzimmern.
Entscheidend sei allerdings, welche Leistung die deutsche Nationalmannschaft zeige, sagt Spielmann.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-was-max-spielmann-mit-der-heidelberger-brauerei-plant-_arid,2188369.html