Mannheim. Patrik Schneiders Protest gegen Tesla-Chef Elon Musk ist aus Vinyl und misst elf mal sechs Zentimeter. Ein Sticker mit der Aufschrift „I bought this before Elon went crazy“, sinngemäß übersetzt: „Ich habe diesen Tesla gekauft, bevor Elon durchgedreht ist.“
Schneider, Unternehmer aus Pforzheim, ist bekennender Tesla-Fan und fährt ein Auto der Marke. Doch seitdem Musk US-Präsident Donald Trump als Berater unterstützt, seitdem Musk eine Wahlempfehlung für die vom Verfassungsschutz teilweise als rechtsextrem eingestufte AfD abgibt, seitdem kann er dem Tech-Milliardär nicht mehr viel abgewinnen. Dass Schneider an einer Tankstelle wegen seines Autos als „Trump-Supporter“ (Trump-Unterstützer) bezeichnet worden ist, hat das Fass zum Überlaufen gebracht.
An manchen Tagen werden bis zu 1000 Sticker verkauft
Um seine kritische Haltung zu zeigen, beschloss Schneider, den Sticker herzustellen und zu verkaufen. Entwickelt für alle, „die Elons abenteuerliche Reise in der Tech-Welt mit einem Augenzwinkern kommentieren wollen“. Offensichtlich mit Erfolg. Nach eigenen Angaben hat Schneider bis dato „eine hohe fünfstellige Anzahl“ weltweit verkauft. Bestellungen kommen sogar aus den USA, dem Heimatland von Tesla.
An einem „ruhigen“ Tag, wenn Musk die Füße still hält, gehen zwischen 80 und 150 Bestellungen ein. Wenn der umstrittene Unternehmer mal wieder „durchdreht“ und Schlagzeilen macht, sind es bis zu 1000.
Gerne hätten wir von Tesla gewusst, wie die politischen Aussagen ihres Chefs und seine Wahlwerbung in Deutschland zugunsten der AfD die Verkaufszahlen oder das Käuferverhalten beeinflussen. Doch die Pressestelle lässt eine Anfrage unbeantwortet. So ist nicht zu erfahren, ob die Kundschaft in der Region dem Tesla-Autohaus in Mannheim-Friedrichsfeld verstärkt den Rücken kehrt.
Zahlen zum Absatz
Für Tesla ist es im vergangenen Jahr in Deutschland nicht gut gelaufen. Laut den Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) gab der Absatz von neu zugelassenen Fahrzeugen gegenüber 2023 um 41 Prozent nach.
Da ist es nur ein schwacher Trost, dass das Segment der batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) insgesamt schwächer nachgefragt war als 2023 (minus 27,4 Prozent) und auch andere Elektroautomarken wie BYD (minus 30,2 Prozent), GWM (minus 35,6 Prozent), Nio (minus 68,5 Prozent) oder Polestar (minus 49,4 Prozent) stark verloren. In absoluten Zahlen beträgt der Rückgang bei Tesla laut KBA mehr als 26.000 Fahrzeuge , bei den anderen Firmen waren es „nur“ 800 bis 3000.
Der Start ins Jahr 2025 verheißt ebenfalls nichts Gutes: Während sich das Segment erholt und im Vergleich zum Vorjahresmonat 53,5 Prozent mehr Elektroautos zugelassen wurden, rauschten die Verkaufszahlen von Tesla im Januar erneut um 59,5 Prozent nach unten. Die anderen genannten Marken legten mit Ausnahme von Nio dagegen teilweise im dreistelligen Prozentbereich zu.
Aus der Sicht von Experten sind die Januar-Zahlen etwas verzerrt, da viele Hersteller die Neuzulassung von Elektrofahrzeugen nach 2025 verschoben haben, um bei den CO₂ -Flottengrenzwerten besser dazustehen. Diese wurden zu Jahresbeginn verschärft, für zu viel ausgestoßenes CO₂ werden Strafen fällig.
Auch der Kfz-Innung Rhein-Neckar-Odenwald liegen keine näheren Angaben von Tesla vor, da das Unternehmen kein Mitglied ist und sehr autark agiert, sagt Obermeister Dietmar Clysters. Dennoch ist er davon überzeugt, dass sich die stark rückläufigen nationalen Zulassungszahlen auf die Region herunterbrechen lassen. Den Rückgang will der Experte aber nicht allein auf die politischen Aussagen von Elon Musk zurückführen. „Die Produktpalette, die Tesla im Moment anbietet, besteht aus veralteten Modellen“, sagt Clysters. Alles, was die Marke als „First Mover“ ausgezeichnet habe – neues Design, fortschrittliche Technik – gelte nicht mehr. „Die Produktpalette, die Tesla aktuell anbietet, hat in Sachen Innovation an Boden auf andere Anbieter verloren.“
Clysters vergleicht den Hype um Tesla mit der Einführung des iPhones, als einst die Smartphones auf den Markt kamen. „Weil Tesla als fortschrittlich galt, fuhren viele Flottenkunden Tesla, um als Firma ebenfalls fortschrittlich dazustehen.“ Dieser Effekt sei nun überholt.
Vor allem der chinesische Hersteller BYD holt auf
„Das Neue, Faszinierende und Moderne stellen die Autos nicht mehr dar“, so Clysters, „und Elon Musk auch nicht“. Stattdessen präsentiere Musk mit dem Cybertruck ein Fahrzeug, „das aus der Welt gefallen ist“. Mit seinen politischen Äußerungen und seiner Einflussnahme auf die Wahl in Deutschland „ist er rückwärtsgewandt“.
Bei Elektrofahrzeugen habe der chinesische Hersteller BYD stark zugelegt, ebenso die deutschen Marken wie BMW oder Volkswagen. „Sie verkaufen mehr Modelle und sind nun Marktführer in Deutschland, was eine erfreuliche Entwicklung ist.“ Obwohl die deutschen Hersteller teurer sind, gelte der Preiseffekt bei vielen Firmenkunden mit Leasingverträgen nicht: „Da ist es egal, wenn der Wagen ein paar Euro mehr kostet, denn über die Steuerersparnis 0,25 Prozent statt ein Prozent spart man wieder.“
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht Tesla „in einer gefährlichen Abwärtsspirale“. Die Bewunderung für Musk und Tesla schlage in Abneigung um, sagt er dieser Redaktion. „In Deutschland ist der Januar sehr schlecht für Tesla gelaufen. Ein Grund waren hohe Zulassungen im Dezember, um die weltweiten Verkaufszahlen von Tesla aufzuhübschen. Damit fällt der Januar in den Keller.“ Die beiden anderen Gründe für den großen Rückgang im Januar seien angegraute Modelle – und eben das Negativ-Bild von Musk.
Dass Tesla darunter leidet, ist für Dudenhöffer logisch. Denn: „Tesla ist Elon Musk. Er hat das Unternehmen und die Marke geprägt. Damit sind beide wie siamesische Zwillinge verbunden.“ Musk werde stärker zum Risiko für Tesla.
Der Umgang mit Musks Person und Tesla hat verschiedene Facetten:
- Der baden-württembergische Energieversorger Badenova oder die Drogeriemarktkette Rossmann wollen künftig auf neue Tesla-Autos verzichten.
- Für Unternehmen aus der Region Rhein-Neckar mit großen Dienstwagenflotten wie SAP, Roche oder Südzucker, ist das hingegen kein Thema. Sie haben nach eigenen Angaben ohnehin keine Tesla-Modelle in ihren Reihen.
- Bei der BASF ist der Anteil verschwindend gering. „Zurzeit sind nur sechs von insgesamt rund 1.600 Fahrzeugen in unserer Dienstwagenflotte von Tesla“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. „Dabei handelt es sich um Einzelbestellungen für verschiedene Sonderprojekte.“ Interessant: Die Sprecherin fügt hinzu, dass ein Ausbau der Zusammenarbeit mit Tesla grundsätzlich nicht ausgeschlossen und zu „gegebener Zeit“ zu prüfen wäre.
- Auf Musks Plattform X (ehemals Twitter) allerdings hat die BASF einige Accounts eingestellt. Immer mehr Unternehmen, Behörden, Vereine und Hochschulen (zuletzt etwa die Uni Heidelberg) steigen aus. Sie kritisieren fehlende Vielfalt, Freiheit und Weltoffenheit in dem Online-Netzwerk. Zudem Falschinformationen und Hasskommentare.
Patrik Schneider hat das Sortiment von „Anti Elon Stickers“ schon erweitert. Ein neuer Spruch lautet etwa: „I bought this car, not the CEO!“ - „Ich habe dieses Auto gekauft, nicht den Chef (von Tesla).“
Schneider hebt hervor: Die Sticker seien kein Aufruf zum Boykott. „Ich bin großer Tesla-Fan und bleibe das auch. Für mich gibt es kein besseres Elektroauto“, sagt er. Aber das Verhalten von Musk enttäusche ihn einfach. „Wenn ich schon die Wahl habe, möchte ich keine Extremen mit auch nur einem Cent unterstützen.“ Seinen eigenen Tesla wird Schneider nach dem Leasing abgeben.
Eine Reaktion von Musk auf die Sticker hat Schneider noch nicht erhalten. „Das muss aber auch nicht sein.“
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