Das Wichtigste in Kürze
* Die Sparkassen in Baden-Württemberg verzeichnen steigende Spareinlagen der Kunden. * Die Zinsen sind gestiegen, was das Sparen attraktiver macht. * Investitionen in den Wohnungsbau bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Stuttgart/Mannheim. Die Deutschen legen in Zeiten der Wirtschaftskrise wieder mehr Geld auf die hohe Kante. Die Sparquote ist im vergangenen Jahr bundesweit deutlich von 10,4 auf 11,6 Prozent gestiegen. „In Baden-Württemberg liegt sie regelmäßig über dem Bundesdurchschnitt. Das schlägt sich unmittelbar in den Bilanzen unserer Sparkassen nieder. Ein Beleg für das Vertrauen, das die Kunden unseren Sparkassen entgegenbringen“, betreibt Matthias Neth, Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg, ein gewisses Selbstlob.
Beschäftigte haben wieder höhere Realeinkommen
Offensichtlich haben die erhöhten Realeinkommen der Beschäftigten dazu geführt, dass die Menschen wieder mehr sparen können und es mit Blick auf die unsichere Wirtschaftslage auch tun. Die Kundeneinlagen sind deshalb 2024 um immerhin 5,2 auf 176,7 Milliarden Euro gewachsen - ein Plus von 3,6 Prozent. Dass es bei den Privatkunden eine Steigerung um 3,6 Prozent auf 129,2 Milliarden Euro gegeben hat, ist natürlich erfreulich. „Die Menschen sichern sich das höhere Zinsniveau längerfristig, das ist vernünftig, denn die Europäische Zentralbank hat ja seit vergangenem Sommer wieder begonnen, ihre Zinsen zu senken“, sagt Neth.
Kunden legen mehr Geld in Aktien an
Insgesamt haben die Kundinnen und Kunden eine Umschichtung in höherverzinste Eigenemissionen und Termingelder vorgenommen. Dazu passt, dass die Geldanlage in Aktien auch bei den Sparkassen-Kunden immer beliebter wird. Der Wertpapierumsatz ist stark von 25,4 auf 31,4 Milliarden Euro gestiegen. Das Wachstum bei den Verkäufen fiel mit 45 Prozent besonders hoch aus. „Hintergrund dafür dürften in Teilen auch Gewinnmitnahmen sein aufgrund historischer Höchstkurse an den Börsen“, sagt Neth. Insgesamt nimmt auch die Zahl der Wertpapierdepots seit Jahren stetig zu. 2024 waren es fast 1,1 Millionen, eine Zunahme um 3,1 Prozent.
Die Sparkassen haben im vergangenen Jahr einen Zinsüberschuss von 4,33 Milliarden Euro erwirtschaftet, das ist ein leichtes Plus von 110 Millionen Euro. Der Zinsüberschuss ist die Hauptertragsquelle der Sparkassen. Am Ende konnten die 50 öffentlich-rechtlichen Geldinstitute in Baden-Württemberg einen Reingewinn nach Steuern von 1,48 Milliarden Euro verbuchen. Im Vergleich zu 2023 allerdings ein Minus von 220 Millionen Euro. „Wir können damit unser Eigenkapital stärken, um auch in dieser unsicheren Zeit Stabilität zu gewährleisten und als verlässlicher Kreditgeber für Zukunftsinvestitionen bereitzustehen“, sagt Neth.
Gesellschaftliches Engagement der Sparkassen
Steuern zahlen die Sparkassen auch. Nach der aktuellen Prognose können die Kommunen mit Einnahmen von rund 650 Millionen Euro rechnen, die ihnen direkt zufließen. „Das ist eine Stärke der regionalen Kreditinstitute. Wir sind verlässliche Steuerzahler“, sagt Neth und betont auch das gesellschaftliche Engagement der 50 Sparkassen im Südwesten. „Als langfristiger Partner für Sport, Kultur und Kunst in ihrer jeweiligen Kommune haben die Sparkassen 2024 65,3 Millionen Euro aufgewendet. Das ist ein neuer Höchstwert“, hält sich Neth an das alte PR-Motto „Tue Gutes und rede darüber.“
Zwiespältig fällt die Analyse von Neth mit Blick auf die Einlagen der Unternehmen und Selbstständigen aus. Denn auch diese sind zum zweiten Mal in Folge deutlich gestiegen, und zwar um 5,2 Prozent auf 31,6 Milliarden Euro. Im Vorjahr wuchsen die Einlagen sogar um 6,3 Prozent. „Hier zeigt sich auch die große Investitionszurückhaltung. Liquide Mittel werden bei den Sparkassen geparkt“, sagt Neth.
Unternehmen investieren zu wenig
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch: „Bei verbesserten Rahmenbedingungen wären Investitionen sehr kurzfristig auch mit Hilfe eigener Mittel für die Unternehmen zu stemmen. Das bedeutet auch: Reformen könnten schnell Wirkung zeigen“, sagt der Verbandspräsident und zählt auf, wo der Wirtschaft der Schuh drückt.
Vor allem die hohen Energie- und Arbeitskosten plagen die Unternehmen nach zwei Rezessionsjahren, auch wenn der Mittelstand im Südwesten nach Neths Einschätzung noch immer vergleichsweise stark dasteht. „Wir können aus der Krise gut herauskommen, wenn die Politik ihre Hausaufgaben macht“, sagt der frühere CDU-Landrat, der sich als Schwabe im Hohenlohekreis immer wieder so manchen Spruch anhören muss.
Sparkassenverband Baden-Württemberg
Matthias Neth (44) ist seit Mai 2024 Präsident des Sparkassenverbands Baden-Württemberg (SVVBW).
Die 50 regionalen und wirtschaftlich selbstständigen Sparkassen bilden den Kern der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg. Der Sparkassenverband ist einer von zwölf regionalen Sparkassen- und Giroverbänden in Deutschland.
Er ist als Wirtschaftsfachverband zentraler Dienstleister seiner 50 Mitgliedsparkassen und der Verbundunternehmen Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), Landesbausparkasse Süd (LBS) sowie der SV Sparkassen Versicherung. was
Auch bei den Wohnungsbaukrediten gerät der Verbandspräsident nicht gerade ins Schwärmen. Die öffentliche Hand hat ohnehin mit wachsenden Haushaltsschwierigkeiten zu kämpfen. Im privaten Bereich verzeichnen die Sparkassen zwar eine Belebung, die Zusagen stiegen von 6,6 auf 8,5 Milliarden Euro. Das ist immerhin ein Plus von 30 Prozent. Aber: Mit 7,3 Milliarden Euro entfiel der Löwenanteil auf das Segment Kauf und Erwerb.
“Talsohle auf dem Immobilienmarkt durchschritten“
„Wir haben zwar die Talsohle auf dem Immobilienmarkt durchschritten, aber der Neubau spielt nur eine untergeordnete Rolle“, sagt Neth und fordert eine Senkung der Baunebenkosten und den Verzicht auf die Grunderwerbssteuer beim Kauf einer selbstgenutzten Immobilie. Außerdem pocht der Sparkassenverband schon seit längerer Zeit auf einen steuerlichen Schuldzinsenabzug, wie es ihn in den Jahren 1978 bis 1995 schon einmal gab. Neth sieht also beim privaten Wohnungsbau großen Handlungsbedarf für die Politik und wird mit seinen Forderungen bestimmt nicht lockerlassen.
„Dass Handlungsbedarf besteht, lässt sich auch an den Baugenehmigungen ablesen“, sagt Neth und verweist auf Zahlen des Statistischen Landesamts. Demnach wurden 2024 im Südwesten nur noch 20.700 Wohnungen genehmigt. 2023 waren es 28.600 Wohnungen. Also ein Minus von 28 Prozent. „Wir sind hier bei einem historischen Tiefstwert angekommen. Damit ist eine Verschärfung beim Mangel an bezahlbarem Wohnraum vorgezeichnet. Das birgt sozialen Sprengstoff“, warnt er und legt nach: „Eine Immobilie ist ja auch ein Teil der Altersversorgung, gerade für junge Familien“, sagt Neth.
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