Insolvente Warenhauskette

So steht es um die Zukunft der Galeria-Kaufhäuser in Mannheim und der Region

Der Kaufhauskonzern Galeria ist erneut insolvent und steht vor einer ungewissen Zukunft. Ob und wie es in der Region weitergeht, ist offen. Was eine Schließung in Mannheim, Heidelberg, Viernheim oder Speyer bedeuten würde

Von 
Christian Schall
Lesedauer: 
Für die Mannheimer Galeria-Filiale am Paradeplatz spricht die Lage, dagegen der Zustand der Immobilie. © Thomas Tröster

Rhein-Neckar. Der Warenhauskonzern Galeria ist erneut insolvent und steht vor einer ungewissen Zukunft. Etwa 17 400 Beschäftigte sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Bis Ende März wird sich entscheiden, welche der bundesweit noch 129 Filialen weitergeführt werden. Im Kernbereich der Metropolregion gibt es fünf Häuser: in Mannheim, Viernheim, Speyer und zweimal in Heidelberg. Nach wie vor ist nicht bekannt, ob das nach Abschluss des Insolvenzverfahrens so bleibt. An allen Standorten wird die Bedeutung der einzelnen Filialen betont. Doch wie stehen die Chancen für die Zukunft? Ein Überblick.

Mannheim

Galeria Kaufhof am Mannheimer Paradeplatz ist das letzte von einst vier großen Kaufhäusern in den Quadraten. Die anderen drei - Hertie in E 1, Karstadt in K 1 und Galeria Kaufhof (ehemals Galeria Horten) in N 7 - wurden in dieser Reihenfolge in den vergangenen drei Jahrzehnten nach und nach geschlossen.

Nun hoffen alle, die an einer lebendigen City interessiert sind, dass Mannheim weiter ein klassisches Kaufhaus behält und nicht auf der Streichliste der Galeria-Manager steht. Insidern zufolge war der Kaufhof in P 1 vom Umsatz her - vor der Fusion mit Karstadt - bundesweit in den Top10. Wie außerdem zu hören ist, gehört die Immobilie, wie Galeria, zu der in viele Tochtergesellschaften verzweigten Signa-Gruppe um den Österreicher René Benko.

Für eine Fortsetzung der Kaufhaus-Ära in P 1 spricht vor allem eines: die Lage. Das Gebäude steht am zentralsten Platz der City, an einem Nahverkehrsknotenpunkt, an den alle Stadtbahnlinien angebunden sind. Zudem ist Mannheim immer noch eine der Einkaufsadressen in Deutschland und zieht viel Kaufkraft aus dem Umland an.

Mindestens genauso zukunftsentscheidend wie der Vorteil ist der größte Nachteil: der Zustand der Immobilie. Das Haus ist sichtbar in die Jahre gekommen, der letzte größere Umbau war 2011. Es müsste also viel Geld investiert werden, um die Filiale zeitgemäß und attraktiv zu gestalten. Pläne und Modellfilialen dafür gibt es. Nur ist fraglich, ob der Konzern auch in Mannheim dazu bereit ist und ob der finanzielle Topf ausreichend gefüllt ist. Schließlich ist der Sanierungsaufwand andernorts ähnlich hoch.

Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft City, Lutz Pauels, hebt die Bedeutung des Kaufhauses hervor: „Das ist ein seit Jahrzehnten bestehender Anker, eine Schließung wäre heftig und fatal für die Mannheimer Innenstadt.“ Er ist davon überzeugt, dass die gute Lage am Paradeplatz in Zukunft „eher noch besser“ wird und verweist etwa auf den geplanten Neubau der Sparkasse. „Der Bedarf für ein solches Kaufhaus mit Lebensmittelmarkt ist weiterhin da. Ich vertrete die These, dass ein Kaufhaus dieser Größenordnung Mannheim guttut.“

Auf Anfrage im Rathaus erklärt Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD), dass er seit etwa einem Jahr mit der Konzernleitung in Verbindung stehe, um sich für den Verbleib in P 1 und den Erhalt der Arbeitsplätze einzusetzen. „Um die möglichen Formen einer städtischen Unterstützung für ein nachhaltiges Filial- und Nutzungskonzept gemeinsam zu untersuchen“, sei gleichzeitig die städtische Wirtschaftsförderung im Austausch mit dem Beauftragten für das neue Filialkonzept unter Beteiligung der Betriebsleitung vor Ort.

Denkbar seien „Zwischennutzungen im Rahmen des bundesgeförderten Projekts „FutuRaum_Mannheim“, wie die Einrichtung eines Dialog- und Begegnungsortes zu städtischen Zukunftsthemen", erklärt Kurz. Die städtische Wirtschaftsförderung sei zudem bereit, bei der Konzeption, der Regionalisierung des Angebots und der Verknüpfung mit anderen privatwirtschaftlichen Partnern und Nutzern zu unterstützen. Das gelte auch im Rahmen der „Europäischen Modellstadt zur Klimaneutralität 2030“.

Kurz betont: „Es gibt also ein klares Bekenntnis von Stadtspitze und Verwaltung zur Sicherung und Weiterentwicklung der Mannheimer Galeria-Filiale.“ Die Gespräche sollen in den nächsten Wochen intensiviert werden. „Eine Schließung der verbliebenen Filiale träfe die Beschäftigten, die Kundinnen und Kunden aus Mannheim und der gesamten Metropolregion, aber vor allem unsere Innenstadt selbst. Deshalb erwarten wir, dass das Unternehmen nicht nur Verantwortung für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernimmt“, fordert der OB. Die Stadt habe viel in die Neugestaltung der Fußgängerzone, für mehr Sauberkeit und Sicherheit sowie in gut ausgestattete Parkhäuser und einen attraktiven ÖPNV investiert.

Heidelberg

Zu dem Doppelstandort in Heidelberg, dazu noch in unmittelbarer Nachbarschaft, ist es dadurch gekommen, dass in den 1990er Jahren die einstigen Konkurrenten Galeria Horten (Bismarckplatz) und Kaufhof (Hauptstraße) zu Galeria Kaufhof fusionierten. Für welchen der beiden Standorte sich die Konzernleitung entscheidet, ist völlig offen. Glaubt man Handelsexperten, wird ein Haus schließen.

Nach „MM“-Informationen war die Filiale in der Hauptstraße vom Umsatz her jahrelang dem Haus am Bismarckplatz überlegen. Gegen das Kaufhaus am Bismarckplatz spricht der hohe Energieverbrauch: „Die Energiekosten dort sind so hoch, damit könnte man eine Kleinstadt betreiben, das ist Wahnsinn“, sagt ein Insider gegenüber dieser Redaktion.

Bei der Stadt Heidelberg geht man davon aus, dass es eine der beiden Filialen treffen könnte. „Heidelberg hat eine attraktive Innenstadt, und Kaufhof ist mit seinen engagierten Mitarbeitenden ein wichtiger Teil davon. Unser Ziel ist es, dass beide Filialen in Heidelberg bleiben - aber wir müssen damit rechnen, dass Doppel-Standorte in der Konzernführung sehr genau hinterfragt werden. Wir haben deshalb frühzeitig Kontakt zum Unternehmen aufgenommen und bleiben hier im Dialog“, erklärt Oberbürgermeister Eckart Würzner.

Mehr zum Thema

Galeria

Keine Tarif-Annäherung bei insolventer Kaufhauskette Galeria

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren
Konzern

Tarifgespräche bei insolventer Galeria Karstadt Kaufhof geplant

Veröffentlicht
Von
dpa/lhe
Mehr erfahren

Trotzdem setze sich die Stadt dafür ein, beide Filialen zu erhalten. Nach Absprache mit dem Gemeinderat habe sie dem Unternehmen angeboten, Teile der Ladenflächen anzumieten. So könnte sich Galeria verkleinern und Kosten einsparen (wir berichteten). „Ein etwaiger Wegfall einer Filiale aus Heidelberg wäre zwar sehr bedauerlich - insbesondere auch für die Mitarbeitenden -, aber wir befürchten deswegen keinen Qualitätsverlust für die Innenstadt“, heißt es aus dem Rathaus. Die City verfüge über eine hohe Attraktivität, wie zuletzt auch die Studie „Vitale Innenstädte“ gezeigt habe.

Viernheim

In Viernheim hat die Filiale im Rhein-Neckar-Zentrum (RNZ) eine lange Tradition. Seit der Eröffnung des Centers vor 51 Jahren gibt es auch das Warenhaus, zunächst als Hertie, nach der Übernahme Mitte der 1990er Jahre als Karstadt. Es handelt sich um die größte Einzelfläche, entsprechend hoch stuft Center-Manager Dani Marquardt die Rolle des Kaufhauses für das RNZ ein: „In einem Warenhaus sind verschiedene Branchen, wie auch ein Friseur oder Schlüsseldienst, unter einem Dach zusammengefasst. Für viele Besucher ist das wichtig und notwendig.“ Sortimente wie Koffer, Bett- oder Haushaltswaren in einem Haus finde man ansonsten nicht. Viele Kunden würden außerdem über den Galeria-Eingang ins Center kommen. Zum Stand der Verhandlungen habe er keine Neuigkeiten. „Unsere Erwartungshaltung ist, dass es eine positive Einigung gibt und das Warenhaus weitergeführt wird“, hofft Marquardt.

Speyer

In der Speyerer Maximilianstraße ist die Weiterführung sehr ungewiss. Nach dem Rückzieher des Online-Händlers buero.de, der Interesse an einigen Galeria-Filialen - darunter in der Domstadt - hatte, geht das Zittern weiter. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ kürzlich berichtete, steht Speyer auf einer Liste der Häuser, die geschlossen werden. Nach Aussage von Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) „bangen auch wir als Stadt um den hiesigen Standort“. Sie berichtet von einem „sehr konstruktiven Gespräch mit einem Vertreter der Geschäftsleitung“, das sie sehr zuversichtlich gestimmt habe. Ihr sei versichert worden, dass die Speyerer Filiale ein wirtschaftlich starker Standort sei.

Die Verwaltung werde alles dafür tun, den Standort zukunftsfähig auszurichten und erneut das Gespräch mit den Eigentümern des Gebäudes suchen. „Darüber hinaus wird die Stadt eine Absichtserklärung zur nachhaltigen Unterstützung von Galeria Kaufhof an die Geschäftsleitung übermitteln“, erklärte Seiler.

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen