Walldorfer Softwarekonzern

Massiver Widerstand bei SAP gegen Büropflicht

SAP-Beschäftigte sollen künftig drei Tage die Woche ins Büro kommen. Aus den Reihen des Europäischen Betriebsrats regt sich Protest. Ein Schreiben beinhaltet teils drastische Worte

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Alexander Jungert
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Ein Firmengebäude am SAP-Stammsitz Walldorf. © Uwe Anspach/dpa

Unter SAP-Beschäftigten wächst der Unmut darüber, dass sie künftig wieder öfter ins Büro kommen sollen. In Walldorf kursiert ein Protestschreiben aus den Reihen des Europäischen Betriebsrats, das offenbar mehrere tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschrieben haben. In teils drastischen Worten heißt es darin: „SAP, wie wir es kannten, ist vorbei.“ Viele Beschäftigte schauten sich sogar nach einem neuen Job um. Weiter heißt es: „Wir fühlen uns von einem Unternehmen verraten, das uns bis vor Kurzem dazu ermutigt hat, von zu Hause zu arbeiten.“

Unmut bei den Beschäftigten von SAP

Hinter den Kulissen laufen derzeit Verhandlungen. SAP gibt sich gesprächsbereit. „Am 1. Mai soll eine Nachfolgeregelung für das mobile Arbeiten an den Start gehen“, erklärt ein Konzernsprecher. „Die Zeit bis dahin wollen wir nutzen, um gemeinsam mit den Sozialpartnern an deren für alle Parteien tragfähigen Ausgestaltung zu arbeiten.“

Wir werden niemanden kontrollieren. Aber es ist für die Kultur bei SAP sehr wichtig, dass wir uns von Zeit zu Zeit als Team persönlich treffen und Dinge besprechen - und nicht mit 20 Kollegen im Videocall sitzen und keiner so recht weiß, wann er oder sie zu Wort kommt.
Christian Klein Vorstandssprecher SAP

Tatsächlich hat sich SAP bisher damit gerühmt, Beschäftigten bei der Wahl ihres Arbeitsortes weitgehend freie Hand zu lassen. Für die Zukunft schweben dem Management allerdings drei Tage in Präsenz vor. „Wir werden niemanden kontrollieren“, hat Vorstandssprecher Christian Klein jüngst im Gespräch mit dieser Redaktion gesagt. „Aber es ist für die Kultur bei SAP sehr wichtig, dass wir uns von Zeit zu Zeit als Team persönlich treffen und Dinge besprechen - und nicht mit 20 Kollegen im Videocall sitzen und keiner so recht weiß, wann er oder sie zu Wort kommt.“

Büropflicht bei SAP: Mehr Präsenz sei wichtig

Mehr Präsenz sei auch wichtig, um neue Kollegen einzuarbeiten. Flexibel sei man weiterhin, betonte er. Etwa, wenn Beschäftigte wegen kranker Kinder zuhause bleiben müssten. „Dann funktioniert es mal eine Woche nicht mit drei Tagen Büro. Aber Standorte ohne Belegung - das können wir uns nicht erlauben.“

Eberhard Schick, Betriebsratsvorsitzender der SAP SE, ist kein Fan des Management-Kurses. Er erklärt: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Anwesenheit im Büro nicht angewiesen werden sollte. Heutzutage passt zur Vertrauensarbeitszeit nur noch der Vertrauensarbeitsort. Wir haben bei SAP eine gültige Betriebsvereinbarung. Die genaue Ausgestaltung wird verhandelt; man wird sicher über Ausnahmen sprechen müssen.“

Konzernumbau bei SAP angeschoben

Das Management um Klein baut den Walldorfer Softwarekonzern massiv um. Weltweit sollen 8000 Stellen gestrichen werden. Sie sollen möglichst über interne Freiwilligenprogramme und Umschulungsmaßnahmen abgebaut werden. Noch ist offen, in welchem Ausmaß sich das Programm auf Beschäftigte in Walldorf auswirken wird.

Zumindest in Deutschland gibt es keine betriebsbedingten Kündigungen. Aufgrund von Investitionen in Wachstumsbereiche wie Künstliche Intelligenz rechnet SAP damit, dass am Ende des Jahres die Zahl der Mitarbeitenden etwa dem aktuellen Niveau entspricht. Zum Stichtag Ende Dezember hatte der Konzern weltweit 107 602 Vollzeitbeschäftigte.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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