Mannheim. „Top 8“ auf der Tagesordnung der Hauptversammlung von Fuchs Petrolub haben sich bestimmt einige rot angestrichen. Dort steht: „Beschlussfassung über eine Satzungsermächtigung zur virtuellen Hauptversammlung und Ergänzung von § 19 der Satzung sowie Änderung der Überschrift“. Was das solle, fragt Florian Honselmann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Will Fuchs Petrolub seine Hauptversammlungen etwa künftig nur noch virtuell statt in Präsenz stattfinden lassen?
Rosengarten Mannheim, Mozartsaal. Nach Jahren der Pandemie wieder eine Hauptversammlung auf großer Bühne. Und vor allem: mit Generaldebatte. 1000 Aktionäre und Gäste sind da. Ein Austausch im virtuellen Format sei nicht annähernd auf ähnliches Niveau zu bringen, sagt Honselmann. Im Foyer gibt es Würstchen mit Kartoffelsalat oder Gemüsemaultaschen in Tomatensugo sowie Kuchenstückchen.
Teil des Namens fällt weg
- Fuchs Petrolub ist für viele schon jetzt einfach nur „Fuchs“. So steht es auch auf dem Logo des Unternehmens. Ab 3. Juli ist es offiziell: Aus der Fuchs Petrolub SE wird die Fuchs SE. Die Hauptversammlung hat diesen Beschluss gefasst. SE steht übrigens für Societas Europaea, also für eine Europäische Gesellschaft.
- „Das Wort Petrolub referenziert auf den Ursprung der Rohstoffe und ist heute weder in der Markenkommunikation noch bei der Firmierung der Konzerngesellschaften von Bedeutung und kann zu einer falschen Vorstellung unseres Geschäftsmodells führen“, erläutert Technikchef Sebastian Heiner. Fuchs konzentriere sich schon lange auf die Entwicklung, Herstellung und den Vertrieb von Schmierstofflösungen, um Anlagen und Maschinen zu betreiben. Angesichts der wachsenden technischen Anforderungen und Nachhaltigkeitsbestrebungen richte sich der Schwerpunkt auf hochleistungsfähige Rohstoffe aus nachhaltigen Quellen, so Heiner weiter. Deswegen sei der Namensbestandteil Petrolub nicht mehr zeitgemäß.
Wie der Aktionärsschützer fragen sich auch Privatanleger, was es mit „Top 8“ der Tagesordnung auf sich hat. Die neue Finanzchefin Isabelle Adelt beruhigt: Man wolle Rechtssicherheit schaffen, sollte es in Zukunft erneut eine Pandemie geben oder andere Umstände ein Online-Format notwendig machen. „Wir haben aktuell keine Pläne, eine virtuelle Hauptversammlung abzuhalten.“ Applaus im Publikum. Für „Top 8“ wird es später rund 91 Prozent Zustimmung geben.
Die weltweit mehr als 6000 Beschäftigten von Fuchs Petrolub hätten im vergangenen Jahr unter „anspruchsvollen Bedingungen“ einen „super Job“ erledigt, erklärt Vorstandsvorsitzender Stefan Fuchs in seiner Rede. Die erheblichen Lieferkettenprobleme: gemeistert. Die stark gestiegenen Rohstoffkosten: „in einem partnerschaftlichen Umgang“ an die Kunden weitergegeben. Den Corona-bedingten Ergebnisrückgang in China: durch Steigerungen in zahlreichen Tochtergesellschaften ausgeglichen.
Dividende steigt
Der Schmierstoffkonzern erhöht zum 21. Mal in Folge die Dividende - um vier Prozent auf 1,07 Euro pro Vorzugsaktie und 1,06 Euro pro Stammaktie. Insgesamt 144 Millionen Euro werden an die Aktionärinnen und Aktionäre ausgeschüttet. „Unsere Dividendenpolitik wird bestimmt durch solide Fundamentaldaten und eine kontinuierlich hohe Cash-Generierung“, sagt Fuchs. „Weiterhin haben wir unverändert sehr hohen finanziellen Spielraum für künftiges Wachstum, sowohl organisch als auch durch Zukäufe.“
2022 hatte Fuchs Petrolub mit einem Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erstmals die Marke von drei Milliarden Euro geknackt. Sowohl das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 365 Millionen Euro als auch das Ergebnis nach Steuern von 260 Millionen Euro lagen leicht über Vorjahr, erläutert Fuchs. Das Management bekräftigt die mittelfristigen Ziele. Die Marschrichtung heißt: Wachstum. Das Ebit soll auf 500 Millionen Euro im Jahr 2025 steigen.
Schmierstoffe werden in nahezu allen Industrien eingesetzt, wobei Fuchs Petrolub mit der Auto- und Nutzfahrzeugindustrie fast die Hälfte des Geschäfts erzielt. Der Megatrend Elektromobilität macht dem Unternehmen keine Sorgen: Zum einen werden auch dafür spezielle Schmierstoffe gebraucht. Zum anderen ist Fuchs Petrolub mit einer Beteiligung in den Markt für Elektrolyte eingestiegen, ein wesentlicher Bestandteil von Lithium-Ionen-Batterien.
Kritische Blicke auf China
Die Mannheimer beschäftigten sich zudem mit der Brennstoffzelle - sowie weiterhin mit Verbrennungsmotoren. „Denn entgegen dem Eindruck, den man in der öffentlichen Diskussion in Europa gewinnt, wird auch dieser Markt im Laufe der nächsten zehn Jahre global weiter zulegen“, so Fuchs. Schon allein wegen einer wohlhabenderen Mittelschicht, die im asiatisch-pazifischen Raum heranwächst.
Apropos Asien: Die Aktionärsschaft sieht das Engagement von Fuchs Petrolub in China kritisch. So entfallen die für 2023 geplanten Investitionen in Höhe von 80 Millionen Euro unter anderem auf ein neues Spezialfettwerk in Yingkou. Was ist mit den Spannungen zwischen China und den USA? Was mit dem Taiwan-Konflikt? Und was mit den Menschenrechtsverletzungen?
China gehöre zu den größten Schmierstoffmärkten der Welt, sagt Vorstandsmitglied Timo Reister, der die Region verantwortet. Fuchs Petrolub sei schon seit den 1980er Jahren in dem Land und produziere in China für China. Man wünsche sich eine Entspannung dort, sagt Reister. Und fügt hinzu: „Eine Entkoppelung von China würde uns in den nächsten Jahren sehr beschäftigt halten.
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