Kosmetik

Feste Pflegeprodukte statt Plastikflasche: Mannheimer Ideapro macht Shampoo und Co. nachhaltig

Das Mannheimer Unternehmen Ideapro stellt feste Kosmetik her. Das hat so viele Vorteile für die Umwelt, dass auch große Handelsketten überzeugt von den Produkten sind.

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Der Chemiker Markus Baumgärtner (l.) und der Kaufmann Florian Zeilfelder haben Ideapro gemeinsam gegründet. © Pressefotoagentur Thomas Tröster

Mannheim. Bei Haarshampoos soll es mehr als tausend Marken geben. Welche auch immer im Verkaufsregal stehen – sie präsentieren sich in mehr oder weniger großen Flaschen aus Kunststoff. Das könnte sich ändern. Mit Blick auf umweltbelastende Verpackungen beginnt sich feste Kosmetik jenseits von Plastikbehältnissen durchzusetzen. Im Mannheimer Hafen produziert und verpackt das Unternehmen Ideapro für Drogeriemärkte und Discounter kompakte Alternativen zu Shampoos und Duschgels. Die sehen zwar aus wie Seifenstücke, sind aber keine. Seit zwei Jahren wird auch eine Eigenmarke vertrieben.

„Think outside of the Bottle“ - diese Firmen-Philosophie besitzt nach Überzeugung von Ideapro das Potenzial, zwei Milliarden Plastikflaschen jährlich einzusparen. Denn jeder Deutsche verbraucht im Durchschnitt während zwölf Monaten so viel flüssige Pflegeprodukte, wie in gut 24 Plastikflaschen passen. Feste Produkte können hingegen mit Papier beziehungsweise Karton umhüllt auf Reise gehen und im Verkaufsregal stehen. Auch wenn die beiden Ideapro-Geschäftspartner Florian Zeilfelder und Markus Baumgärtner mit Visionen in die Zukunft blicken, sind sie sich bewusst, in einem Nischenmarkt zu agieren. Jedenfalls momentan. Nicht ohne Stolz weisen die beiden darauf hin, dass mit ihrer aquafreien Fest-Kosmetik seit 2020 mehr als 30 Millionen Plastikflaschen eingespart wurden.

Nüchternes, aber geschichtsträchtiges Domizil im Mannheimer Hafen

Vor 15 Jahren haben der Chemiker Baumgärtner und der Kaufmann Zeilfelder, die seit ihrer Jugend befreundet sind, das Unternehmen gegründet. Als Domizil dient seitdem das Gebäude Binnenhafenstraße 7, wo vor einem Jahrhundert die „Grosseinkaufsgesellschaft Deutscher Consumvereine“ residierte. Bedingt durch Kriegsschäden ist von der einst repräsentativen Vorderfront nichts mehr übriggeblieben. Allerdings kündet im Oberlicht des Eingangsportals einer heute nüchternen Fassade das „GEG“-Logo von jener Zeit, als im Mannheimer Hafen angesiedelte Produktionsstätten weit über die Region hinaus genossenschaftliche Konsum-Filialen mit Lebensmitteln versorgten.

Im Ideapro-Firmensitz im Mannheimer Hafen residierte vor einem Jahrhundert die genossenschaftliche „Grosseinkaufsgesellschaft Deutscher Consumvereine“ (GEG). © Thomas Tröster

In dem geschichtsträchtigen Gebäude hat Ideapro zunächst Salze, Puder und Peelings hergestellt. Angesichts der Diskussion, bei Verpackungen Plastik zu minimieren, reifte die Idee, Kosmetik in fester Form zu entwickeln. Schließlich wird bei wasserfreien Produkten kein undurchlässiges Kunststoffbehältnis benötigt. Dazu kommt: Festprodukte sind beim Transport wie auch im Handel platzsparend.

Statt zehn Lkw wird für den Transport nur einer benötigt

Auch wenn die Vorzüge auf der Hand liegen, so tun sich Waschstücke in der Publikumsgunst bislang (noch) schwer. Und dies dürfte nicht allein damit zu tun haben, dass die Flüssigkonkurrenz in werbewirksam gestylten Plastikflaschen sofort ins Auge fällt. „Viele Verbraucher assoziieren unser Produkt mit einer normalen Seife – ein Irrtum“, sagt Florian Zeilfelder und erläutert, dass sich die feste Shampoo-Alternative aus dem gleichen Topf von Roh- und Wirkstoffen bedient und ebenfalls sanft reinigende Tenside nutzt. Aber mit dem Unterschied, dass die Inhaltsstoffe nicht mit Wasser verdünnt, sondern komprimiert werden – wodurch etwa 90 Prozent an Volumen und obendrein Gewicht eingespart wird. Zeilfelder: „Wenn bei uns ein Lkw für den Transport beladen wird, wären für die gleiche Menge Flüssigshampoo zehn Lastwagen nötig.“

Und noch einen Vorteil betont das Unternehmen: Da die meisten Bakterien und Pilze zum Gedeihen Feuchtigkeit brauchen, ermöglicht der Verzicht auf Wasser, dass keine Konservierungsstoffe hinzugefügt werden müssen. „Bei Ökotest sind unsere Produkte 14 von 14 Mal mit ,sehr gut` bewertet worden“, betont Esther Lorenz-Bottke, zuständig für die Kommunikation.

In Verkaufsregalen wird man den Namen Ideapro vergebens suchen – auch in jenen Drogerien, Supermärkten und Discountern für die das Werk im Mannheimer Hafen produziert und verpackt. Die Auftraggeber vermarkten feste Hygiene-Kosmetik für Haut und Haar mit eigenen Bezeichnungen.

Historischer Anfang: Shampoo in der Tüte

Allerdings vertreibt das rund 50 Beschäftigte umfassendere Unternehmen seit zwei Jahren die Eigenmarke „Simply Solid“. Die handlichen Shampoo-Dreiecke sind online erhältlich. Und damit sie nach dem Aufschäumen unter der Dusche oder dem Wasserhahn nicht irgendwo „rumflutschen“, hat Ideapro einen Wandhalter und eine Reisebox entwickelt. Außerdem gibt es ein Aufbewahrungssäckchen aus Bio-Baumwolle.

Historisch Haariges

  • Die Geschichte der Haarpflege reicht weit zurück: In der Antike dienten dazu Olivenöl, Honig und Pflanzenextrakte – auch zum Schutz gegen die starke Sonne.
  • Mixturen aus Lavendel und Rosmarin sowie Kräutern sollten im Mittelalter nicht nur das Haar pflegen, sondern unangenehme Gerüche überdecken .
  • In der Renaissance avancierten hingegen Perücken zur modisch aufgetürmten „Haupt-Sache“ .
  • Mit der industriellen Revolution entwickelten sich im 20. Jahrhundert Shampoos statt Seife, außerdem Spülungen und Stylingprodukte zu einem Riesenmarkt mit Massenprodukten. wam

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen: Das Umweltbewusstsein von Verbrauchern dürfte darüber entscheiden, ob Kompakt-Shampoos aus ihrem Nischenmarkt zum Siegeszug ansetzen. Ein solcher wäre eine Hommage an den Anfang. Schließlich begann das Haar-Shampoo vor 122 Jahren in der Tüte - als Pulver: Die „All-in-Waschlösung“ hatte der bis heute legendäre Hans Schwarzkopf ausgetüftelt. 1927 sollte der findige Chemiker und Betreiber einer Berliner Drogerie flüssiges Haarwaschmittel auf den Markt bringen. Damals ein Coup. Flaschen aus Plastik sollten sich freilich erst viele Jahrzehnte später durchsetzen.

Freie Autorin

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