Mannheim. Für die deutsche Autoindustrie ist es kein guter Tag: Ab diesem Mittwoch werden auf alle Autos, die in die USA exportiert werden, Zölle von 25 Prozent fällig. Ab Anfang Mai soll die Einfuhr-Abgabe auch für zentrale Autoteile gelten.
Entsprechend besorgt schauen derzeit auch Autozulieferer aus der Region Richtung Washington, wo US-Präsident Donald Trump schon an diesem Mittwoch, am von ihm ausgerufenen „Liberation Day“, die nächsten Zollschritte verkünden will. Rund um Mannheim und Heidelberg gibt es mehrere Unternehmen, die Komponenten für die Fahrzeugindustrie herstellen: Daimler Truck beispielsweise baut in Mannheim schwere Lkw-Motoren, auch für den amerikanischen Markt. Andere Hersteller produzieren in der Region Brems-Komponenten, Unterbodenverkleidungen oder Getriebeteile.
Zwar sind die meisten nach derzeitigem Stand von den zuletzt angekündigten Zöllen auf Autoteile bisher zumindest nicht unmittelbar betroffen – doch die Unsicherheit in der Branche ist groß. Denn klar ist: Wenn die großen Pkw-Hersteller im wichtigen US-Markt wegen der Zölle weniger Fahrzeuge verkaufen, trifft das letztlich auch ihre Lieferanten. „Ein Viertel aller deutschen Exporte in die USA stammt aus Baden-Württemberg, Automobile und Autoteile haben dabei den größten Anteil. Die Zölle in der angekündigten Höhe werden auch die Firmen der Branche in unserer Region hart treffen“, warnte Arnd Suck, beim Branchenverband Südwestmetall Geschäftsführer der Bezirksgruppe Rhein-Neckar, vor einigen Tagen in einer Mitteilung.
Über allem schwebt die Frage: Was macht Trump als Nächstes?
Was sagen hiesige Unternehmen konkret? Der Mannheimer Kunststoffhersteller Röchling hat eine große Autosparte (Röchling Automotive mit Stammsitz Worms). Aus dem Hause kommen etwa leichtgewichtige Unterbodenverkleidungen und steuerbare Luftklappensysteme. „Der direkte Anteil unseres Exportgeschäfts in die USA ist sehr gering, sodass wir bisher keine Auswirkungen verzeichnen“, teilt eine Sprecherin mit. Trotzdem ist der Autozulieferer wegen Trumps Zollpolitik alarmiert.
Automobilsektor als „Achillesferse“
Im Handelsstreit mit den USA ist der Automobilsektor nach Einschätzung der DZ-Bank die „Achillesferse der Europäer“.
Vor allem Deutschland und Italien seien von den jüngsten Autozöllen im EU-Vergleich stark betroffen.
„PKW´s machten 2023 über 14 Prozent aller deutschen Exporte in die USA aus. Hinzu kommen Fahrzeugteile und Motoren mit knapp sieben Prozent der Ausfuhren . In Italien machten Autos sieben Prozent aller Exporte nach Amerika aus“, so Monika Boven, Analystin bei DZ Research.
Man beobachte die Marktentwicklung aufmerksam, um mögliche indirekte Effekte frühzeitig zu erkennen. Besonders Veränderungen in den globalen Lieferketten der Kunden könnten langfristig eine Rolle spielen, sagt die Sprecherin. „Stabile Rahmenbedingungen und eine verlässliche Planbarkeit sind gerade in der aktuellen Marktlage von zentraler Bedeutung – sowohl für Unternehmen als auch für die gesamte Automobilbranche.“
„Eine neue Welle des Protektionismus schafft nur Verlierer“
Der Autozulieferer ZF, der auch in Mannheim einen Standort hat, ist nach Angaben eines Sprechers von den jüngsten US-Zöllen auf Autos und zentrale Komponenten betroffen. Entsprechend richtig und notwendig sei der Ansatz des Unternehmens, „möglichst viel in den jeweiligen Märkten vor Ort zu produzieren“. Dem Sprecher zufolge investiert ZF aktuell rund 500 Millionen in den Ausbau seines Produktionswerks in South Carolina. Trotzdem hoffe man auf eine baldige Einigung im Zollstreit zwischen den USA und seinen Handelspartnern. „Eine neue Welle des Protektionismus schafft nur Verlierer.“
In Mannheim – bei ZF Wabco – produziert das Unternehmen unter anderem für den US-amerikanischen Markt kleinere Komponenten für Bremsen und Bremssysteme in Nutzfahrzeugen. Diese Teile scheinen bisher von den neuen Zöllen nicht betroffen. Zumindest sind sie in dem Fact Sheet, das das Weiße Haus dazu veröffentlicht hat, nicht explizit genannt. Aufgeführt sind Motoren, Getriebe, Teile des Antriebsstrangs und elektrische Komponenten. Der ZF-Sprecher verweist aber auf einen Halbsatz in dem Fact Sheet. Dort heißt es, dass die Zölle bei Bedarf auf weitere Teile ausgedehnt werden können. Die Unsicherheit bleibt also.
Für Daimler Truck ist Nordamerika nach Umsatz die wichtigste Region
Auch Daimler Truck spielt hinter den Kulissen verschiedene Szenarien durch. In der Nutzfahrzeugbranche haben positive Analystenberichte zuletzt etwas Druck aus dem Kessel genommen: Demnach betreffen die geplanten US-Importzölle Schwerlastkraftwagen nicht. Ob das auch für Komponenten gilt, die beispielsweise aus dem Mannheimer Werk von Daimler Truck in die USA exportiert werden, ist unklar.
Tatsächlich ist Nordamerika nach Umsatz die wichtigste Region für Daimler Truck. Mit rund 24 Milliarden Euro (Trucks North America) konnte 2024 hier mehr erwirtschaftet werden als in Europa mit etwa 19 Milliarden Euro (Mercedes-Benz Trucks). Schon allein deshalb sagt eine Sprecherin: „Wir beobachten die Situation und aktuelle Entwicklungen genau.“ Details nennt sie allerdings keine.
Die Sprecherin hebt hervor: „Daimler Truck North America hat verschiedene Standorte in den USA, in den Bundesstaaten Oregon, Michigan, North Carolina und South Carolina.“ Auch Daimler-Truck-Vorstandsvorsitzende Karin Rådström hatte bei der Jahrespressekonferenz auf die starke Präsenz in den USA und die damit verbundene Flexibilität verwiesen.
Darüber hinaus betreibt das Unternehmen zwei Produktionswerke in Mexiko, die den Regularien des USMCA-Handelsabkommens entsprechen. USMCA steht für United States Mexico Canada Agreement, also ein Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada. „Freier und fairer Handel“ sei wichtig, dafür setze man sich ein, fügt die Sprecherin hinzu.
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