Jubiläum

Wie ticken die Gründer von SAP?

1972 kommen fünf Männer zusammen und ziehen ein Softwarehaus hoch, das sich später zu einem der größten Technologiekonzerne der Welt entwickeln sollte. Wie ticken die Gründer von SAP?

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Dietmar Hopp 2018 in der Rhein-Neckar-Arena bei einem Spiel der TSG Hoffenheim. © dpa

Dietmar Hopp

Aus SAP-Zeiten trägt Dietmar Hopp einen Spitznamen, der bis heute in der Zentrale zu hören ist: „Vadder Hopp“, Vater Hopp. Seine Tür stand offen, er hatte immer ein offenes Ohr für alles und jeden.

Hopp wurde 1940 in Heidelberg geboren. Nach dem Studium der Nachrichtentechnik arbeitete er für IBM, bevor er 1972 SAP mitgründete. Dabei verantwortete der Manager etwa Entwicklung und Vertrieb. Von 1988 bis 1998 war er Vorstandssprecher von SAP. Seit Mai 2005 – dem Abschied aus dem Aufsichtsrat – ist die aktive Zeit beim Softwarekonzern vorbei.

Im Nachhinein kommt ihm alles wie ein Wunder vor. „Auch wenn wir uns gute Chancen beim Start ausrechneten, hätten wir es uns natürlich bei der Gründung nicht vorstellen können, dass sich die SAP einmal zu so einem globalen Konzern mit über 100 000 Mitarbeitern weltweit entwickeln wird“, teilt er dieser Redaktion mit. Dass der Vorstand um Christian Klein nun stärker auf die Cloud ausrichtet, findet Hopp richtig. „Das Marktpotenzial ist nach wie vor enorm, da sich nahezu alle Firmen in ihrer IT-Strategie kontinuierlich weiterentwickeln müssen“, so Hopp. „Gerade in Zeiten der Pandemie hat das Thema Digitalisierung noch einmal deutlich an Priorität bei vielen Firmen gewonnen.“

Das US-Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 5,6 Milliarden Dollar. „Ich habe so viel Geld, das mir die Gesellschaft ermöglicht hat. Ich will etwas zurückgeben“, hat Hopp einmal der „Zeit“ gesagt. Als Fußball-Mäzen der TSG Hoffenheim macht er sich nicht nur Freunde, vor allem für Ultras ist er ein Prototyp des Investors im kommerzialisierten Fußball. Der ehemalige Manager besitzt eine Stiftung, die unzählige Projekte wie die „alla hopp!“-Anlagen in der Region verwirklicht. Zudem fördert Hopp etwas, das ihm besonders am Herzen liegt: die Biotechnologie.

Seine Investitionen in diesen Sektor haben schon lange die Grenze von einer Milliarde Euro überschritten. Dabei ist die Entwicklung von Medikamenten ein riskantes Geschäft. Nur die wenigsten Stoffe schaffen es zum Medikament, das Umsatz und Gewinn bringt. Zudem dauert die Entwicklung meist mehrere Jahre – Investoren brauchen einen langen Atem. Ohne Garantie auf Erfolg. „Man muss sich im Klaren darüber sein, dass es sich bei all diesen jungen Firmen um Risikokapital handelt, mit der nicht geringen Wahrscheinlichkeit des Totalverlustes, was mir bei einigen Unternehmen auch schon passiert ist.“ So seien von ehemals 16 Firmen neun übriggeblieben.

Über die Beteiligungsgesellschaft dievini ist er größter Aktionär beim Tübinger Impfstoffhersteller Curevac, einst Hoffnungsträger bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs. Doch die Konkurrenz, allen voran Biontech aus Mainz, ist schneller und besser gewesen. „Leider hat Curevac den ersten Anlauf um einen Corona-Impfstoff verloren“, räumt Hopp im Oktober 2021 ein. Das Unternehmen will sich nun auf die Entwicklung von Impfstoffen der zweiten Generation konzentrieren. Die Beteiligungsgesellschaft dievini soll künftig komplett in Händen der Familie sein; dafür hat Hopp die Weichen gestellt.

Hasso Plattner im Februar 2020 auf einer Kunstausstellungin Potsdam. © dpa

Hasso Plattner

Hasso Plattner ist ein leidenschaftlicher Segler, und damit beginnt eine skurrile Geschichte. Beim Kenwood Cup vor Hawaii Ende der 1990er soll Plattner Konkurrent und Oracle-Gründer Larry Ellison den blanken Hintern gezeigt haben. So behauptete es zumindest Ellison. Diese „Mooning“-Legende erzählt man sich in der IT-Branche bis heute.

Plattners Version geht ein wenig anders. Demnach gab es einen Mastbruch auf seiner Jacht „Morning Glory“ und einen Verletzten an Deck. Ein Unterstützungsschiff von Ellisons „Sayonara“ fuhr heran, doch die Besatzung filmte die Havarierten lieber, anstatt zu helfen. Dann kam es zur legendären Geste. Gegen die Besatzung – nicht gegen Ellison selbst. „Mooning“ ist übrigens die englische Bezeichnung für ein freches Verhalten.

Was auch immer damals vor Hawaii passiert ist: Die beiden Männer verbindet bis heute eine tiefe Abneigung. Teilweise wurde diese auch vor Gericht ausgetragen – in einem spektakulären Prozess um Datendiebstahl in den Vereinigten Staaten Anfang der 2010er Jahre.

Provokant, kreativ, unermüdlich. Diese Eigenschaften beschreiben Hasso Plattner wohl am besten. Wenn ihn etwas stört, hat er noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Mal wettere er gegen das deutsche Steuersystem, sogar die eigene Belegschaft bekam Breitseiten ab. „Manchmal will ich die Walldorfer Entwickler packen und schütteln und anschreien: ,Bewegt euch schneller!’“, hat Plattner einmal gesagt.

Als einziger der Gründer mischt Plattner, 1944 in Berlin geboren und studierter Nachrichtentechniker, noch kräftig bei SAP mit. Nach vielen Jahren im Vorstand steht er an der Spitze des Aufsichtsrates – seit mittlerweile rund 20 Jahren. Er gilt immer noch als Strippenzieher im Hintergrund.

Doch der Generationenwechsel steht bevor. Im Mai auf der Hauptversammlung will Plattner ein letztes Mal zur Wiederwahl für zwei Jahre antreten. Einige Aktionärsvertreter sahen bereits „eine kritische Machtkonzentration“ und forderten eine langfristige Nachfolgelösung. Der Manager entgegnete: „Sie können sicher sein, dass ich gemeinsam mit dem Aufsichtsrat an den Weichenstellungen arbeite. Der Erfolg von SAP steht für mich an erster Stelle.“

Und natürlich hat der Softwarekonzern Plattner – vor allem durch den Börsengang 1988 – reich gemacht. Das US-Magazin „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf 8,1 Milliarden Dollar. Plattners Leidenschaft für Sport zeigt sich auch daran, dass er Geld in eine US-Eishockey-Mannschaft, die San José Sharks, gesteckt hatte. Wenn man eine bestimmte Menge Geld habe, mache man eben manchmal dumme Sachen, scherzte Plattner einst.

Dabei legt er sein Geld seit vielen Jahren auch nützlich und gesellschaftlich gewinnbringend an. Heute gilt Plattner als einer der bedeutendsten privaten Wissenschaftsförderer Deutschlands. 1998 gründete er das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik (HPI) an der Universität Potsdam.

Hans-Werner Hector im Jahr 2012. © Markus Prosswitz

Hans-Werner Hector

Natürlich seien 50 Jahre SAP ein Ereignis, findet Hans-Werner Hector. Ein paar Zeilen zum Jubiläum formuliert der Mitgründer auf Anfrage dieser Redaktion in einer E-Mail: „Zu diesem Event wünsche ich der SAP, dass die Erfolgsgeschichte unvermindert weitergeht, dass sie den klaren Blick für Änderungen im Kundenverhalten behält, dass neue Kundenwünsche rechtzeitig angepasst werden, dass sie immer einen klaren Weg zur Vereinfachung von komplexen Tatbeständen findet und die Datensicherheit immer gewährleistet ist und, dass der Erfolg nicht nur von Einzelpersonen abhängig ist.“

Hector wurde 1940 in Kaiserslautern geboren und studierte Mathematik an der Universität des Saarlandes. Auch er begann seine Berufslaufbahn bei IBM, bis er 1972 SAP mitgründete. Dort verantwortete er nach dem Börsengang die Entwicklung des US-Geschäfts und war von 1988 bis 1996 Mitglied des Vorstandes.

Danach schied er aus dem operativen Geschäft aus, verkaufte einen Großteil seiner SAP-Anteile und investierte in verschiedene Unternehmensgründungen aus den Sparten Software, Biotechnologie und Gesundheit.

1995 gründete er gemeinsam mit seiner Frau Josephine die Hector-Stiftung, die sich neben der Kunstförderung auch in sozialen Projekten, Wissenschaft und Bildung sowie in der medizinischen Forschung engagiert. Sie zählt heute zu den größten Stiftungen Deutschlands. In Mannheim ist Hector vor allem als großzügiger Förderer der Kunsthalle bekannt (50 Millionen Euro für den Neubau). Das US-Magazin „Forbes“ schätzt das Vermögen des ehemaligen SAP-Spitzenmanagers auf rund 2,3 Milliarden Dollar.

Dem studierten Mathematiker liegt viel an der Ausbildung des Nachwuchses in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Deutschland habe schließlich keine Bodenschätze und sei auf kluge Köpfe angewiesen. „Wir brauchen auch in Zukunft brillante Ingenieure und Mathematiker, die mit Innovationen Deutschland nach vorne bringen können.“ Hochbegabung allein reiche dabei nicht, zum Erfolg gehöre auch Fleiß.

Seit Anfang der 1970er Jahre lebt Hans-Werner Hector mit seiner Frau Josephine in Weinheim. Das Ehepaar besitzt die Ehrenbürgerwürde der Stadt und erhielt zahlreiche weitere Auszeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz.

So jung wie zu SAP-Anfangszeiten möchte Hector übrigens nicht mehr sein. „Es sind zu viele Dinge, die erst im Alter schön sind. Damals war es eine anstrengende Zeit, aber die möchte ich heute gar nicht mehr haben“, hat er einmal in einem Interview gesagt. Neben der Stiftungsarbeit geht der ehemalige Manager heute wann immer möglich seiner Passion nach: dem Golfen.

Was bei SAP passiert, verfolgt Hector aufmerksam. So bedauere er die jüngste Ankündigung von Finanzchef Luka Mucic, das Unternehmen in einem Jahr verlassen zu wollen. „Ich hoffe, dass der Nachfolger ähnliche Qualitäten mitbringt.“

Klaus Tschira Ende April 2012 im Mannheimer Nationaltheater. © dpa

Klaus Tschira

Das große Rampenlicht ist nicht seins gewesen. Klaus Tschira unterschied sich deutlich von seinen Managerkollegen bei SAP, die gerne ihre PR-Auftritte absolvierten und in die Kameras lächelten. Auch als Mäzen nach der aktiven SAP-Zeit ist er zurückhaltend geblieben.

Tschira, 1940 in Freiburg geboren, studierte in Karlsruhe Physik und war danach als Systemberater bei IBM tätig. Als Gründungsmitglied der SAP war er zunächst für Basissysteme verantwortlich, seit 1982 war der Manager für das Design von Anwendungssystemen, insbesondere Personalwirtschaftssystemen, zuständig. Seit dem Börsengang 1988 und bis 1998 war Tschira Mitglied des Vorstands. Nach seinem Rücktritt aus dem Vorstand im Mai 1998 wurde er in den Aufsichtsrat gewählt, dem er bis 2007 angehörte. Damals zog er sich aus gesundheitlichen Gründen zurück – eine Herz-Operation stand an.

Nach seinem Abschied bei SAP war Tschira hauptsächlich als Förderer tätig. Schon 1995 hatte er die Klaus Tschira Stiftung gegründet, deren Ziel die Förderung der Naturwissenschaften, der Mathematik und Informatik sowie der öffentlichen Wertschätzung dieser Wissenschaften ist. 1997 erfolgte die Gründung des European Media Laboratory (EML), eines Instituts für angewandte Informatik, 2010 gründete er das Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS).

Stets machte sich der Physiker für eine einfache Wissenschaftssprache stark – die auch Kinder verstehen können. 2006 holte er die naturwissenschaftlichen Erlebnistage Explore Science für Schülerinnen und Schüler aus Berlin nach Mannheim.

Statt mit Software beschäftigte sich Tschira nach SAP auch mit Sternen und Planeten. Er war begeisterter Hobby-Astronom. Im Jahr 2000 wurde ein Asteroid nach ihm benannt: (13028) Klaustschira. Zusammen mit der Max-Planck-Gesellschaft gründete er 2008 das Haus der Astronomie in Heidelberg. Die Stiftung finanzierte den Bau und die Grundausstattung des Gebäudes – es ist der Form einer Spiralgalaxie nachempfunden – und schenkte es der Max-Planck-Gesellschaft. Die Astronomie spielte für Tschira immer eine wichtige Rolle, um gerade Kinder und Jugendliche für die Wissenschaft zu begeistern.

Ein Jetset-Leben mit einer Jacht im Mittelmeer oder einer Villa in Florida lehnte der Manager ab. Teuere Hobbys? Brauchte er auch nicht. Auf einem Golfplatz suchte man ihn vergebens. „Ich bin ein Tüftler und werde es immer bleiben“, hat er einmal über sich gesagt.

Am 31. März 2015 starb Klaus Tschira überraschend in Heidelberg – mit 74 Jahren.

Dietmar Hopp beschrieb ihn kurz danach so: „Er war ein nicht wegzudenkender Teil der SAP-Gründerfamilie. Mit seinem Intellekt und seinem grenzenlosen Einsatz hat er sehr viel zum Erfolg der SAP beigetragen. Als echtem Teamplayer ging ihm Gemeinschaft über alles, zudem war er beispielhaft ehrlich und verbindlich.“ Auch seine Hilfsbereitschaft werde legendär bleiben.

Claus Wellenreuter – die Aufnahme des SAP-Mitgründers stammt aus dem Jahr 2003. © SAP

Claus Wellenreuther

Von Mitgründer Claus Wellenreuther ist am wenigsten bekannt, was er heute macht. Dietmar Hopp hat ihn im Jahr 2014 überraschend beim Fußball in Hoffenheim getroffen, damals soll Wellenreuther in Spanien gelebt haben.

Der gebürtige Mannheimer studierte Betriebswirtschaft. Er begann seine Berufslaufbahn bei IBM Mannheim. Dort entwickelte er ein Finanzbuchhaltungssystem. Auch nach Gründung von SAP bliebt Finanzbuchhaltung das Spezialgebiet des promovierten Betriebswirts.

Wellenreuther verließ das Unternehmen schon 1980 aus gesundheitlichen Gründen, lange vor dem Börsengang und dem internationalen Durchbruch.

Im Jahr 1982 gründete er die Firma DCW Software (Dr. Claus Wellenreuther GmbH & Co. KG), die er zu einem Spezialisten für mittelständische Software ausbaute. 2003 wurde DCW-Software eine Tochtergesellschaft von SAP. Analysten sprachen damals von einem „Deal unter Freunden“. Einige Kunden reagierten verärgert, denn sie hatten sich zuvor bewusst gegen eine SAP-Lösung entschieden. 2004 wurde das Unternehmen mit der Steeb Anwendungssysteme GmbH zusammengeführt.

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