Das Wichtigste in Kürze
- Der S.Mart-Store bei SAP in Walldorf ist innerhalb weniger Monate hochgezogen worden.
- Digitale Technologien ermöglichen dynamische Preisgestaltung und neue Zahlungsmethoden.
- Der Shop ist ein Pilotprojekt, das bei Erfolg weiter ausgebaut werden soll.
Walldorf. Wenn der Quartalsbericht erstellt wird, können die Arbeitstage von Christian Klein bis tief in die Nacht dauern. Dann kommt es schon mal vor, dass der SAP-Konzernchef den Schokoladenvorrat seiner Assistentin plündert. Künftig, scherzt Klein, kann er im S.Mart-Store einfach neue Schokolade besorgen. Egal an welchem Tag, egal zu welcher Uhrzeit.
Der S.Mart-Store in modularer Bauweise steht am SAP-Stammsitz Walldorf – ein paar Minuten Fußweg entfernt vom Hauptgebäude WDF 01, das gerade aufwendig saniert wird. Innerhalb weniger Monate ist der Supermarkt hochgezogen worden. Partner ist der Caterer Aramark. Über die Investitionssumme schweigt SAP.
Auf den ersten Blick wirkt der S.Mart wie ein gewöhnlicher Supermarkt. Soll er aber nicht sein. Klein sieht darin sogar den Supermarkt der Zukunft. Mit Sensoren, Kameras, Digitalanzeigen – unterstützt durch Künstliche Intelligenz. Eingebettet in das SAP-System. „Viele kennen zwar SAP – aber was die Software eigentlich macht und kann, versteht man am besten, wenn man an solch einen Ort kommt.“
„New Retail“ steht für den neuen Handel mit digitalen Einkaufserlebnissen. Ohne Bargeld und praktisch ohne Personal. Zugang zum S.Mart haben ausschließlich SAP-Beschäftigte mit einer bestimmten App. Wie viele sich diese schon heruntergeladen haben, dazu gibt es noch keine Zahlen.
Die Außenfassade ist in Blau gehalten – wie das Logo des Softwarekonzerns. Drinnen, in den Regalen, sind Paprika-Chips und Pistazien eingeräumt, Donuts und Croissant-Schnecken, Tomatensuppe und Geschnetzeltes vom Strohschwein im Glas. Insgesamt sind es 900 einzelne Artikel, viele davon stammen von regionalen Herstellern. Die Beschriftung in den Gängen ist auf Englisch.
Preise im S.Mart werden dynamisch angepasst, beispielsweise werden die Preise bei Obst und Gemüse kurz vor dem Verfalldatum gesenkt. Kameras stellen fest, wo sich die Kundschaft am meisten aufhält. Wann welche Altersgruppen am häufigsten zu Besuch sind. Entsprechend zielgerichtet können margenstarke Waren einsortiert werden. Berücksichtigt wird auch, ob größere Veranstaltungen am Stammsitz stattfinden. In Zukunft könnten personalisierte Touren durch den Supermarkt möglich sein: Wo stehen meine Lieblingsprodukte? Welche Waren könnten noch meinen Gefallen finden?
Bezahlen lässt sich im S.Mart auf drei Arten:
- Scan & Go. Der Kunde scannt die Produkte während des Einkaufs mit seinem Smartphone und zahlt dann direkt in der App oder an der Selbstbedienungskasse.
- Self-Checkout per RFID . RFID (Radio Frequency Identification) ist eine Funktechnologie, die es ermöglichen soll, Produkte kontaktlos zu identifizieren. Der Kunde legt also beispielsweise einen Müsliriegel auf die Station, der vom System automatisch erkannt wird. Scannen ist nicht mehr notwendig.
- Klassischer Self-Checkout. Der Kunde scannt die Produkte selbst und zahlt anschließend kontaktlos.
Technisch wäre es auch möglich, dass alles, was aus den Regalen genommen wird, automatisch in einem digitalen Einkaufswagen landet. Verlässt der Gast den Shop, erfolgt automatisch der Check-out und die Bezahlung über die App. Dieses Verfahren wird allerdings im S.Mart (noch) nicht angewandt.
Die Entwicklung des Shops ist im „Experience Center“ von SAP vorangetrieben worden. Man kann es sich als einen Ausstellungsraum für SAP-Kunden vorstellen. Der Konzern unterhält solche Zentren in der ganzen Welt: unter anderem in New York (USA), in São Leopoldo (Brasilien), in Barcelona (Spanien) – und eben in Walldorf.
Der neue S.Mart ist ein Pilot. Läuft das Geschäft gut, sind weitere Niederlassungen denkbar. Ebenso sollen künftig nicht nur Lebensmittel angeboten werden. In Walldorf ist noch Fläche vorhanden, um das Konzept mit Mode zu testen – mit Sneakern zum Beispiel, die sich personalisieren lassen.
Was wie Zukunftsmusik klingt, ist mittlerweile vielerorts Realität. So unterhält etwa das Handelsunternehmen Tegut im Mannheimer Hauptbahnhof einen digitalen Teo-Markt. SAP verspricht sich gute Geschäftschancen, zumal der Handel zu den drei größten Kunden des Softwarekonzerns gehört. Rückenwind kommt auch von einer Studie des Branchenverbandes Bitkom.
CO₂-Fußabdruck soll künftig direkt verfügbar sein
So vermuten jeder zweite Händler (49 Prozent) und auch die Hälfte der Internetuser (50 Prozent), dass im Jahr 2030 durch den Einsatz digitaler Lösungen viele Geschäfte durchgängig, also 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche geöffnet sein werden. 69 Prozent der Händler und 51 Prozent der Internetnutzer gehen davon aus, dass die Kassen schon bald aus den Läden verschwinden werden und das Bezahlen beim Verlassen eines Geschäfts automatisch ablaufen wird.
Neben erweiterten Öffnungszeiten und kassenlosen Verkaufsräumen wird auch ein Maximum an Transparenz erwartet: Herkunft, CO₂-Fußabdruck, Inhaltsstoffe und weitere relevante Produktinformationen sollen künftig direkt im Laden für die Kundschaft verfügbar sein.
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