Hauptversammlung

Die Aktionäre feiern MVV-Chef Georg Müller

Der scheidende CEO Georg Müller erfreut die Aktionäre mit einer erhöhten Dividende. Aber auch im Rosengarten bleibt das Thema Gasausstieg ein heißes Thema.

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Walter Serif
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Der scheidende MVV-Chef Georg Müller bei der Hauptversammlung der MVV im Mannheimer Rosengarten. © Pressefotoagentur Thomas Tröster

Mannheim. „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, lautet ein legendärer Ausspruch des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt. Dann hätte sich Georg Müller also als MVV-Chef in den vergangenen 16 Jahren in Dauerbehandlung begeben müssen. Er ist aber auch kein grüner oder linker Spinner, wie der wahrscheinliche neue Kanzler Friedrich Merz Andersdenkende während des Bundestagswahlkampfs diffamiert hat. Und wer meint, man dürfe Wirtschaftsbosse nicht mit Politikern vergleichen, erinnert sich vielleicht noch an den früheren Daimler-Chef Edzard Reuter, der aus dem Automobilunternehmen vor gefühlt grauen Urzeiten einen „integrierten Technologie-Konzern“ machen wollte. Er verbrannte mit dieser gescheiterten Strategie umgerechnet fast 20 Milliarden Euro.

Georg Müller hat dagegen mit seiner Vision kein Geld verschleudert, sondern den Aktionären - die Mehrheit hält die Stadt Mannheim - viele Millionen Euro an Dividenden beschert. Kein Wunder, dass die Reaktionen nach seiner rund einstündigen Rede am Freitag auf der Hauptversammlung im Mannheimer Rosengarten entsprechend euphorisch ausfallen. Auch weil ein bisschen Wehmut herrscht, denn Müller hört ja als MVV-Chef Ende des Monats auf.

Lobeshymnen bei Georg Müllers letztem Auftritt als CEO

„Sie haben uns mit Ihrer Energie begeistert, mit sicherer Hand und unternehmerischem Mut sowie strategischer Weitsicht eine beeindruckende Managementleistung hingelegt“, meint Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Weil das Unternehmen auch im abgelaufenen Geschäftsjahr einen satten Gewinn in Höhe von immerhin 426 Millionen Euro eingefahren hat, kommen die Anteilseigner in den Genuss einer Dividende in Höhe von 1,25 Euro pro Aktie. Das sind zehn Cent mehr als im Vorjahr, die Dividendenrendite beträgt also vier Prozent, wie Klose vorrechnet. 82,4 Millionen Euro werden ausgeschüttet. Mehr als die Hälfte kassiert die Stadt Mannheim.

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Die Energiewende, die Müller in den vergangenen 16 Jahren mit Elan vorangetrieben hat, ist also kein ökonomischer Blödsinn, sondern rechnet sich. „Deshalb sind Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit die zwei untrennbare Seiten der MVV-Medaille: Nur mit grünen Produkten und Dienstleistungen, nur mit grünem Strom und grüner Wärme sind wir mit Blick nach vorn langfristig konkurrenzfähig“, sagt Müller. Er verschweigt aber auch nicht, dass die MVV als Teil der Energiewirtschaft trotz der ehrgeizigen Pläne natürlich auch eine gewisse Erblast mit sich herumschleppt. „Die Energiewirtschaft ist weltweit einer der großen Emittenten von CO2, weil wir fossile Brennstoffe für die Gewinnung von Energie eingesetzt haben und noch einsetzen. Das gilt auch für die MVV in der gesamten Breite ihrer Geschäftsfelder“, sagt Müller.

Immer wieder fällt das Stichwort „Gas“

Vielleicht liegt darin auch der Schlüssel dafür, dass der CEO im vergangenen Jahr mit dem angekündigten Gasausstieg bis 2035 einen großen Fehler gemacht hat. Weil er die Reaktion der Menschen in Mannheim falsch eingeschätzt hat. Bundesweit ernteten Müller und die MVV ja großes Lob. Endlich traut sich ein Energieversorger den Leuten die Wahrheit zu sagen, hieß es da. Eine Gasheizung lohnt sich bald nicht mehr, also sollen doch bitte auf Fernwärme oder Wärmepumpen umsteigen, denn Gas wird in den nächsten Jahren unheimlich teuer.

Keinen großen Andrang hatte die Protestkundgebung der Bürgerinitiative „Mannheim gibt Gas“ gegen die Ausstiegspläne der MVV. © Thomas Tröster

Müller wiederholte auf der Hauptversammlung, warum das so sein wird. Denn die MVV will die Leute, die damit geliebäugelt haben, sich eine neue Gasheizung zu kaufen, von diesem in ihren Augen unvernünftigen Ansinnen abhalten. Nach dem Motto: Wer das dann tut, muss dann auch die Konsequenzen tragen.

Das ist nachvollziehbar, die MVV hat natürlich keine Lust darauf, dass sich die Leute dann in einigen Jahren darüber beschweren, dass ihre Gas-Rechnung immer mehr steigt und man der MVV dann dafür die Schuld gibt. Andererseits erweckte sie auch den Eindruck, dass sie den Leuten 2035 einfach den Gashahn abdrehen will. Müller bestreitet auf der Hauptversammlung, dass das jemals so geplant war. Und das darf man ihm auch ruhig abnehmen. Dennoch ist die Botschaft anders angekommen. „Selbstverständlich steht das Gasnetz weiter zur Verfügung“, betont er und wiederholt, dass 2035 als Jahr der Stilllegung auch nicht in Stein gemeißelt sei. „Deshalb sprechen wir bewusst von ,anstreben‘, etwas, was in der öffentlichen Diskussion leider immer wieder untergegangen ist.“

Wenn eine Geschichte erst einmal in der Welt ist ...

Müller wiederholt auch, dass es bei der MVV bisher „keinen konkreten Stilllegungsbeschluss” gibt. Doch auch das ist der Öffentlichkeit anfangs alles ein wenig anders angekommen. Wenn eine Geschichte aber erst einmal in der Welt ist, kann man sie nur mit großen Anstrengungen wieder einfangen. Deshalb sieht es im Rosengarten einen Moment auch so aus, als könnte der stets so besonnene Vorstandschef die Contenance verlieren, als auch die Aktionäre einige Fragen stellen, für deren Tenor er kein Verständnis aufbringt. „Trotz klarer Kommunikation in meiner Rede ist die Wahrnehmung, das Gehörte und das Wiedergeben anders, als ich es gesagt habe. Ich habe doch auch in meiner Rede deutlich gesagt, dass das Gasverteilnetz weiterhin zur Verfügung steht. Und natürlich bleibt jeder Eigentümer frei in seiner Entscheidung“, sagt Müller.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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