Frankfurt/Main. In der Corona-Pandemie sind viele Menschen in Deutschland aufs Fahrrad umgestiegen. Und um bequem von A nach B zu kommen, fiel die Wahl oft auf ein Elektro-Fahrrad. Wenn man das teure E-Bike aber abends in den Keller schleppen wollte oder für eine längere Fahrt die Treppe zur S-Bahn hinauf wuchten wollte, wurde schnell ein Nachteil deutlich. Ein großer Akku und ein kräftiger Motor machen das E-Bike recht schwer, vielleicht sogar schwerer als eigentlich notwendig. Das will Bosch ändern.
Claus Fleischer hat als Geschäftsleiter von Bosch E-Bike Systems für die ständige Gewichtszunahme zwei Ursachen ausgemacht: E-Bikes seien in den vergangenen Jahren immer schwerer geworden, weil die Kunden sich mehr Leistung, also ein höheres Drehmoment gewünscht hätten. Gleichzeitig wurde von der Kundschaft eine größere Reichweite verlangt, also größere Akkus. „Wir sehen jetzt aber einen weiteren Trend, dass die E-Bikes auch wieder leichter werden dürfen.“
Bosch baut selbst keine Fahrräder, sondern liefert wichtige Komponenten wie Elektromotoren und Akkus – und inzwischen auch jede Menge Elektronik und Software für das „smarte Bike“.
Knapp 100 Fahrradhersteller nutzen die Bosch-Technik – darunter Branchengrößen wie Cube, Diamant, Gazelle, Hercules, Kalkhoff, Kettler, KTM, Raleigh, Riese & Müller und Rose. Wenn Bosch nun leichtere Systemkomponenten anbietet, dürften diese sich im kommenden Jahr in etlichen Fahrrad-Modellen dieser Hersteller wiederfinden.
Preise sinken
Im Vorfeld der Fahrradmesse Eurobike (bis 25. Juni) in Frankfurt stellte der Weltkonzern konkret zwei Produkte vor, die den Bau eines leichteren E-Bikes ermöglichen sollen: Zum einen wurde der neue Motor Performance Line SX präsentiert, der nur noch zwei Kilogramm wiegt.
Ein branchenüblicher Motor wiegt gerne auch mal das Doppelte. Passend zu dem SX-Antrieb bietet Bosch künftig den Akku CompactTube 400, auch der ist nur zwei Kilo schwer. Die Gesetze der Physik kann aber auch Bosch nicht überwinden. Denn der leichtere Motor und der leichtere Akku kommen bei der Leistung nicht an die Spitzenwerte von deutlich schwereren Systemen heran. „Der Antrieb des SX verfügt mit 55 Newtonmeter Drehmoment über etwas weniger als unser stärkster Motor, die CX“, räumt Fleischer ein. „Wir haben das System aber so ausgelegt, dass es insgesamt den gleichen Fahrspaß bietet.“
Das geringere Systemgewicht von insgesamt vier Kilo sei aber nicht nur beim Fahren relevant, sondern auch, wenn man das Rad mal tragen muss. „Für E-Biker, die mit viel Gepäck in den Bergen unterwegs sind oder die ständig ein schwer beladenes Lastenrad fahren, bietet Bosch mit der Performance Line CX oder der Cargo Line jeweils die richtigen Antriebe an.“
Die Nutzergruppe der E-Bikes hat sich nach Beobachtung von Fleischer in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. „Sie ist deutlich jünger und sportlicher geworden. Dementsprechend hat sich das Sortiment geändert.“ 2013 seien die ersten elektrisch betriebenen Mountainbikes aufgetaucht. Inzwischen gebe es auch Crossover-Modelle. „Das sind Mountainbikes mit den Komfortmerkmalen eines herkömmlichen Trekkingrades, also Schutzblech, Fahrradständer und Licht. Die werden oft auch E-Bike-SUV genannt. Das sind Allrounder, mit denen man alles machen kann.
Mit den technischen Verbesserungen wurden die E-Bikes in den vergangenen Jahren immer teurer. Die Coronakrise verschärfte ab 2020 den Preistrend. Zum einen schoss die Nachfrage in die Höhe. Zum anderen wurden Lieferketten aus Asien gestört, so dass viele Bauteile nicht in ausreichenden Stückzahlen zu haben waren. „Damals konnte der Bedarf nicht bedient werden, weil alles knapp war“, sagt Fleischer. Inzwischen haben sich die Zeichen umgekehrt. „Durch die Verunsicherung der Verbraucher – etwa durch den Ukraine-Krieg und die hohe Inflation – hat die Nachfrage etwas abgenommen. Gleichzeitig ist die Ware eingetroffen, die zuvor gefehlt hat.“ Was Herstellern und Händlern große Sorgen bereitet, kann für Verbraucher eine gute Nachricht bedeuten. Um die vollen Lager zu räumen, sinken derzeit die Preise. tmn
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