Weinheim. Dass schon eine Leiche in der Weschnitz dümpelt, verriet Ingrid Noll bereits bei einer Lesung in der Beltz-Buchhandlung, als sie von der Arbeit an ihrem nächsten Krimi-Roman berichtete, der gerade entsteht und dessen Handlung in Weinheim spielt. Kleine literarische Kostproben davon kann man sich ab sofort abholen, wenn man sich digital auf den „Ingrid-Noll-Pfad“ begibt, der am Mittwoch am Marktplatzbrunnen in Weinheim offiziell vorgestellt wurde.
Die Botschafterin der Stadt und Bestseller-Autorin saß im Mantel auf der Bank vor der Tourist-Information und hielt das große Emblem für den Pfad in der Hand. Ein stilisierter roter Hahn ist das Kennzeichen, das an den 13 Stationen auftaucht – sozusagen eine Reminiszenz an Ingrid Nolls ersten Roman „Der Hahn ist tot“, mit dem sie im Diogenes-Verlag gleich einen Bestseller landete, als sie im Alter von 55 Jahren Autorin wurde.
QR-Code einscannen
„Es ist wunderbar mit Frau Noll zusammenzuarbeiten“, sagte Ursula Baumhauer. Sie ist seit einigen Jahren die Lektorin der Grande Dame unter den Krimi-Autorinnen und kam für die gestrige Einweihung von Stuttgart nach Weinheim.
Indessen blieb Ingrid Noll nicht lange alleine auf der Bank. Zu ihr gesellten sich LKA-Präsident Andreas Stenger, Siegfried Kollmar, Präsident des Polizeipräsidiums Mannheim, und Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just. Stenger hatte sich erneut zum Fan der Autorin bekannt, wie schon vor zwei Jahren, als er zusammen mit Kollmar Ingrid Noll einen Besuch abgestattet und sie zur „Ehrenhauptkommissarin“ ernannt hatte.
Um auf den „Ingrid-Noll-Pfad“ zu gelangen, muss man nur mit dem Smartphone einen QR-Code abfotografieren, der auf die Internetseite www.weinheimerwege.de und zu den Stationen führt.
Vom Marktplatzbrunnen geht es zur St.-Laurentius-Kirche, dann weiter zum Schlosshof und zur alten Zeder, unter der Ingrid Noll launig über die „altersgemäße Materialermüdung“ spricht. Der Ginkgo Baum im Schlosspark erinnert die Krimi-Autorin an ihre Kindheit in China, und der Blaue Hut, der im Mittelalter ein Gefängnis war, an eine Autorinnen-Lesung im „Männerknast“. Im Heilkräutergarten bietet sich dann ein literarischer Ausflug zum Roman „Die Apothekerin“ an, und am Mausoleum im Schlosspark gibt es Kostproben aus „Der Hahn ist tot“ und „Röslein rot“.
Unterhaltsam und informativ geleitet Ingrid Noll über den einen Kilometer langen Rundweg. „Die Texte wurden im Studio von Franz Kain aufgenommen“, sagte Just und dankte der Schriftstellerin für ihre sofortige Bereitschaft, mitzuwirken, als sie von dem Projekt erfuhr. Dieses ist aus dem Tourismuskonzept erwachsen, das der Gemeinderat verabschiedet hat. Maria Zimmermann, die Leiterin des Amtes für Touristik, Kultur und Öffentlichkeitsarbeit, freut sich zusammen mit Pressesprecher Roland Kern und Manuel Just bereits jetzt darauf, dass im nächsten Frühjahr mit dem „Grüffelo-Pfad“ ein weiteres touristisches Zugpferd an den Start gehen soll. Entlang des Fußwegs zur Windeck sollen dann die Tiere aus dem Kinderbuch besucht werden können.
Es sei für sie eine Ehre, dass ein Pfad in Weinheim nach ihr benannt und mit ihr realisiert wurde, meinte Ingrid Noll gestern vor laufenden Fernsehkameras am Marktplatzbrunnen. „Ich lebe jetzt seit 54 Jahren in Weinheim, und die Stadt ist mir nach und nach zu einer Heimat geworden“, sagte sie, und fügte hinzu: „Der Ingrid-Noll-Pfad ist allerdings keine Konkurrenz zu den Stadtführungen.“
Bekanntheitsgrad gesteigert
Die bieten noch ein weitaus anderes historisches Spektrum. Wer künftig mit der Schriftstellerin unterwegs ist, genießt eine Mischung aus literarischen Bonmots und Stadtgeschichte. So liefert die Botschafterin Weinheims, zu der Ingrid Noll längst offiziell erklärt wurde, einen weiteren Beitrag zur Steigerung des Bekanntheitsgrades einer Stadt, die vor allem durch ihre Gebäude und Parks ein lohnendes Ausflugs- und Urlaubsziel ist.
Zwar kann man den Ingrid-Noll-Pfad auch digital vom Sofa aus gehen, aber erst die direkte Begegnung mit altem Gemäuer, Bäumen und Heilkräutern bietet das ganzheitliche Erlebnis. Ingrid Noll ist akustisch eine charmante und humorvolle Begleiterin. Als alle Reden vorüber waren, meinte sie: „Jetzt möchte ich Kamelle schmeißen.“
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